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Die zerbrochene Welt 03 - Weltendämmerung

Die zerbrochene Welt 03 - Weltendämmerung

Titel: Die zerbrochene Welt 03 - Weltendämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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die Augen auf und konnte ihr Glück kaum fassen. »Ari!«, rief sie überschwänglich, richtete sich auf und umarmte ihn. »Mein lieber Junge! Du bist es tatsächlich.«
    »Mama!« , tadelte er sie. »Seit die Drachenmänner mich entführt haben, versuchen sie mir meinen Namen abzutrotzen und du schreist ihn gleich heraus.«
    Shúria schob ihn eine halbe Armlänge von sich. »Soll das heißen, sie wissen gar nicht, wer du bist?«
    »Jetzt vermutlich schon.«
    Sie schloss die Augen. Ihr wurde erneut schwindlig. »Vor lauter Sorge um dich habe ich daran gar nicht gedacht.«
    »Du meinst daran, dass Papa Bahadurs Sohn getötet hat und der Khan mich dafür umbringen will?«
    »Sprich niemals etwas aus, das dir schaden könnte. Man weiß nie, wer es hört und dadurch auf dumme Gedanken kommt.« Shúria nahm ihr Halsband mit dem Sternensplitter ab und streifte es Ari über den Kopf.
    »Warum tust du das?«, fragte er überrascht.
    »Dein Vater hat die Gabe meines Meisters geerbt. Für Veridas leuchtete dieser Stein, wo immer er sich auch befand, wie ein Stern am Nachthimmel. Wenn du ihn trägst, wird Papa dich finden.«
    »Dann musst du ihn behalten, Mama«, widersprach Ari. »Ohne ihn hätte Veridas uns nicht aus dem Feuerofen gerettet.«
    Sie schüttelte traurig den Kopf. »Ich weiß nicht, ob die Drachenleute uns zusammenbleiben lassen.«
    »Na siehst du! Deshalb darfst du ihn nie ablegen, damit Papa dich immer und überall sieht.«
    »Nein«, beharrte Shúria. » Du bist der Finder. Wenn er dich rettet, kannst du ihm bei der Suche nach mir helfen.«
    Widerstrebend fügte sich Ari dem Willen seiner Mutter und steckte den Sternensplitter in den Halsausschnitt seiner Tunika.
    Sie lächelte zufrieden, obwohl ihr geschwollenes Gesicht dabei schmerzte. Zärtlich streichelte sie die Wange des Jungen. »Haben sie dir wehgetan, kleiner Löwe?«
    »Nicht so sehr wie ich ihnen«, antwortete er und erzählte ihr die Geschichte von Toba, dem Fleischberg, der ihn nie wieder schlagen würde. Danach habe man ihm sogar die Fesseln abgenommen, was er als Zeichen ihres Respekts vor ihm deutete.
    Davon ausgehend berichteten sie sich gegenseitig von ihren Erlebnissen, seit sie in Peor getrennt worden waren.
    »Hast du von einem weiteren Gefangenen gehört?«, fragte sie ihn schließlich.
    »Du meinst Onkel Lauris?« Er schüttelte den Kopf.
    Shúria atmete erleichtert auf. »Dann konnte er wohl entkommen. Ich schätze, er wird sich bald bei mir melden.«
    »Ich kann ja mal meine Freundin fragen.«
    »Du hast eine Freundin? «, staunte Shúria, wobei sie eher alarmiert als begeistert klang.
    Er nickte. »Yula wird dir gefallen, Mama.«
    »Du bist erst elf, junger Mann.«
    Ari grinste. »Fast zwölf. Aber ich will sie ja auch nicht heiraten.«
    »Und warum nicht?«
    »Sie ist zu alt für mich.«
    »Das beruhigt mich. Wie viele Jahre hat sie denn auf dem Buckel?«
    »Vierzehn.«
    »Das ist allerdings ein schwer zu überbrückender Abgrund.«
    »Andererseits …« Seine Stimme versickerte in Nachdenklichkeit.
    »Andererseits was?« , hakte Shúria nach.
    »Wenn es nach ihr ginge – ich glaube, sie würde mich nehmen. Die Männer hier mögen nämlich keine Frauen.«
    Shúria fasste sich an die dicke Wange. »Wem sagst du das!«
    Unvermittelt wurden die Filzdecken vor dem Zelteingang zurückgeschlagen, und zwei Kesalonier traten ein. Der jüngere war Timur und der andere ein sehniger Bursche mit wettergegerbtem Gesicht und freiem, voll tätowiertem Oberkörper.
    Der Anführer der Leibwache deutete eine Verbeugung an. »Ich bin froh, Euch bei Bewusstsein zu sehen. Wie geht es Euch?«
    »In nächster Zeit werde ich mich von Suppen und vorgekauter Nahrung ernähren müssen«, antwortete Shúria kühl.
    »Wir haben Frauen, die Euch dabei helfen können.«
    »Da bin ich mir sicher. Glücklicherweise habe ich einen Sohn, der sich liebevoll um seine Mutter kümmert.«
    »Batus Verhalten war unverzeihlich. Er hat die Ehre meiner Männer befleckt und den Tod verdient.«
    Der hagere Leibwächter sah seinen Anführer verwundert an.
    »Ist das hier ein Höflichkeitsbesuch?«, erkundigte sich Shúria.
    »Nein, doch es war mir wichtig, mich nach Eurem Wohlergehen zu erkundigen. Eigentlich komme ich, weil Khan Bahadur Euch zu sprechen wünscht.«
    »Das trifft sich gut«, sagte sie selbstbewusst, erhob sich und strich ihr Kleid glatt. »Ich hatte ihn um denselben Gefallen bitten wollen.«
    Bahadur war eine imposante Erscheinung, das fiel Shúria sofort auf.

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