Die Zeugin: Thriller (German Edition)
soeben.
»Terroristenangriff aufs Gericht«, antwortete eine ältere Frau.
Die Sahneschnitte riss die Hand vor den Mund. »O mein Gott.«
»Ich habe Schüsse gehört. Richtige Schüsse«, setzte die Ältere hinzu.
»Das ist der Mirkovic-Prozess«, ergänzte ein Mann weiter hinten. »Alle sind im Gerichtssaal gefangen.«
Entsetzt starrte die Schönheit hinüber. »Nein!«
»Doch, schauen Sie, welcher Gerichtssaal es ist. Dort findet der Mirkovic-Prozess statt.«
»Allmächtiger.«
Schließlich fiel selbst dem Reporter ihre starke Reaktion auf. Der Kameramann nahm sie ins Visier.
Die Sahneschnitte hatte Tränen in den Augen. »Sind Sie sicher? Ganz sicher?«
Die Umstehenden nickten.
Sie stieß einen scharfen Schrei aus.
Der Reporter schaltete sich ein. »Miss …«
»Meine Cousine ist da drin«, erklärte sie.
Alle Blicke richteten sich auf sie.
»Sie ist Geschworene im Mirkovic-Prozess. Das kann doch nicht wahr sein.«
»Miss, wie heißt Ihre Cousine?«
Sie presste die Hände an den Kopf. »Rory Mackenzie.«
E rstens«, begann Nixon. »Die Angeklagten Jared Smith und Lucy Elmendorf bekennen sich des Mordes an Brad Mirkovic schuldig.«
Im Saal entstand überraschtes Gemurmel. Am Tisch der Verteidigung fuhr Jared Smith auf: »Was?«
»Zweitens«, fuhr Nixon unbeeindruckt fort. »Beide Ange klagten unterzeichnen ein Geständnis, in dem sie das Ver brechen genau und mit allen Details schildern. Dazu gehört auch die ausdrückliche Erklärung, dass sie Brad Mirkovic vorsätzlich und in böswilliger Absicht das Leben genommen haben.«
Offenbar kannte er also die strafrechtliche Definition von Mord in Kalifornien. Schön für ihn. War ihm klar, dass er selbst wegen Mordes dran war, weil Reagan den Gerechtigkeitsfan erschossen hatte?
»Drittens«, rief Nixon.
Mann, der Typ zählte wirklich gern.
»Das Geständnis der Angeklagten wird live auf allen gro ßen Fernsehsendern verlesen. Und zwar in voller Länge. Und die Unterschrift der Angeklagten wird im Bild gezeigt, damit alle sehen, dass sie echt ist.«
Nach einer Sekunde meldete sich Nguyen. »Okay, mal schauen, ob ich das alles richtig verstanden habe.«
Nixon nahm die Pumpgun, fast als legte er sich ein Kind in den Arm. Seltsam stumpf glomm das Sonnenlicht auf dem Lauf – wie das Blinzeln eines Reptils, das hinter einem warmen Fels erwacht.
»Sie wollen, dass die Angeklagten ein Geständnis unterschreiben und …«
»Und ich will fünf Millionen Dollar in Goldbarren.«
Auf Nguyens Seite entstand eine lange, lange Pause.
Nixon legte nach: »Goldbarren im Wert von fünf Millionen US -Dollar nach dem gestrigen Kurs bei Börsenschluss.«
»Das wird nicht ganz einfach sein, aber …«
»Dazu einen Hubschrauber und freien Flug nach Mexiko.«
Erneut zögerte Nguyen. Rory fragte sich, welche Erfahrungen und Befugnisse der Mann besaß.
Schließlich sagte er: »Ich sehe, was ich machen kann. Inzwischen …«
»Nichts inzwischen. Sofort.«
Nixon wandte sich um und stapfte durch den Saal. Er fuhr sich mit dem Unterarm über die Stirn, wie um sich trotz der Balaklava den Schweiß abzuwischen.
Reagan fing ihn ab. »Was hast du …«
Mit einer Handbewegung schnitt ihm Nixon das Wort ab und marschierte zurück zur Tür. »Der Hubschrauber muss groß genug sein, um die Piloten, fünf Passagiere und die Gold barren zu transportieren.«
Nach kurzem Schweigen meldete sich Nguyen. »Dafür brauche ich sicher etwas Zeit. Aber ich muss Sie nun auch um etwas bitten. Können Sie mir sagen, ob alle Menschen dort drinnen wohlauf sind?«
Rory atmete an die Scheibe. Wie funktionierten Verhandlungen bei Geiselnahmen?
Sie war Jahre mit einem Cop zusammen gewesen und wusste dennoch nichts über Krisenintervention. Jahre mit Seth, für den die Polizeiarbeit war wie eine zweite Haut, und sie hatte kein einziges Mal gefragt, wie man Geiseln befreite, die von gewaltbereiten Bewaffneten in einem Raum festgehalten wurden.
Natürlich war Seth ein Cop, der selbst eine gewisse Ähnlichkeit mit einem gewaltbereiten Bewaffneten hatte. Denn er arbeitete als verdeckter Ermittler.
Eins war ihr jedenfalls klar: Irgendwas stimmte nicht mit diesen Verhandlungen. Nixon brüllte seine Forderungen hin aus, ohne einen Zeitrahmen zu nennen. Rory kam nicht oft in die Verlegenheit, etwas aushandeln zu müssen, doch sie wusste, dass man keine offenen Fragen stellen und auf ein Ja hoffen durfte. Das verriet Schwäche und schlechte Planung. Diese Erfahrung hatte sie gemacht, als
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