Die Zeugin: Thriller (German Edition)
Xavier um die Hausecke. Sie hatte ein Telefon in der Hand und schüttelte den Kopf. »Alles ruhig. Keine Anzeichen für einen Einbruch oder ein Feuer. Falscher Alarm.«
Rory ließ sich gegen ihr Auto sacken und rieb sich über die Augen, um sich ein wenig zu beruhigen.
Gereizt verzog Xavier den Mund. »Der Anruf kam über die Zentrale. Der Anrufer hat nach mir persönlich gefragt und diese Adresse genannt. Hat angedeutet, dass es was mit Ihnen zu tun hat, dass Sie hier wohnen.«
Rorys Blick schweifte zum Haus. »Sind Sie nach hinten gegangen?«
»Rundherum. Keine Auffälligkeiten.«
»Da wollte uns wohl jemand auf den Arm nehmen.«
»Haben Sie eine Ahnung, wer?«, fragte Xavier.
Chiba bellte und schaute Xavier begeistert an.
»Die Nachricht kam über die Polizeizentrale – aber der Anrufer hat seinen Namen nicht genannt?«
»Es war eine Frau«, antwortete Xavier. »Hat sich als Candy Graves vorgestellt. Hab gerade mit dem Revier telefoniert. Der Name steht nicht im Telefonbuch.« Sie steckte das Handy in die Jackentasche. »Wollen Sie mir vielleicht erklären, was das für ein Spiel ist? Ich lasse mich nämlich nicht gern zur Marionette machen.«
Ein altes Spiel. Bloß mit neuen Regeln. Nach kurzer Überlegung entschied sich Rory für Offenheit. »Könnte meine Cousine Nerissa gewesen sein.«
»Cousine.« Xavier schien verblüfft. »Ist das eine Familienfehde?«
Als Rory verbittert auflachte, klang es fast wie Chibas Bel len. »Ich glaube, sie und ihr Bruder Boone haben gestern auch meinen Hund entführt und ihn vor der Autobahnabfahrt an der Canyon Cloud Road ausgesetzt.«
Über Xaviers Gesicht legte sich ein Schleier von Müdigkeit. Wie um auszudrücken, dass sie die Nase voll hatte von dem Quatsch, mit dem sie sich als Polizistin ständig herumschlagen musste.
Schließlich deutete sie mit dem Kinn zum Haus. »Bei mei nem Rundgang vorhin hat drinnen immer wieder das Telefon geklingelt. Schließlich ist der Anrufbeantworter angesprungen, und eine Frau hat eine Nachricht hinterlassen. Klang ziemlich mitgenommen.«
»Wer? Haben Sie den Namen gehört?« War das real oder wieder nur ein Spiel?
»Nein, kein Name. Aber nach der Nachricht hat das Telefon gleich wieder geklingelt. So als wären Sie in den sieben Sekunden dazwischen heimgekommen. Da will wohl jemand dringend mit Ihnen reden.«
Besorgt schielte Rory zum Haus. »Können Sie kurz warten, solange ich nachschaue?«
»Ich muss zurück an die Arbeit. Auf mich warten echte Verbrechen. Kann gut sein, dass es da auch um Sie geht.« Xavier wandte sich ab. »Und Sie sollten ins Revier fahren. Aber wenn Sie nur schnell die Nachricht abhören wollen, bin ich ja noch da.«
Bedächtig steuerte Xavier auf ihr Auto zu. Mit klimpernden Schlüsseln preschte Rory zur Tür und sperrte auf.
Dahinter wartete Boone auf sie.
45
Wie vom Donner gerührt blieb Rory stehen.
»Du bist aber keine gute Gastgeberin, Cousinchen«, sagte Boone.
Aus dem Gang näherten sich drei Männer.
»Keinen Kaffee, gar nichts.«
Alle drei mit dunkler Brille, schwarzem Anzug und gebügeltem weißen Hemd. Zwei mit schmaler, schwarzer Krawatte – die fleischfressenden Würmer. Der dritte trug einen breiten Schlips mit grell violetten Paisleyformen, die dem Betrachter wie gepresste Herzschläge entgegensprangen.
Grigor Mirkovic.
Rory wirbelte herum, um aus dem Haus zu fliehen. An der Straße stieg Detective Xavier gerade in ihr Zivilfahrzeug. Der Regenwurm in Armani-Kluft, der ihr gestern Morgen aufgelauert hatte, versperrte ihr den Weg.
Sie stürzte auf ihn und die Tür zu und rief: »Detective …«
Wie einen Wäschesack packte er sie um die Taille und zerrte sie zurück.
»Xavier!«, schrie Rory.
Die Polizistin zögerte.
»Hilfe!«
Xavier verharrte einen Moment, ohne sich nach dem Haus umzusehen. Sie saß mit offener Tür da, die Hände am Rahmen.
»Helfen Sie mir!«
Dann zog Xavier die Tür zu und startete den Motor. Sie legte den Gang ein und fuhr seelenruhig davon. Rory verschlug es den Atem.
Xavier hatte sie gehört. Trotzdem hatte sie nichts unternommen und Rory einfach diesen Männern überlassen.
Die Polizistin musste es gewusst haben. Sie hatte gewusst, dass im Haus Boone und Mirkovic mit seinen Handlangern lauerten. Mehr noch. Sie hatte Rory in die Falle gelockt.
Schreiend und strampelnd streckte Rory die Hand nach dem Türrahmen aus. Der Regenwurm schwenkte sie einfach durch die Luft und schloss still die Tür.
Dann setzte er sie ächzend ab. Erneut
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