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Die zerbrochene Welt 03 - Weltendämmerung

Die zerbrochene Welt 03 - Weltendämmerung

Titel: Die zerbrochene Welt 03 - Weltendämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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seiner mentalen Kraft zusammen, um ein neues Trugbild zu erschaffen. Unterdessen schob er Ez in das Futteral aus Hirschkalbleder und griff zum Langbogen. Während auch die kesalonischen Schützen sich wieder schussbereit machten, legte er einen Pfeil auf die Sehne. Den letzten, der ihm noch geblieben war.
    »Warum bist du so still?«, flüsterte Jagur.
    »Ich warte auf das nächste Signal ihres Anführers.«
    »Willst du ihn erschießen? Der versteckt sich wie wir unter einer Tarnkappe auf der anderen Seite des Wassergrabens. Das ist zu weit für einen sicheren Treffer. Vorher machen seine Schützen Spickbraten aus uns.«
    »Wir werden sehen. Ich denke eher, dass sie gerade woandershin zielen.«
    Jagur japste erstaunt. Er hatte offenbar erst jetzt bemerkt, dass zwei Doppelgänger von ihnen etwa zwanzig Schritte näher an der Scheune standen.
    »Schießt!«, rief eine heisere, hohe Stimme.
    Die Bogenschützen sandten ihre Pfeile aus.
    Etliche der Männer keuchten oder stießen Laute der Verwunderung aus, als ihre Geschosse durch den Zeridianer und seinen kleinen Helfer hindurchflogen, als seien sie nur Luft.
    »Pst!«, erklang es aus dem Hintergrund.
    Die zwei enttarnten Trugbilder lösten sich auf, als Taramis seine Aufmerksamkeit dem Haus zuwandte. In einem der Fenster sah er verschwommen eine Gestalt. Die mentale Anstrengung beeinträchtigte bereits sein Sehvermögen. Er blinzelte ein paar Mal, bis er endlich Ischáhs Schwester erkannte. Sie winkte ihm zu, als wüsste sie genau, wo er und sein Gefährte standen. Kommt!
    »Flieht ohne uns«, rief er ihr zu und packte Jagur am Arm.
    »Aber …«, wollte sie widersprechen.
    »Verschwindet!« , brüllte er, barscher als beabsichtigt. Etwas beherrschter fügte er hinzu: »Wir decken euren Rückzug, Siath. Bringt meine Familie hier weg und wartet im Meer auf uns.«
    Rasch zerrte er seinen Kampfgenossen zur Seite. Keinen Augenblick zu früh, denn schon durchlöcherten Dutzende von Pfeilen die Stelle, wo sie eben noch gestanden hatten.
    Obwohl Taramis schwindlig vor Erschöpfung war, schuf er neue Ebenbilder von sich und seinem Freund und ließ sie hinter dem Stall hervorstürmen.
    Plötzlich hörte er vom Wassergraben wieder das Kriegshorn der Kesalonier. Er fuhr herum, spannte in derselben Bewegung den Bogen und schloss die Augen. Seine Sinne blendeten die unmittelbare Umgebung aus und konzentrierten sich nur auf das Geräusch. Es formte sich in seinem Geist zu einem leuchtenden Punkt, der im Rhythmus des Tonsignals flackerte wie eine Kerze vor dem Mund eines Sprechers. Taramis zielte auf das Licht und schoss.
    Der Pfeil zischte davon.
    Sein Herz schlug ihm wild in der Brust, während er lauschte. Einmal pochte es und noch ein weiteres Mal. Dann hallte ein Schrei über das Schlachtfeld.
    Er stieß keuchend den angehaltenen Atem aus und öffnete die Augen.
    Jenseits des Kanals erschienen wie aus dem Nichts zwei struppige Pferde, das eine war nachtfarben, das andere fuchsrot. Zwischen den Tieren spielte sich etwas Seltsames ab. Da stand, nur von der Seite zu sehen, ein hochgewachsener Kesalonier mit drei Zöpfen und ganz in schwarzes Leder gekleidet. Mit seinen muskulösen Armen umklammerte er einen Stammesbruder und versuchte ihn immer wieder auf die Beine zu stellen, obwohl er schlaff wie eine Stoffpuppe war.
    In seiner Brust steckte der letzte Pfeil des unsichtbaren Kriegers.
    Auch die Drachenleute verfolgten gebannt das Schauspiel. Ausnahmslos blickten sie zu dem offenkundig verzweifelten Mann hinüber, der die Hoffnungslosigkeit seines Unterfangens endlich zu begreifen schien. Behutsam ließ er den Toten zu Boden sinken.
    In die beklemmende Stille schlich sich ein flappendes Geräusch, das im Lärm des Kampfes zweifellos unbemerkt geblieben wäre. Taramis stand nach wie vor unter dem Schutz der Zähen Zeit. Dementsprechend schnell war seine Reaktion. In einer einzigen Bewegung hängte er sich den Bogen über, griff zum Feuerstab und drehte sich um.
    Doch es war keine Bedrohung, die ihn aufgeschreckt hatte, sondern etwas, das ihn mit unendlicher Erleichterung erfüllte. Hinter dem Wohnhaus stieg gerade Ischáhs Schwaller auf. Wie eine Wolke schwebte er davon. Vor der Kiemenkapsel, fast zwischen den Augen des riesigen Donnerkeils, standen Shúria und Ari. Sie hielten sich gegenseitig fest und blickten voller Sorge zum Gehöft hinunter.
    Ob es nun die schwindenden Kräfte waren oder der Wunsch, sich seiner Frau zu zeigen – Taramis wusste es nicht. Jedenfalls entglitt

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