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Die Zeugin: Thriller (German Edition)

Die Zeugin: Thriller (German Edition)

Titel: Die Zeugin: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Gardiner
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Mörder von meinem Sohn.«
    Das Ganze war keine Unterhaltung, sondern ein Vortrag. Wie Zaunpfähle standen die Anzugträger da und hörten aufmerksam zu. Trotzdem konnte es wohl nicht mehr lange dauern, bis die Inquisition begann.
    »Setzen sie dich auf die Geschworenenbank – eine Frau, die Selbstständigkeit hasst. Lassen sie dich beurteilen die Schweine, die meinen Sohn erschossen haben – eine Frau, die nicht kann akzeptieren, wie funktioniert die Macht. Was weißt du über Rache?«
    Die Asche an seiner Zigarette wuchs. »Willst du sehen meinen Jungen als Verbrecher und die Polizisten als wehrlose Opfer? Oder willst du ringen die Hände wie eine Oma, weil diese Polizisten Angst haben vor Abschaum im Gefängnis, und ihnen geben einen kleinen Klaps?« Langsam führte er die Zigarette an den Mund und nahm einen tiefen Zug. Er atmete den Rauch durch die Nase aus. »Ist ein Witz.«
    Ganz allmählich dämmerte Rory etwas. Hier ging es gar nicht um ihre Tätigkeit als Geschworene. Mirkovic glaubte nicht daran, dass sie in eine Gerichtsintrige verwickelt war.
    Er wusste es besser.
    Er musterte sie mit den toten Augen eines Hais. Wie ein Kranz schwebte der Rauch um seinen Kopf.
    Rory kannte die Gerüchte, die sich um Grigor Mirkovic rankten. Seine Geschäfte erstreckten sich nicht nur auf Nachtclubs, sondern auch auf die Baubranche – vor allem Stahlbeton. Die perfekte Tarnung, um Leute verschwinden zu lassen. Sein eigentliches Wirkungsfeld waren allerdings Entführung, Diebstahl, Drogenhandel, Prostitution und Waf fenschieberei. Dazu war von Menschenschmuggel aus Mexiko die Rede. Das Royal Flush im organisierten Verbrechen.
    » Sie haben die Gangster angeheuert, um das Gericht zu überfallen«, konstatierte Rory.
    Es spielte wohl keine Rolle, wenn sie ihn direkt damit konfrontierte. Er war nicht hier, um eine harmlose Plauderei mit ihr zu führen. Also konnte es ihm egal sein, ob sie es wusste. Er war der Drahtzieher, mit dem sich Boone und Riss zusammengetan hatten. Und er hatte nicht vor, sie ungeschoren davonkommen zu lassen.
    Mirkovic tippte Asche auf den Fußboden. »Bist du doch nicht so dumm.«
    »Warum haben Sie das gemacht?«
    Sein Mund kräuselte sich zu einem leeren, abstoßenden Lächeln. »Verzögerung ist nicht Rettung.«
    Das Freizeichen in Rorys Kopf wurde lauter.
    Humorlos und schrill klebte das Grinsen auf Mirkovics Gesicht. Seine neuen amerikanischen Zähne schimmerten weiß und sehr groß zwischen seinen trockenen Lippen.
    »Dann verraten Sie mir wenigstens, was der Witz ist.«
    Hinter ihr gluckste der Regenwurm. Vielleicht hatte sie sich gerade eine abgedrehte Art von Respekt verschafft, weil sie ihm nicht auf die Schuhe gepinkelt hatte. Auf der anderen Seite des Zimmers lauerte Boone, ohne etwas zu sagen, nur seine Hände ballten sich immer wieder zu Fäusten, und er wippte auf den Zehen wie ein tänzelnder Boxer im Ring.
    »War es die einzige Möglichkeit«, erklärte Mirkovic. »Soll es wie Zufall aussehen, dass du entführt wirst. Nicht wie Absicht.«
    »Und was war mit Judge Wieland?«
    »Sauber und schnell – raus mit dir und den anderen aus dem Gerichtssaal. Ist schon oft passiert an Orten, wo sitzt ihr gern und flirtet, du und deine aufgeblasenen Freunde von der Entwicklungshilfe, im Internetcafé bei Cappuccino.«
    In Rory stieg ein beängstigendes Gefühl hoch: dass die Schnur, mit der sie am Leben hing, soeben mit einem scharfen, blitzenden Messer durchtrennt worden war. Fast drei ßigmal hatte sie sich um die Sonne gedreht, hatte ein wenig Thai gelernt, war in der Nähe der Arktis im Meer geschwom men, hatte sich in die Arme ihrer Mutter geschmiegt und ihre Eltern zum Lächeln gebracht, hatte kleinen Mädchen das Le sen beigebracht. Sie hatte einem Menschen ihr Herz geschenkt und zumindest den Funken eines neuen Lebens erahnt, das sie gemeinsam geschaffen hatten.
    Doch jetzt gab sie auf. Sie brach nicht auseinander, sie ließ nur zu, dass ihr die Dinge entglitten.
    Vielleicht war es wirklich der letzte Schnitt. Vielleicht wartete nichts mehr hinter dem Horizont. Kämpfen war zwecklos. Wenigstens war sie noch einmal nach Hause gekommen.
    Sie war von einem schwerelosen, sonnenhellen Schrecken erfüllt, wie von einem lauten, alles verdrängenden Pochen. Trotzdem wollte sie nicht betteln. Was auch geschah, sie blieb frei.
    Siebenmal hinfallen, achtmal wieder aufstehen.
    Auch wenn es um ihr Leben ging, sie hatte nicht vor, auf die Knie zu sinken. »Sie haben Sylvester Church und Kevin

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