Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die zerbrochene Welt 03 - Weltendämmerung

Die zerbrochene Welt 03 - Weltendämmerung

Titel: Die zerbrochene Welt 03 - Weltendämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
Vom Netzwerk:
Situation schon bedrohlicher. Jagur schlug alle mit Blindheit, die sich in seinem Abschnitt blicken ließen. Usa schläferte etliche Scharfschützen ein. Pyron steckte einfach die Bogen in Brand. Marnas zerbrach mit seiner Fernwirkerkraft reihenweise Waffen, und Gabbar tat selbiges mit Knochen. Die Pfeilkonzentration in der Luft nahm rasch ab, der Lärm im Innenhof dafür stetig zu. Irgendwo blies jemand ein Horn.
    In Kreisformation bewegten sich die Geistkämpfer auf das Gefangenenhaus zu. Taramis verwendete fast seine ganze Kraft darauf, sie in ein Abbild der Umgebung einzuhüllen, das sie unsichtbar machte. Vor jedem Stellungswechsel brüllte er die Namen von Shúria und Ari, obwohl er dadurch seinen Standort preisgab. Wenn hiernach unweigerlich ein neuer Beschuss folgte, war die Gruppe schon wieder weitergerückt.
    Erneut erscholl der Klang des Horns.
    »Sie fordern Verstärkung an«, sagte Marnas.
    Allmählich wurde Taramis nervös. Sie hatten das wie ein Termitenhügel geformte Gebäude beinahe erreicht, und noch immer gab es kein Lebenszeichen von Shúria oder Ari. Waren die zwei vielleicht verlegt worden? Oder hörten sie ihn schlicht und ergreifend nicht, weil das Geheul der Drachenleute seine Rufe übertönte? Aus lauter Sorge um seine Familie entschloss er sich zu einer Verzweiflungstat, die er sich eigentlich hatte ersparen wollen.
    Er zog einen Teil seiner mentalen Kraft von dem Tarnmantel ab und suchte damit nach dem Sternensplitter. Nach wie vor war es ein kniffliger Balanceakt, seine Wahrnehmung nur auf dieses eine Ziel auszurichten und alles andere auszublenden. Andererseits konnte Shúria ja nicht weit sein. Warum nur fiel es ihm dann so schwer, ihren Himmelsstein zu sehen?
    Plötzlich leuchtete er vor seinem inneren Auge auf. Taramis erschrak. Der Sternensplitter war gar nicht auf dieser Insel. Er bewegte sich in großer Entfernung von ihm weg …
    Jemand rüttelte ihn grob an der Schulter, und Marnas’ Stimme riss ihn endgültig in die Wirklichkeit zurück. »Was ist los mit dir, Junge? Wir werden sichtbar.«
    Rasch konzentrierte sich Taramis wieder ganz auf ihre Tarnung und dirigierte die Gruppe aus dem Gefahrenbereich. Dann machte er seinem Zorn Luft.
    »Wir sind betrogen worden.«
    Jagur kicherte. »Merkst du das auch schon?«
    »Ich meine nicht den Hinterhalt«, raunte Taramis aufgeregt. »Shúria ist nicht hier.«
    »Das kann nicht sein«, widersprach Timur flüsternd. »Ich habe sie selbst in dieser Festung abgeliefert.«
    Wie zum Trotz beschwor Taramis das Fährtenglühen herauf und tatsächlich – im Hof glitzerte Shúrias Spur. Sie führte zu einer Tür im Gefängnishaus. »Ich glaube dir. Man muss sie danach wieder weggeschafft haben.«
    »Unmöglich. Heute früh erst hat mir mein Vater gesagt …«
    »Still!«, zischte Taramis. »Habt ihr das auch gehört?«
    »Das sind die Pfeile, die uns um die Ohren sausen«, brummte Jagur.
    Plötzlich vernahmen alle die gedämpfte Stimme.
    »Taramis, ich bin hier!«
    »Haltet mir die Scharfschützen vom Hals«, raunte dieser und löste sich aus dem Verband, diesmal ohne ihre Tarnung fallen zu lassen. Nach einigen Schritten rief er: »Shúria? Bist du das?« Und wechselte gleich wieder seine Position. Hinter ihm bohrte sich ein Pfeil in den Boden. Irgendwo schrie ein Mann auf, als er im hohen Bogen in den Innenhof fiel.
    »Ja. Ist Ari bei dir?«, hallte Shúrias Antwort über den Platz. Ihre Stimme schien geradewegs vom Erdboden zu ihm aufzusteigen.
    Er lief auf sie zu. Eine schlimme Ahnung brachte sein Blut zum Kochen. »Warum ist er nicht bei dir?«
    »Die Drachenleute haben ihn in Peor entführt. Deshalb kam ich nach Kesalonien.«
    »Bahadur!«, schrie Taramis. Vor Zorn achtete er weder auf das Leuchten seiner Haut noch auf die Pfeile, die nach dem unsichtbaren Rufer im Hof suchten, bis ihre Schützen überraschende Unglücke erlitten. Selbst als eines der Geschosse zuletzt dann doch sein Ziel fand, ihm heftig ins Gesäß zwickte und vom Drachenhemd abprallte, ignorierte er den Schmerz. Seine Gedanken kreisten um die Ereignisse des Vormittags. Der Khan hatte ihn unbedingt aus dem Lager fortschicken wollen. Weil er den Jungen dort festhielt? Weil er sich mit einem unschuldigen Kind Gaals Wohlwollen erkaufen wollte? Für Ari denke ich mir etwas Besonderes aus …
    »Ja«, antwortete Shúria aus dem Kerker. »Khan Bahadur hält Ari als Geisel fest.«
    Im Hof war es still geworden. Die Ruhe vor dem Sturm, wie Taramis nur zu gut wusste. Er gab

Weitere Kostenlose Bücher