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Die zerbrochene Welt 01 - Die zerbrochene Welt

Titel: Die zerbrochene Welt 01 - Die zerbrochene Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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robust, bequem, und vor allem war sie gebraucht. Mit den blank geriebenen Stellen an den Schultern werde niemand den Träger eines zweiten Blickes würdigen, hatte der Hüter schon beim Kauf des Stückes erklärt.
    Taramis schnallte sich sein Schwert um und begab sich erhobenen Hauptes zum General. Nachdem Masor ihn niedergeschlagen hatte, war Natsar in den aus Kiefernzweigen gebauten Unterstand geschleift worden.
    Dort lag er immer noch besinnungslos im Gras, die leeren Glubschaugen weit geöffnet. Er sah aus wie tot. Nicht einmal sein gewaltiger Brustkorb hob und senkte sich – bei einem Kiemenatmer nichts Ungewöhnliches. Taramis stieß ihm mit dem Stab in die Seite.
    »Genug geschlafen, General. Wacht auf!«
    Ein seltsam zischendes Geräusch entwich dem Mund des Feuermenschen. Sein Blick lebte auf. Langsam wandte er den Kopf zur Seite und sah den Nebelwächter ohne sonderliche Herzlichkeit an. »Ihr seid zurück.« Es klang wie eine Feststellung, nicht wie eine Frage.
    »Was habt Ihr gedacht? Etwa, dass Eure Soldaten uns wieder einfangen, während Ihr Euch still und leise aus dem Staub macht?«
    »Warum der vorwurfsvolle Ton? Ihr hättet das Gleiche versucht.«
    »Vermutlich. Aber auf eine andere Art. Wenn Ihr, General, noch einmal versuchen solltet, Eure Geisteskräfte gegen meine Männer einzusetzen, dann ist meine Gnade erschöpft. Das Gleiche gilt für jede andere Art von Gewalt. Habt Ihr das verstanden?«
    »Ihr sprecht sehr deutlich, junger Krieger.«
    »Gut. Und damit Ihr endlich begreift, wie ernst es mir ist, rationiere ich ab sofort das Neschamah. Masor wird Eure goldene Schnupfdose in Verwahrung nehmen. Wenn Ihr etwas von dem Odempulver braucht, dann bittet ihn höflich darum. Er wird Euch eine Prise geben, solange Ihr kooperiert.«
    »Ich könnte ersticken, wenn er es mir verweigert.«
    »Dann stellt Euch gut mit ihm.« Taramis befreite Ez vom Lederfutteral und richtete die Spitze auf die Brust des Feuermenschen. »Doch nun zu uns zwei. Neulich sagtet Ihr zu mir, Ihr hättet womöglich schon den ›Weg der Unsterblichkeit‹ beschritten. Was geschähe mit dem Antisch, der vor mir liegt, wenn ich sein Herz mit dem Stab durchbohrte?«
    Natsar Blick blieb kalt, seine Miene ausdruckslos. Nach einem Moment stillen Ringens antwortet er: »Was wollt Ihr von mir, Taramis?«
    »Ihr habt Asor befohlen, die Nebelwächter zu vernichten. Deshalb hat er Elis Tochter ermordet. Sagt mir, wer dieser Mann wirklich ist. Ich weiß inzwischen, dass er Debir genauso an Euch verraten hat wie zuvor Jâr’en. Er wechselt seine Gesichter wie ein Chamäleon die Farbe. Nennt mir seinen richtigen Namen. Ist er ein Seelenfresser? Woher kommt er? Und wo finde ich ihn?«
    »Das sind viele Fragen.«
    Taramis setzte dem Antisch die Stabspitze auf die Brust. »Am Wert Eures Lebens gemessen nur wenige.«
    »Ich respektiere Euch zu sehr, um Euch Lügen aufzutischen. Ein für alle Mal: Von mir erfahrt Ihr nichts über ihn.«
    Ez begann sich in den Harnisch des Feldherrn zu bohren. »Lange wird Euer Panzer dem schwarzen Holz nicht standhalten.«
    »Eher sterbe ich, als dass ich ihn verrate«, knurrte Natsar.
    »Tatsächlich!« Taramis erhöhte den Druck. Er musste an Xydia denken, fühlte Zorn und Trauer. Hatte sie eine Chance gehabt? Es war so leicht, ein Leben auszulöschen. Er holte Luft und schickte sich an zuzustoßen.
    Die Miene des Generals blieb wie versteinert.
    Unvermittelt zog Taramis den Stab zurück. Natsar umzubringen hieße, Xydias Vater und ihre Schwester aufzugeben. »Werdet Ihr Euren Drachenwurm rufen, wenn ich es Euch befehle?«
    Natsar funkelte ihn zornig an. »Ja.«
    »Dann tut es. Jetzt!«
    »Wohin soll ich Arromog lenken?«
    »Nach Peor.«
    Die Augen des Generals weiteten sich. Nicht länger als ein Wimpernschlag, doch Taramis hatte es bemerkt. Gut!, dachte er. Dann sind wir Asor auf der Spur.
    Die Inselgruppe trieb wie eine Wolke grüner Flocken durchs Weltenmeer. Sie hatte viele Namen. Manche nannten sie das »Königreich der hundert Stunden« – so lange dauerte es, sie mit einem schnellen Schwalltier von einem Ende zum anderen zu durchqueren. Andere bezeichneten den dichten Schollenhaufen wegen seiner Unübersichtlichkeit als das »Labyrinth der tausend Scherben«. Komana war das größte Reich Beriths.
    Von Debir bis zur gleichnamigen Hauptinsel hatten die entflohenen Arbeitssklaven und ihre Geisel nur zwei Tage benötigt. Die letzten Meilen sollten sich als die gefährlichsten erweisen. Taramis und seine

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