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Die Zeugin: Thriller (German Edition)

Die Zeugin: Thriller (German Edition)

Titel: Die Zeugin: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Gardiner
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vom Chaos der Ereignisse ab.
    »Ein gescheitertes Kidnapping, genau.« Seth machte eine Handbewegung, um seine Worte zu unterstreichen.
    Eisig sickerte ihr das Adrenalin von den Armen in die Fin gerspitzen. »Aber warum? Um einen Abbruch des Verfahrens zu verursachen? Sicher nicht, um mein Votum zu beeinflussen. Niemand käme auf die hirnrissige Idee, eine Geschworene aus dem Gerichtssaal zu entführen, um einen Prozess zu manipulieren. Nicht einmal Tricky Dick Nixon und sein Kumpel Ronnie Reagan.«
    »Nein. Geschworenenbeeinflussung läuft normalerweise über Erpressung und Bestechung.«
    »Und kein Mensch macht so was vor den Augen des Richters, der Anwälte und der Presse, noch dazu mitten in einer Zeugenaussage.«
    »Also geht es nicht um deine Rolle in dem Verfahren. Es geht um dich.«
    »Weißt du, dass mir das eine Scheißangst macht?«
    Er starrte sie an. »Aurora Mackenzie. Ein Eisblock, an dem die Angst nagt.«
    »Soll das eine Beleidigung sein?«
    »Bestimmt nicht. Rory, du könntest in Flammen stehen, ohne dass sich dein Gesichtsausdruck ändert.«
    Aus irgendeinem Grund versetzte ihr diese Bemerkung einen Schock. Sie drehte sich zur Kaffeemaschine um und füllte die beiden Becher.
    Dann hatte sie sich wieder gefangen. »Die Medien spielen den Terroraspekt hoch. Polizistenhass. Doch die Bewaffneten haben die Angeklagten nicht erschossen, obwohl sie die Gelegenheit dazu hatten.«
    »Du meinst also nicht, dass das Ganze was mit Politik zu tun hat?«, fragte Seth.
    »Bloß mit mir.«
    Sein Blick ruhte auf ihr. »Deine Flüchtlingshilfearbeit … war das politisch? Gefährlich?«
    »Immer politisch. Gefährlich nur selten. Seth, zu neunzig Prozent habe ich lediglich Fallgeschichten, gerichtliche Anträge und Protokolle von Abschiebungsverfahren ausgewertet. Ich musste mir einen Parka kaufen, weil ich sieben Monate lange in einer Lagerhalle außerhalb von Helsinki gearbeitet und amtliche Berichte gelesen habe. Mein rasiermesserscharfer Juristenverstand war nicht gefragt. Ich war nur eine bessere Anwaltsgehilfin. Eine fleißige Aktenbiene. Da gibt es keinen Zusammenhang mit dem Überfall.«
    »Und gefährlich?«, hakte er nach.
    »Nein.« Sie fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Ich war nur zweimal im Außeneinsatz. Und nicht in Ländern, deren Regierung sich mithilfe Amerikas an einer Entwicklungshelferin rächen will.«
    »Wo?«
    »Einmal in Syrien.«
    »Das ist gefährlich.«
    »Noch vor dem Aufstand. Ich habe so lange gebettelt, bis ich bei einer Rotkreuz-Delegation mitfliegen durfte. Das war alles ganz sicher.«
    »So sicher wie russisches Roulette.«
    »Wir reden doch hier von einem repressiven Staat, nicht von einem Egoshooter-Spiel. Ich bin ständig in einem Range Rover mit Klimaanlage gereist. Wir haben in Fünf-Sterne- Restaurants gegessen und im Sheraton-Hotel CNN ange sehen.«
    Ungläubig schüttelte er den Kopf. »Syrien. Und wohin hat es dich nach der nächsten Trommeldrehung verschlagen?«
    »Nach Simbabwe.« Bei diesen Worten stiegen sofort Bilder in ihr hoch. Rote Erde. Ein unendlich weiter, blauer Himmel. Am Horizont Akazien, deren mächtige Stämme sich zu filigranen grünen Baldachinen verzweigten. In der Luft dichter Holzrauch von den Feuerstellen. Schwer und erdig hing er an den Kleidern.
    »Auch das war für mich persönlich nicht gefährlich.«
    »Für dich persönlich?«
    »Dieses Land …« Sie suchte nach den passenden Worten. »Es ist wunderschön. Und vollkommen ruiniert. Wir sind zu einem Dorf im Busch gefahren, ungefähr hundertfünfzig Kilo meter hinter Bulawayo.«
    »Warum?«
    »Eine Familie, die nach Südafrika und dann nach Europa geflohen ist. Fünfzehn Monate lang waren sie in einem Migrantenlager in Nordengland. Mutter, Kinder, ein Großvater, alle zusammengepfercht in einem Wohnheim hinter Stacheldraht. Dann wurde ihr Asylantrag abgelehnt. Keine Anerkennung als politische Flüchtlinge. Also hat man sie als Wirtschaftsmigranten zurückgeschickt. Wir wollten erfahren, ob sie noch leben.«
    Seth machte ein merkwürdiges Gesicht.
    »Und wir haben sie tatsächlich gefunden. Sie …« Die Stimme versagte ihr. »Der Großvater war gestorben. Irgendwelche Schläger hatten ihn überfallen, ihm die Beine gebro chen und ihn im Busch liegen lassen. Er hat es nicht geschafft, nach Hause zu kriechen. Die Mutter und die Kinder waren noch am Leben. Sie war von Soldaten vergewaltigt worden. Die Kinder waren verwahrlost, doch wenigstens hatten sie ein Dach über dem Kopf. Wir konnten

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