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Die zerbrochene Welt 01 - Die zerbrochene Welt

Titel: Die zerbrochene Welt 01 - Die zerbrochene Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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zum Frühappell fasste der Hüter einige der Lagerregeln zusammen, die ihm Gabbar wenige Stunden zuvor erläutert hatte. Unterwürfigkeit war oberstes Gebot. Die Dagonisier konnten sehr unangenehm werden, wenn man sie direkt ansah. Besonderes Augenmerk legten sie überdies auf Sauberkeit in den Schlafhäusern – angesichts des allgegenwärtigen blauen Staubs eine echte Herausforderung.
    Die Arbeiter stellten sich auf dem staubigen Schotterplatz in langen Reihen auf. Taramis und Marnas nahmen wieder ihren Platz im zweiten Glied ein. Qoqh – der Dicke – überwachte den Zählappell vom Podest aus. Wärter mit Peitschen sorgten für einen zügigen Ablauf, und Soldaten mit Armbrüsten standen bereit, um Übergriffe seitens der Zeridianer schon im Keim zu ersticken. Taramis meinte den kalten Hauch des Todes zu spüren, der einen hier auf Schritt und Tritt begleitete.
    Nachdem die Vollzähligkeit festgestellt worden war, kamen die körperlichen Bedürfnisse zu ihrem Recht. Einige Männer hatten es sehr eilig, die Latrinen aufzusuchen, andere drängten gleich zu den Bottichen der Essensausgabe. Morgens gab es immer Hirsebrei.
    »Kraftnahrung für die Grubenschweine«, grunzte Gabbar, während er die fade schmeckende Pampe aus dem Blechnapf in sich hineinschaufelte. Die Sklaven aßen bei jedem Wetter im Freien an langen Eisentischen unter einem verrosteten Schutzdach. Mit verklebten Fingern deutete der Vorarbeiter auf die Schüsseln seiner ihm gegenüber sitzenden Schutzbefohlenen. »Esst schnell und so viel ihr könnt. Den nächsten Fraß gibt es erst nach dem Abendappell.«
    Kurze Zeit später schnarrte vom zentralen Wachtturm erneut das Signalhorn herab. Die Gefangenen stellten sich in vier Kolonnen auf, um in die unterschiedlichen Minen auszurücken. Zur einfacheren Unterscheidung hatte jede Abteilung einen Farbennamen. Gabbar führte den blauen Trupp an, dem nun auch Taramis und Marnas angehörten. Der um fast zwei Köpfe kleinere Veridas lief neben dem Hünen.
    Eskortiert von Wärtern mit Peitschen, Spießen und Armbrüsten rückten die Gruppen durch das einzige Tor des Lagers aus. Heiße Böen wirbelten unablässig Staub auf. Als die befestigte Anlage zur Hälfte umrundet war, erhob sich aus den Sandwolken ein dunkler Schemen. Er überragte den Steinwall um ein Vielfaches.
    Während Mauer und Wachttürme hinter den Arbeitskolonnen zurückblieben, erkannte Taramis weitere Details des schattenhaften Riesen. Überraschenderweise entpuppte er sich als eine Festung mit quadratischem Grundriss und vier runden Türmchen an den Ecken. So wie Halbwüchsige, die scheinbar nur in die Höhe, nicht aber in die Breite schießen, wirkten auch die Proportionen des Gebäudes irgendwie verzerrt. Außen mochte es von Turm zu Turm gerade einmal einhundert Fuß messen. Die Entfernung vom Talboden zur Mauerzinne betrug mindestens das Dreifache. Im Grunde war der ganze Bau ein einziger Burgfried.
    Gabbar drehte sich zu seinen beiden Schützlingen um und deutete mit dem Daumen auf das trutzige Geviert. »Der Turm von Zin. General Natsars Quartier, wenn er die Insel der Verdammten mit seiner Anwesenheit beehrt.«
    »Er kommt öfter hierher?«, wunderte sich Marnas.
    Ehe der Vorarbeiter antworten konnte, peitschten sieben Riemen über seinen Rücken, eine wohldosierte, schmerzhafte Warnung, ohne dass giftiges Blut die zerschlissene Tunika des Zeridianers tränkte. »Das Sprechverbot gilt auch für dich, du hirnloser Klotz«, zischte ein riesenhafter Antisch aus der Eskorte.
    Taramis sah, wie Gabbar jäh auf der Stelle verharrte und seine Muskelmassen sich anspannten, hörte, wie Armbrüste in Anschlag gebracht wurden, fürchtete, der Gefährte könnte sich auf den Fischkopf stürzen. Das wäre nicht nur sein Todesurteil, sondern möglicherweise der Auftakt zu einem Massaker unter den Gefangenen.
    »Na, komm schon!«, provozierte ihn der Dagonisier. »Zeig mir, dass du Mumm in den Knochen hast. Vielleicht bist du ja stärker als ich.«
    Die nachfolgenden Kolonnen gerieten ins Stocken und kamen schließlich ganz zum Stehen. Unruhe entstand. Pfeile und Spieße richteten sich auf murmelnde Sklaven. Peitschen knallten.
    Unvermittelt senkte Gabbar den Blick. Seine Muskeln entspannten sich. Wortlos setzte er den Marsch fort.
    »Wusste ich doch, dass du genauso ein Feigling bist wie das ganze Zeridianerpack«, verhöhnte ihn der Antisch lauthals. Die Wachleute stimmten ein spöttisches Gelächter an.
    Taramis atmete auf. Er bewunderte die

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