Die zerbrochene Welt 01 - Die zerbrochene Welt
sein Blick hinüber zu den benachbarten Schollen, zwischen denen jeden Moment die Drachenkröte mit ihrer Eskorte auftauchen konnte. Zum Glück wussten seine Freunde nicht, in welcher Zwickmühle sie steckten.
Natsar musste offenbar mehr Überzeugungsarbeit leisten als seiner Autorität angemessen schien. Unterdessen beschlichen Taramis Zweifel an der Stärke seiner mentalen Fähigkeiten. Er hatte sie noch nie über eine solche Distanz eingesetzt. Die Geistesgabe reicht so weit wie das Auge ihres Besitzers, rief er sich eine alte Faustregel in den Sinn. Das war beruhigend, denn sein Sehvermögen glich dem eines Greifs.
Mit einem Mal setzten sich zwei der Patrouillenschlangen in Bewegung und schlichen an den beiden Flanken Arromogs entlang.
Sie haben den Braten gerochen! Taramis umklammerte entschlossen den Stab und richtete sich im Sattel auf. »Machen wir dem Spiel ein Ende«, sagte er leise, mehr zu sich selbst als zu seinem geflügelten Freund. Allon spürte den Willen seines Herrn und schlug einmal kräftig mit den Flügeln. Lautlos glitt er auf die Gegner zu.
Als er die Deckung verließ und sich umsah, überkam ihn ein Schauder. Zu seiner Linken, nur etwa anderthalb Meilen entfernt, zog zwischen den Inseln die Drachenkröte mit ihrer Eskorte vorüber. Auf diese Distanz waren inmitten der grün schillernden Inselblasen ein Mamogh und vier Ätherschlangen vermutlich deutlich schwerer auszumachen. Die Soldaten hier konnten das gepanzerte Riesengeschöpf allerdings kaum übersehen, sollten sie in seine Richtung blicken.
In ihrem Rücken näherte sich Taramis lautlos auf seinem Fliegenden Schwert. Er musste schnell zuschlagen, ehe …
Plötzlich katapultierten sich die drei kleineren Drachenwürmer förmlich von der Stelle. Die ganze Kraft ihrer muskulösen Leiber entlud sich in einem Augenblick. Taramis sah seine Gefährten schon in den Mäulern der ebenso launischen wie gefräßigen Echsen verschwinden. Doch sie schossen an ihrem Artgenossen vorbei und verschwanden kurz darauf im Labyrinth der tausend Scherben.
Flüsternde Asche
G ao hat sie alle mit Blindheit geschlagen«, sagte Veridas aus dem Hintergrund.
»Das hoffe ich«, erwiderte Taramis missmutig. Er hatte wieder den Platz hinter dem Schlangenreiter eingenommen. »Denn wenn nur Glück uns vor der Katastrophe bewahrt hat, dann wird unsere Mission scheitern. Vielleicht sind wir längst aufgeflogen und wissen es nur nicht.« Marnas hatte zwar behauptet, Natsar habe den Argwohn seiner Männer zerstreut, doch konnten sie da sicher sein? Taramis drehte sich zu dem Antisch um und musterte ihn mit unverhohlenem Argwohn.
»Wenn euch jemand verraten hat, dann ihr euch selbst«, wiederholte der General spöttisch. »Ich zumindest habe meinen Männern sogar Order erteilt, uns nicht mehr in die Quere zu kommen.«
»Und das soll ich Euch glauben?«, knurrte Taramis argwöhnisch.
»Der General sagt die Wahrheit«, erklang in seinem Rücken Masors Stimme. »Natsar befahl ihnen, Arromog fernzubleiben. Die Anordnung gilt für alle Patrouillen. Sie sollten ihre Vorgesetzten schnellstmöglich darüber in Kenntnis setzen. Er sagte ihnen, dass er in einer geheimen Mission auf dem Weg nach Peor sei, um der Regentin zeridianische Gefangene zu überbringen.«
»Und woher wissen wir, dass er ihnen nicht heimlich mehr mitgeteilt hat?« Taramis schüttelte den Kopf. »Vergiss, was ich gesagt habe. Wir vergeuden nur wertvolle Zeit, wenn wir über Dinge streiten, die nicht mehr zu ändern sind. Du hast den General in einer gefährlichen Situation unter Kontrolle behalten. Das allein zählt. Jetzt lass uns hier verschwinden.«
Auf Masors Stirn bildete sich eine steile Falte. »Dann habe ich dein Vertrauen nicht enttäuscht?«
»Wäre es so, würde ich unseren Gefangenen kaum wieder deiner Obhut überlassen, oder? Komm nach vorne. Ich kundschafte mit Allon die Gegend aus, damit uns das Labyrinth der tausend Scherben am Ende nicht doch noch zum Verhängnis wird.«
Zwei Mal noch musste Taramis seine Freunde in ein Versteck lotsen. Dann endlich tauchte hinter einer kleineren Scholle Komana auf, die Hauptinsel des Königreiches der hundert Stunden. Aus der Ferne glich sie einem gigantischen Eichenblatt. Während die Gefährten sich ihr näherten, verlor sich die Illusion in unzähligen Details. Bald konnten ihre Blicke die Grenzen des Eilands nicht mehr fassen.
An einer der unteren Einbuchtungen des »Blattes« lag Peor. In ihrem Herzen befand sich ein quadratischer, von
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