Die zerbrochene Welt 03 - Weltendämmerung
antrieb. Gemeinsam ritten sie auf den Graben zu, aus dem letzte Rauchkringel gen Himmel stiegen. Bahadur hätte nur zu gerne auf die Gaukeleien verzichtet, die seine Sinne ebenso betrogen wie die des Feindes und ihn dazu zwangen, seine Krieger nur mit dem Widderhorn und den alten Tonsignalen des Drachenvolkes zu lenken.
Die beiden Rösser setzten über die erloschene Feuerfurche hinweg und hielten auf eine Bresche in den Spitzpfählen zu. Vor ihnen erklang ein Rauschen wie von einem Wildbach. Mit jedem Schritt der Pferde wurde es lauter. Plötzlich erscholl ein Schrei und gleich darauf ein Platschen.
»Dieser verfluchte Tempelwächter hat schon wieder einen unserer Brüder getötet.« Bahadur drehte sich um. Abgesehen vom Flimmern in der Luft sah er nichts, das auf die Anwesenheit seiner Drachenmänner schließen ließ. Sogar die Fußabdrücke auf dem frisch gepflügten Acker hatte sein Sohn verborgen. »Bist du da, Sakim?«
»Gleich hinter dir, Vater«, antwortete dessen hohe, knarrende Stimme von rechts.
»Sprich leise. Dieser Zeridianer soll Ohren haben wie ein Steppenluchs. Und sollten dir die Kräfte schwinden, ziehst du zunächst den Schleier von unseren Kriegern. Wichtig ist, dass wir unsichtbar bleiben. Sicher würde mich Taramis nur allzu gern töten.«
»Mir geht es genauso.«
»Du willst mich ermorden?« , zischte der Khan.
Die Antwort kam schnell und klang versöhnlich. »Nicht deinen Tod wünsche ich, Vater, sondern den dieses angeblich unbesiegbaren Helden.«
»Halt dich zurück, Sakim! Es heißt, dieser Mann habe sogar den mächtigen Reghosch besiegt, Gaals Lieblingssohn. Außerdem brauchen wir Taramis lebend.«
Ein unwilliger Laut verriet dem Khan, wie wenig der junge Heißsporn davon hielt. Bahadur konnte seinen Sprössling verstehen. In Sakims Alter hätte er genauso darauf gebrannt, sich durch den Sieg über einen so berühmten Krieger einen Namen zu machen. »Nimm meine Warnung ernst, Sohn! Du bist noch nicht reif für einen Gegner wie ihn.«
»Ich kann mindestens so gut gaukeln wie er.«
»Mag sein. Doch er hat andere Talente, die du besser nicht herausfordern solltest. Dieser Mann ist listig wie die Viper, die sich im Sand verbirgt und dir ihr Gift in die Hacken spritzt. Oder warum glaubst du, sind er und sein Zwerg plötzlich verschwunden? Vielleicht dreht er den Spieß gerade um und ist auf dem Weg zu uns. Sei also auf der Hut!«
Bahadurs Sohn knirschte mit den Zähnen. »Ja, Vater.«
Die beiden Reiter durchquerten hintereinander eine Bresche, die ein Dreihorn unter Einbüßung seines Lebens in die Barriere aus Spitzpfählen geschlagen hatte. Die im Boden steckenden Speere hatte Sakim auf Geheiß des Khans vom tarnenden Schleier ausgenommen. So konnten sie wenigstens den Verlauf des Kanals sehen. Dicht davor zügelten sie ihre Pferde.
»Herr?«, fragte eine leise Stimme.
»Sagur? Bist du das?«, raunte Bahadur.
»Ja, Herr«, antwortete der Stammeshäuptling aus dem Süden des kesalonischen Inselreichs. Er war – auch wenn man es im Augenblick nicht sah – ein furchterregender, sechs Fuß großer Bulle mit breitem Gesicht, lückenhaftem Gebiss und dünnem, strähnigem Haar, das ein einzelner Haarzopf zierte. Es gab Krieger, die mutiger, aber kaum einen, der gerissener war als Sogur. »Unsere Männer überqueren entlang der ganzen Kampflinie den Wassergraben. Sobald das Zeichen ertönt, schlagen wir los.«
»Danke, Sagur. Wartet, bis ich das Horn zum Angriff blase. Deine Krieger brauchen die Bewohner des Landguts nicht schonen. Nur diesen Taramis sollen sie mir wie besprochen lebend bringen.«
»Ihr bekommt ihn in einem Stück, Herr. Ich kümmere mich selbst darum.«
»Nein. Das kann auch dein Stellvertreter tun. So, wie die Dinge sich hier entwickeln, habe ich für dich und die tapfersten deiner Männer einen besonderen Auftrag. Rufe deine Ätherschlange außer Sichtweite des Gehöfts herbei. Legt im Meer vor der Insel einen Hinterhalt. Sollte Taramis uns entkommen, müsst ihr ihn gefangen nehmen. Bist du dieser Aufgabe gewachsen, Sagur?«
»Der Drachenwurm ist ein tödlicher Speer, der jeden Gegner bezwingt.«
»Wir haben Taramis schon einmal unterschätzt.«
»Sorgt nur dafür, dass er sich richtig verausgabt, Herr, dann gebe ich ihm den Rest.«
»Du darfst ihn auf keinen Fall töten.«
»Das habe ich verstanden. Wenn Neenagh ihn angreift, wird er freiwillig die Waffen strecken.«
»Ich verlass mich auf dich, Sagur. Mögen die Geister mit dir sein.«
»Und mit
Weitere Kostenlose Bücher