Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zeugin: Thriller (German Edition)

Die Zeugin: Thriller (German Edition)

Titel: Die Zeugin: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Gardiner
Vom Netzwerk:
ließ sich auf dem Sofa nieder. »Freut mich natürlich, euch beide zu sehen, aber ihr seid bestimmt nicht zum Plaudern da. Was führt euch her?«
    Sicher hatte ihm sein geradliniges Teddybärauftreten als Detective gute Dienste geleistet. Je nachdem, worauf es ihm ankam, konnte er knuddelig oder barsch sein. Als Kind hatte sie ihn unheimlich gefunden. Er war immer herzlich und freundlich zu ihr, doch sein finster intelligenter Blick, der sie bis in die geheimsten Winkel ihres Denkens zu durchschauen schien, ließ sie vor Angst erstarren.
    Mit verschränkten Armen saß er vor seinem dampfenden Kaffee. Offenbar kostete es ihn große Kraft, nicht zu Seth hin überzuschielen. Schlagartig wurde Rory klar, dass er Seths Entscheidung, die Polizei zu verlassen, noch immer nicht verdaut hatte. Eine schmerzende Wunde, die nie richtig verheilt war.
    Nach einem letzten Blick auf die Straße wandte sich Seth zu seinem Vater um. »Das muss unter uns bleiben. Nichts darf nach draußen dringen.«
    »Natürlich«, erwiderte Lucky.
    »Rory und ich sind zu dem Schluss gekommen, dass der Überfall auf das Gericht nur einen Zweck hatte: Sie sollte entführt werden.«
    Luckys einzige Reaktion war, dass er eine Augenbraue hochzog.
    »Ich habe die Namen der Bewaffneten rausgefunden«, setzte Seth hinzu. »Sie wurden anscheinend bezahlt.«
    Langsam lehnte sich Lucky vor. »Das musst du mir genauer erklären.«
    Seth folgte der Bitte, und Lucky hörte aufmerksam zu, ohne ihn zu unterbrechen. Nach ungefähr fünf Minuten griff er nach seinem Kaffeebecher. Seth stand am Fenster, die Schultern leicht nach vorn gezogen, einen herausfordernden Ausdruck in den Augen. Rory hätte sich nicht gewundert, wenn Lucky ihn ermahnt hätte, sich gerade hinzustellen.
    Doch Lucky fragte nur: »Alles in Ordnung mit dir, Junge?«
    Seth verlagerte das Gewicht und kniff die Lippen zusammen, als hätte er Schmerzen. »Ja.« Er durchquerte das Zimmer und ließ den Blick über die Bilderwand streichen.
    Nach kurzem Zögern sah Lucky weg. Dann räusperte er sich. »Also gut. Leuchtet mir ein, wie du das beschreibst. Und was willst du jetzt von mir?«
    Seth drehte sich um. »Wo kommt das Geld her? Und warum glauben die, dass Rory was damit zu tun hat? Das begreifen wir nicht.«
    Lucky schaute Rory an.
    »Sie sind in den Gerichtssaal eingedrungen, haben rumgeschossen und sechzig unschuldige Leute als Geiseln genommen – einfach furchtbar.« Sie stockte. »Und mir will einfach nicht in den Kopf, wieso es da um mich gehen soll.«
    »Kann gut verstehen, dass du wütend bist«, antwortete Lucky.
    »Am liebsten würde ich jemandem mit einem Brecheisen verprügeln.«
    »Und dass du Angst hast.«
    »Eine Scheißangst.«
    »Aber Schuldgefühle sind fehl am Platz.«
    Ihr Gesicht brannte. »Natürlich fühle ich mich verantwortlich.«
    In diesem Moment klingelte Seths Telefon. Nach einem Blick aufs Display sagte er: »Entschuldigt mich kurz.« Er steuerte auf die Haustür zu und wartete, bis er draußen war, ehe er sich meldete: »Ja.« Er machte hinter sich zu und ging leise sprechend Richtung Straße.
    Lucky konnte die Augen nicht von ihm abwenden. Er sprach Rory an, ohne sie anzusehen. »Seth verschweigt mir was. Er hat mir nicht die ganze Geschichte erzählt.« Schließlich flackerte sein Blick zu ihr. »Er hat dich hierhergebracht statt zur Polizei.«
    »Du bist sein engster Vertrauter«, antwortete Rory. »Und du kennst doch die Geschichte der Stadt.«
    Lucky lächelte resigniert. »Er vertraut dem Revier nicht. Das ist ein Streitpunkt zwischen uns.«
    »Kann ich mir vorstellen.«
    Sein Gesicht wurde hart. »Hat er dir erzählt, dass die Polizei von Korruption infiziert ist wie von einem Virus?«
    Sie hatte keine Lust auf das Spiel Dad hat gesagt, der Sohn hat gesagt. »So hat er sich nicht ausgedrückt.«
    »Aber er glaubt, dass die ganze Truppe geschmiert ist.«
    Sie zuckte nur unmerklich die Achseln.
    Doch das genügte Lucky. »Er hat mit guten Leuten zusammengearbeitet. Gil Strandberg, Ray Nguyen – die kannte ich alle noch. Ich versteh einfach nicht, wie er auf die Idee kommt …« Er schüttelte den Kopf und betrachtete seine Hände.
    Nach einer Weile fuhr er fort. »Seth hat Schlimmes durchgemacht. Der Brand in der Lagerhalle. Wenn ein Kamerad bei einem gemeinsamen Einsatz sein Leben verliert, ist das immer ein Albtraum, für jeden Polizisten. Damit muss man erst mal fertigwerden.«
    Sie schwieg.
    »Und dann noch die Verletzungen, die er erlitten hat …«

Weitere Kostenlose Bücher