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Die zerbrochene Welt 01 - Die zerbrochene Welt

Titel: Die zerbrochene Welt 01 - Die zerbrochene Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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erreichten sie einen der kreisrunden Seen, die sich vor der Stadtmauer wie Perlen aneinanderreihten. Zahlreiche Schwalltiere lagerten am Ufer: Manche glichen riesigen Vögeln, andere flunderflachen Fischen, auch eine kleine Ätherschlange war zu sehen. Die Artenvielfalt deutete auf einen regen Handel mit allen Regionen Beriths hin, wobei die Dagonisier sich im Hintergrund hielten. Von den veränderten Machtverhältnissen war wenig zu spüren.
    Durchgeschwitzt erreichten Taramis und Gabbar eines der Stadttore. Anders als in Debir waren die Wachen hier Einheimische. Sie lehnten im Schatten des Torhauses und beobachteten gelangweilt den Strom aus Menschen und Packtieren, der sich in beide Richtungen ergoss. Taramis ersparte sich den Kraftaufwand, sich und seinen Gefährten durch eine kleine Gaukelei noch besser zu tarnen. Ungehindert gelangten sie in die Stadt.
    Die Vogelperspektive hatte die ganze Hässlichkeit des Molochs Peor nur erahnen lassen. Die größte Metropole von Berith war laut, heiß, beengt, dreckig, und sie stank erbärmlich. Der Unrat wurde aus den Häusern einfach auf die Gassen gekippt. Dazwischen lungerten zwielichtige Gestalten, spielten Kinder und lagen Bettler, die lauthals um kleine Spenden baten und dafür den Segen Gaos versprachen.
    Was den schweren Ackergäulen zuvor an Flinkheit gefehlt hatte, das machten sie jetzt wieder wett. Mit ihrer schieren Masse, die einem Schlachtross in nichts nachstand, bahnten sie ihren Reitern mühelos einen Weg durchs Gedränge der Gassen. Gabbar beugte sich zu seinem Freund hinüber, dessen ritterlich aufrechte Haltung irgendwie nicht zu dem plumpen Pferd passen wollte.
    »Meinst du wirklich, wir finden hier eine Spur des Verräters von Jâr’en? Das kommt mir vor wie die sprichwörtliche Suche nach der Nadel im Heuhaufen.«
    Taramis schüttelte den Kopf. »Die Tagelöhner sind so arm, dass sie nur der nächste Happen Brot interessiert, den sie irgendwo ergattern können. Wir machen’s wie in Debir und suchen uns weiter stadteinwärts ein Gasthaus. Wo die Händler und Handwerker siedeln, sind die besten Umschlagplätze für Nachrichten aus aller Herren Länder.«
    Dem »Hungergürtel« der Stadt folgten die Viertel der Gewerbetreibenden. Gabbar schlug vor, eine weniger noble Schankstube anzusteuern. Reiche Händler seien misstrauischer, meinte er, weil sie mehr zu verlieren hätten. Am ergiebigsten seien Glücksritter und die halbwegs Erfolgreichen, die etwas zum Prahlen hatten, vom Sprung ganz nach oben aber noch träumten. Im »Gasthaus zum mageren Drachen« fanden sie ein geeignetes Terrain für ihre Sondierungen.
    Der Magere Drache war eine in jeder Hinsicht mittelmäßige Schenke. Weit davon entfernt, sauber zu sein, empfing er die Gäste mit jener Schmuddeligkeit, die einen toleranten Umgang mit den Schwächen der Besucher verhieß. Das Stroh auf dem Boden roch muffig, und die zwei Fenster zur Gasse waren so klein, dass sogar am helllichten Tag Kerzen brannten.
    Taramis und Gabbar setzten sich an einen grob gezimmerten Tisch, von dem aus sie den ganzen Schankraum überblicken konnten. Ungefähr dreißig Personen erfüllten ihn mit dem Lärm von Gesprächen, Gelächter, Gezänk. Die meisten waren anhand ihrer Kleidung als Besucher aus fremden Ländern zu erkennen. In einer Ecke zur Linken vergnügten sich zwei Dunesen mit einer Hure. Falls sich sonst noch ein weibliches Wesen in der Stube aufhielt, dann konnte es nur der grün-rote Papagei über dem Tresen sein.
    »Kundschaft!«, krächzte er. Das Tier war wohl darauf abgerichtet, neue Gäste zu melden.
    »Ziemlich buntes Völkchen«, brummte Gabbar. »Unsere Kluft aus Debir hätte besser hierher gepasst als diese albernen Nachthemden.«
    »Die Verkleidung ist dazu gedacht, sich unauffällig in der Stadt zu bewegen«, erwiderte Taramis leise. »Übrigens sind das keine Nachthemden, sondern Entaris. Und die Obergewänder nennt man Dschubben. Merk dir das.«
    Der Wirt kam an den Tisch. Er war dermaßen hager, dass sich die Frage nach seinem Speiseangebot nicht zwangsläufig aufdrängte. Mit einem knappen Nicken begrüßte er die beiden Gäste und entblößte ein lückenhaftes Gebiss. Dies schien seine Art des Lächelns zu sein. »Friede«, sagte er zu Gabbar, dem älteren am Tisch.
    »Friede«, erwiderte Gabbar. »Seid Ihr der magere Drache?«
    Der Wirt grinste, als habe er diesen Witz schon tausendmal gehört. »Ihr solltet erst mein Weib sehen, das in der Küche steht. Was wollt Ihr trinken?«
    »Wie ist

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