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Die Zeugin: Thriller (German Edition)

Die Zeugin: Thriller (German Edition)

Titel: Die Zeugin: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Gardiner
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zurzeit Chaos. Es dauert bestimmt vierundzwanzig Stunden, bis jemand über die Anträge entscheidet. Schätzungsweise haben Sie also noch bis morgen früh Zeit, dann kreuzt er mit Handschellen auf Ihrer Schwelle auf. Wenn Sie eine Szene vermeiden wollen, schlage ich vor, dass Sie sich schon vorher stellen.«
    Rory blieb äußerlich ungerührt. »Ist das alles?«
    Xavier kehrte zu ihrem Auto zurück. »Fürs Erste sollte es reichen.«
    Den Rest der Strecke zu ihrem Haus ging Rory. Der kalifornische Himmel, strahlend blau und leer, schien ihr alle Kraft aus dem Körper zu saugen. Hechelnd trottete Chiba neben ihr.
    Sie stieg die Treppe zur Terrasse hinauf und stocherte zitternd mit dem Schlüssel herum. Sie musste etwas tun. Aber was?
    Plötzlich hörte sie hinter sich eine leise Stimme. »Rory.«
    Sie starrte auf den Schlüssel, der kurz vor dem Schloss schwebte. Um hineinzukommen und von innen zu verriegeln, brauchte sie vier, vielleicht fünf Sekunden. Sie konnte ohne ein Wort die Tür zuknallen.
    Die Stille zog sich in die Länge. Sie drehte sich um.
    Er stand auf dem Gehsteig, die Hände an den Seiten, und wartete.
    »Hallo, Seth.«

18
    Er sah aus wie immer und doch nicht. Größer, seltsamerweise. Seine Schultern hatten die gleiche Neigung – nicht unbedingt eine Pose, aber eine Haltung, die sagte: Also gut, dann beweis es. Diesen Quatsch kauf ich dir nicht ab.
    Doch es fehlte das furchtlose Grinsen, das dieser Haltung immer den Stachel genommen hatte. Sein dunkelblondes Haar war kurz geschoren. Um die Augen hatte er Falten, die es vor zwei Jahren noch nicht gegeben hatte. Die Flächen seines Gesichts und seiner Figur schienen schärfer konturiert. Er hatte abgenommen.
    Und er wirkte unsicher. Sie hatte das Gefühl, ihn wegschnippen zu können wie eine Fliege.
    Seth Colder, der Anker, der zerbrochen war.
    »Ich wusste, dass es irgendwann so weit ist. Aber heute hab ich nicht damit gerechnet«, sagte sie.
    »Kann ich reinkommen?«
    »Sag mir erst, warum.«
    »Das mach ich besser drinnen.«
    Sie fixierte den Schlüssel, um den Blick von ihm abzuwenden. Nicht jetzt. Nicht so, völlig unvorbereitet. Zwei Jahre hatte sie ihn nicht gesehen, nicht mit ihm geredet, ihm nicht geschrieben. Und doch war gestern im Gerichtssaal sein Bild vor ihr aufgestiegen. Jetzt war es, als hätte sie ihn herbeigezaubert.
    Mit wackelndem Schwanz tapste Chiba zu ihm. Seth tätschelte ihm den Nacken. Seine Augen ruhten auf Rory.
    Schließlich sperrte sie auf und ließ ihn ein.
    Sein Gang war vertraut. Lange, bedächtige Schritte. Seine Jeans war abgewetzt, die Caterpillar-Stiefel staubbedeckt. Sie kannte weder das Denimarbeitshemd noch das weiße T-Shirt darunter.
    Sie schloss die Tür. »Wie hast du mich gefunden?«
    Er ging einfach weiter, eine Taktik, an die sie sich noch gut erinnerte. Das verschaffte ihm Zeit, steigerte die Spannung und trieb sie in den Wahnsinn. Die Neigung seiner Schultern blieb unverändert. Langsam schaute er sich um.
    Viel zu sehr wie der Cop von früher. Alles Spuren, alles Beweise.
    »Seth.«
    Am Kaminsims betrachtete er ein Foto von Rorys Eltern. Er besaß die unheimliche Fähigkeit, einfach zu verharren, still wie ein schwarzes Loch, das das Licht verschluckte.
    Diese Reglosigkeit war schon immer sein Trick gewesen. Ein durchaus nützlicher Trick für einen Polizisten. Man eröffnete ein Gespräch, stellte eine aggressive Frage, dann hielt man den Mund. Bis das Gegenüber nervös wurde und alles Mögliche auf den Tisch legte, nur um die Stille zu füllen. Doch unter der ruhigen Oberfläche schlummerte bei Seth von jeher ein Vulkan, der manchmal ausbrach.
    »Warum bist du hier?«
    Wo warst du? Wie kannst du gleichzeitig so gut und so schlecht aussehen?
    »Die Geiselnahme war in den Nachrichten.« Seine tiefe Stimme hatte eine neue Rauheit. »Du auch.«
    Sie antwortete nicht.
    Er schielte auf ihr schweißgetränktes T-Shirt. Ein altes Crosslauf-Shirt mit der Aufschrift SPORT IST MORD .
    »Du …« Er räusperte sich. »Bist du weit gelaufen heute Morgen?«
    »Zehn Kilometer.«
    Er nickte. »Freut mich, dass du … Gut zu wissen, dass du läufst. Super. Echt super.«
    Zum letzten Mal hatte sie ihn gesehen, als er mitten auf der Straße kniete, voller Glasscherben und Blut, das meiste von ihr. Sie hatte einen Bruch des Oberschenkelknochens und eine komplizierte Fraktur des Schienbeins erlitten. Er hatte eine Risswunde an der Stirn. Er hatte sich am Fensterrahmen seines Pick-ups geschnitten, als er

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