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Die Zeugin

Die Zeugin

Titel: Die Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brown Sandra
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habe einen Sohn! Einen Jungen!«
    Gibb packte Matt bei den Schultern. »Das ist phantastisch, meinen Glückwunsch! Ich bin begeistert. Aber das Feiern müssen wir auf später verschieben. Leider bleibt uns jetzt keine Zeit dafür. Ich traue diesem schmalärschigen Anwalt nicht mal so weit, wie ich ihn schmeißen könnte.«
    Â»Mir gefällt er auch nicht. Willst du ihn feuern und einen anderen engagieren?«
    Gibb schüttelte den Kopf. »In irgendeiner Hinsicht sind alle
Anwälte unfähig. Sie sind falsch und unloyal, selbst wenn sie zur Familie gehören«, meinte er trocken. »Wir hätten uns nie darauf verlassen sollen, daß er oder irgendwer sonst für uns denkt oder handelt.«
    Matt sah ihn verwirrt an. »Auf was willst du hinaus, Dad?«
    Â»Es wird Zeit, daß wir die Sache selbst in die Hand nehmen.«
    Â 
    Lottie las den Brief ein zweites Mal. Dann ein drittes Mal. Die Botschaft war knapp, klar und unmißverständlich.
    Sie knüllte das Blatt zusammen und ließ es auf den Boden fallen. Fluchend trat sie ans Fenster und sah hinaus in den verwilderten Garten. Er verkündete so deutlich wie ein weithin sichtbares Schild: Hier wohnt eine Asoziale. Charlie war nicht nur ein erbärmlicher Ehemann, sondern auch ein miserabler Geldverdiener gewesen. Sie hatten nie genug übrig gehabt, das Haus ein bißchen aufzumöbeln und zu verschönern.
    Was erwartete die junge Lottie denn? Daß die Ehe Wunder vollbringen würde?
    Sie kam aus dem Elend und würde immer eine Asoziale bleiben, wie sie wußte. Charlie auch. Und Matt. Er hatte sie sogar so genannt bei ihrer ersten Begegnung.
    Sie waren in der vierten Klasse, als er sie eines Nachmittags auf dem Heimweg von der Schule aufgehalten hatte. Er jagte ihr einen Höllenschrecken ein, indem er sich aus dem Geäst eines Baumes fallen ließ und ihr den Weg verstellte.
    Â»Du hältst dich wohl für was ganz Besonderes, Rotschopf?« provozierte er sie. »Bist du aber nicht. Mein Papa sagt, ihr seid nichts als Asoziale und daß ich mit Leuten wie euch nichts zu tun haben soll.«
    Â»Und du und dein Daddy, ihr seid doch bloß Hühnerscheiße. Ich bin froh, wenn ich nichts mit dir zu tun habe, Matt Burnwood. Und jetzt laß mich vorbei.«

    Sie wollte weitergehen, aber er parierte mit einem Ausfallschritt nach links und packte sie an den Schultern. »Wieso so eilig?« Er versuchte, sie zu küssen. Sie stieß ihm das Knie zwischen die Beine und rannte weg.
    Er brauchte ein paar Jahre, ehe er wieder den Mut aufbrachte, sie küssen zu wollen. Diesmal ließ sie es zu. Von jenem Tag an nahmen sie einander bewußt wahr, doch genauso bewußt waren sie sich der Tatsache, daß sich eine ernsthafte Beziehung zwischen ihnen niemals verwirklichen ließe. Obwohl sie noch Kinder waren, spürten sie genau den tiefen Graben zwischen ihren Gesellschaftklassen. Sie wurden durch den ganzen Ort getrennt, im übertragenen wie im wörtlichen Sinn. Diese Kluft war unüberbrückbar.
    Trotzdem hatten sie miteinander geflirtet und ausprobiert, wie ihre Reize auf den jeweils anderen wirkten; ihre erwachende Sexualität blieb allerdings unbefriedigt, bis sie einander an einem schwülen Sommernachmittag an einem Bach in den Bergen begegneten. In der Unterwäsche planschten sie im Wasser herum. Matt schlug eine Wette vor, wer am längsten unter Wasser bleiben konnte.
    Natürlich gewann er. Als Siegerpreis forderte er, sie solle ihren BH abnehmen und ihm ihre Brüste zeigen. Hinter seiner arroganten Art spürte sie eine sie anrührende Verletzbarkeit.
    Der BH fiel.
    Er schaute.
    Dem Blick folgte eine Berührung. Seine Hand war unsicher und sanft. Deshalb gestattete sie ihm Freiheiten, die sie den anderen Jungen vorenthielt. Bald berührte sie ihn ebenfalls.
    Beim ersten Mal war es peinlich und nicht besonders angenehm gewesen. Matt war ungeschickt und zu gierig; sie hätte alles getan, um ihm zu gefallen. Aber sie erinnerte sich immer noch an die fiebrige Hitze ihrer Haut, an ihren schweren Atem,
der sich mit seinem mischte, an das Klopfen ihrer Herzen, an ihre glücklichen Seufzer. Ihre Lust war zügellos und ungehemmt, übersprudelnd und explosiv gewesen. Und in vieler Hinsicht unschuldig.
    Jetzt ließ Lottie den Kopf an die schmierige Fensterscheibe sinken. Tränen rollten ihr über die Wangen. Damals hatte sie Matt Burnwood aus tiefstem

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