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Die zerbrochene Puppe: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Die zerbrochene Puppe: Ein Steampunk-Roman (German Edition)

Titel: Die zerbrochene Puppe: Ein Steampunk-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Vogt , Christian Vogt
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gelegt. Doch i ch tat es, ließ zu, dass sie einen Arm über meine Brust legte und ihr kaltes Gesicht an meine Schulter. Dann verschränkte sie ihre eisigen nackten Füße mit meinen und gähnte behaglich. Ich konnte nicht leugnen, dass sich ihr weiblicher Körper gut neben mir anfühlte, ihre warme Zuneigung, ihr unerschütterlicher Starrsinn, selbst ihre Füße, die begierig an meiner Körperwärme saugten. Ich seufzte schicksalsergeben und versuchte, standhaft zu leugnen, dass sich Körperteile, die nicht von Gedanken geplagt wurden, nach einer innigeren Umarmung sehnten.
    Immerhin – ich wurde standhafter gegenüber unsittlichen Annäherungen. Ynge konnte stolz auf mich sein.

    Ich träumte jedoch recht unsittlich und hoffte inständig, dass Tomke nichts davon bemerkte. Ich träumte etwas sehr Seltsames – Æmelie lag im Bett, und ich legte mich auf sie, und wir taten, was Mann und Frau in der Ehe eben miteinander taten.Æmelie war sehr schön, und ihre Augen leuchteten, und wir waren glücklich miteinander. Dann jedoch blickte ich zur Seite, und blickte in das Gesicht von Domek, der gerade ebenfalls mit Æmelie schlief, aber gewissermaßen genau dort, wo ich auch gerade lag. Es ergab keinen Sinn und so blickte ich wieder auf Æmelie hinab, und sie sah mich wieder an, und ihre Augen leuchteten dabei. Aber wenn ich zur Seite blickte, lag da Domek auf meiner Frau, und lächelte mich zufrieden an. Ich war so perplex, dass ich nichts zu ihm sagte und die Realität des Traums in Frage stellte. Der Traum platzte wie eine Seifenblase, und als Æmelie und ihre Schönheit verblasst waren, als stattdessen in der Dunkelheit Tomke neben mir eingerollt lag, da schweiften meine Gedanken hinüber zu Domek und zu der Frage, wer auf Æsta mit wem unter einer Decke steckte. Hatte Roþblatt tatsächlich neben dem Kanzler auch Hoesch eingeweiht, den ich ja von Anfang an verdächtigt hatte? Oder hatte ich mich da einfach geirrt, beging der Industrielle einfach nur ein paar mindere Verbrechen gegen die Menschlichkeit, ohne zusätzlich auch noch an der Wiederbelebung von Toten zu tüfteln? Und Domek? Suchte er nicht sicherlich ebenso begierig nach Æmelies letztem Geheimnis?
    Ein anderer Gedanke stieg in mir auf – wenn ich die Pläne nicht hatte und Roþblatt hatte sie in Venedig nicht entwenden können, konnte es dann möglich sein, dass Æmelie sie Domek, ihrem Finanzier,übersandt hatte? Hätte er mir das nicht gesagt? Ich seufzte. Tomke gab ein seltsames Geräusch als Antwort von sich.
    Æsta war ein einziges Wollknäuel in meinem Kopf, und anstatt es zu entwirren, wünschte ich ihm den Tod. Ich massierte meine Schläfen und lud die Nacht ein, mir noch etwas Schlaf zu schenken.

    Am nächsten Tag machte ich mir ein Bild von Hochgotland. Hier lag bereits etwa ein Dutzend Luftschiffe unter verschiedensten Flaggen vor Anker – zwischen den offensichtlichen Luftschiffen der Likedeeler, welche einen abgeschlagenen Kopf als Zeichen trugen, sah ich auch die bajuwarischen Farben auf einer Luftschiffhülle, das Wappen der Colonia – einer Hansestadt! – und einiger niedersächsischer Adelshäuser. Ich ging davon aus, dass diese nicht wussten, dass sich Schiffe mit ihren Farben in einem Piratenhafen befanden, und schon gar nicht, dass sie von Piraten gesteuert wurden.
    Entweder, die Wappen waren gefälscht, oder die Piraten an Bord hatten Kaperbriefe der Niedersachsen und Bayern …
    Auf dem Weg zum Zentrum des verstreuten, teils extrem windschiefen Dorfes, das sich über die Kuppe und steile Flanke des nebelbedeckten Berges erstreckte, suchte ich jenes Ding, das man mir als guten Geist Hochgotlands vorgestellt hatte. Wenn ich nicht gerade belastende erotische Träume geträumt hatte, hatte mir die Nacht Ideen von gigantischen Metallvögeln eingeflüstert, die wachsam über Hochgotland ihre Kreise zogen, um es vor Entdeckung zu bewahren. Im Nebel konnte ich jedoch hohe, schlanke Sockel ausmachen, mit verschnörkeltem Messing geschmückt. Die Sockel ragten hoch in die Luft, höher als der Gipfel des Berges, beinahe so hoch wie die Ankermasten des Luftschiffhafens. Es waren, soweit ich zählen konnte, sechs von ihnen, und oben leuchtete zum Schutz der Luftschiffe je eine Glühlampe durch den Nebel. Wider Erwarten waren die Maschinen schön – die Muster darauf, teils Jugendstilverzierung, teils Vikingarmuster, glänzten, die Tropfen von Nebel und Tau perlten darauf, als gehörten sie zur Idee des Künstlers dazu. Ich trat näher und

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