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Die zerbrochene Welt 03 - Weltendämmerung

Die zerbrochene Welt 03 - Weltendämmerung

Titel: Die zerbrochene Welt 03 - Weltendämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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meinem Innern. Ich schätze, dass Aviathan mindestens dreißig Seemeilen entfernt ist. Er wird frühestens in einer halben Stunde hier sein.«
    »Das ist nicht gut.«
    »Für uns oder für die Kesalonier?«
    Ehe Taramis seinen Freund mit einem strafenden Blick tadeln konnte, überraschte sie der Gegner mit einer weiteren Finte. Sie war keineswegs neu, doch deshalb kaum weniger gefährlich: Vor ihren Augen lösten sich die Drachenmänner und ihre Stegonten scheinbar in nichts auf. Zurück blieb nur das seltsame Flirren der Luft.
    Jagur stöhnte. »Jetzt geht das wieder los! Wie soll ich sie blenden, ohne sie zu sehen?«
    »Ich vermute, darauf zielt diese Gaukelei ab.« Taramis schoss wütend einen Pfeil auf die Stelle ab, wo er zuletzt eine Leiter ausgemacht hatte. Ein Schmerzensschrei hallte über das Feld. »Sie kommen herüber.«
    Der Kirrie grunzte. »Was hast du denn gedacht? Willst du auch noch deine restlichen Pfeile auf Verdacht verschießen?«
    »Nein. Mein Vorrat ist sowieso bald aufgebraucht.«
    »Wirbel doch einfach wieder Staub auf so wie vorhin.«
    »Dazu reicht meine Kraft nicht mehr.«
    »Dann lass uns den Drachenleuten endlich zeigen, wer ihre Gegner sind. Sie haben die zwei tüchtigsten Krieger ihrer Völker herausgefordert.«
    Bin ich denn noch ein Krieger? , fragte sich Taramis. Sehnsüchtig suchte er den Himmel mit Blicken ab. Er wollte doch nur Frieden für sich und seine Familie. Ihretwegen hatte er dem Kampf abgeschworen und das beschauliche Leben eines Landmannes gewählt. Warum musste ausgerechnet er immer wieder zu den Waffen greifen? Von den Donnerkeilen, die sie zu Hilfe gerufen hatten, fehlte jede Spur. Seufzend hängte er sich Köcher und Bogen über, griff zu Feuerstab, Schwert und Schild und sagte beängstigend ruhig: »Also gut, Jagur. Wir machen es auf meine Art. Hör mir gut zu …«

4. Der Khan
    K han Bahadur kochte vor Zorn. Es hatte geheißen, alles sei ein Kinderspiel. Der ehemalige Hüter von Jâr’en rechne nicht mit einem Überfall. Und selbst wenn: Vor einer Horde von zweihundert Drachenmännern müsse sogar ein so legendärer Kämpfer wie Taramis kapitulieren. Keine der Versprechungen hatte sich erfüllt. Als Gipfel der Dreistigkeit hatte es dieser Kiemling gewagt, auf ihn, den edelsten und tapfersten Krieger der Kesalonier, zu schießen. Fast wäre er getroffen worden. Der Zeridianer war vorbereitet, er war stark und er war nicht allein. Bahadur spuckte aus. »Ich verabscheue Zwerge.«
    »Dürfte ich zur Abwechslung mal auf den Piraten schießen?«, fragte Sakim, der Sohn des Khans. Er war ebenso stattlich wie sein Vater, trug im Gegensatz zu diesem seine lange, schwarze Mähne jedoch als schlichten Pferdeschwanz. Nur dem Anführer aller Kesalonier war es erlaubt, sein Haupthaar in drei Zöpfen zu flechten.
    Dunkle, mandelförmige Augen wandten sich dem Hitzkopf zu, der wie ein jüngeres Spiegelbild des Khans aussah. Beim Drachenvolk wurde das Lebensalter vom Zeitpunkt der Empfängnis an gerechnet. Bahadur erinnerte sich nur zu gut an jene Nacht vor fünfunddreißig Sommern, als er seinen Lieblingssohn gezeugt hatte. Auch an seinen Vaterstolz, als dem Jungen mit vierzehn die Stammesornamente mit dem heiligen Tätowierhammer und der geweihten Nadel ins Gesicht gestochen worden waren. In den Augen des Knaben hatten Tränen geglänzt, doch kein Mucks war über seine Lippen gekommen.
    Oft hatte sich der Khan gefragt, warum er gerade diesen Sohn so sehr liebte. Sakim war weder der Erstgeborene noch der Stärkste unter seinen annähernd dreihundert Sprösslingen. Es lag wohl daran, dass er, der Vater, sich im einzigen Kind seiner Lieblingsfrau selbst wiedererkannte, so als sei er in ihm neu geboren worden. Vielleicht ließen die Geister ihn, den Großkahn und mächtigsten Stammesführer aller Zeiten, ja durch diesen Favoriten fortleben. Dann hätte er sogar König Gaal übertrumpft, der sich im Körper eines verachteten Feindes den Weg der Unsterblichkeit erschlichen hatte.
    Bahadur lächelte nachsichtig. »Du musst mir nicht beweisen, dass du ein ebenso guter Bogenschütze bist wie ich, Sakim. Wäre der Zwerg eine ernsthafte Bedrohung, würde ich ihn selbst töten. Dich brauche ich als Gaukler . Lass unsere Tarnung nicht wieder fallen. Für einen Tag, der ein Spaziergang werden sollte, haben wir schon genug Krieger verloren. Und jetzt komm!«
    Er drückte die Fersen in die Weichen seines schwarzen Hengstes. Aus den Augenwinkeln bemerkte er, wie auch Sakim seinen Roten

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