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Die Zeugin

Die Zeugin

Titel: Die Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brown Sandra
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Gedächtnisverlust litt, rechtfertigte sie sich.
    Die Schuld lag ganz allein bei ihr, und sie war bereit, sie zu tragen. Aus einer plötzlichen Eingebung heraus hatte sie ihn als ihren Ehemann ausgegeben, weil sie das für eine geniale Methode gehalten hatte, Zeit zu gewinnen für ihre Flucht. Sie hatte nicht vorgehabt, ihn zu entführen und wochenlang mit ihm unter einem Dach zu leben. Keineswegs hatte sie damit gerechnet, daß er sich so verändern würde, wenn er mit ihr und Kevin zusammen war, daß er so fürsorglich, so wenig abweisend und liebenswert sein konnte.
    Und zuallerletzt wäre sie auf die Idee verfallen, sich in ihn zu verlieben.
    An jenem Morgen, nachdem sie sich erstmals geliebt hatten, überfiel sie einen Moment lang panische Angst. Er hatte sich heimlich angeschlichen, während sie im Bad am Waschbecken stand. Als er sie grob am Arm packte und herumriß, hatte ein solcher Zorn in seinen Augen gebrannt, daß sie überzeugt war, er hätte sein Gedächtnis wiedergefunden.
    Aber was sie für Zorn gehalten hatte, war in Wahrheit Leidenschaft. Er hatte sie stürmisch geküßt, und allmählich hatte sich ihre Angst wieder gelegt. John würde nie gegen seine Pflichten als FBI-Beamter verstoßen. Ihr war klar, daß er außer sich geriete, wenn seine Erinnerung erst zurückkehrte. Er würde alles tun, um sie nach South Carolina zu schaffen. Davon war sie so überzeugt, daß sie darüber lieber nicht nachdachte.

    Als sie Kevin gewickelt hatte, kehrte sie zusammen mit dem Baby ins Bett zurück. John stützte sich auf einen Ellbogen und sah zu, wie sie den Säugling anlegte. Kevin bearbeitete ihre Brust mit seiner winzigen Faust, während sein Mund blind nach der Milchquelle tastete. Sie hielt sie ihm entgegen, und augenblicklich schlossen sich seine Lippen darüber.
    Â»Gieriger kleiner Säufer«, bemerkte John.
    Â»Er hat einen gesunden Appetit.«
    Â»Warum kam er mit einem Kaiserschnitt zur Welt?«
    Sie strich über den Pfirsichflaum auf Kevins Kopf. »Er war schon vor seiner Geburt ein Freiheitskämpfer«, antwortete sie lächelnd, »und wollte einfach nicht in die richtige Geburtsposition. Mein Frauenarzt versuchte, ihn zu drehen, aber davon hielt er nichts. Ich glaube, er ist einfach eitel, wollte wahrscheinlich nicht, daß sein Kopf bei der Geburt verdrückt wird.«
    Zaghaft streckte John die Hand aus und berührte Kevins Schläfe, wo unter der durchscheinenden Haut eine kräftige Ader pochte. Dann legte er behutsam die Hand auf den Babykopf und spürte die weiche Fontanelle unter seiner Handfläche. »Ein hübsches Kind.«
    Â»Danke.«
    Â»Er sieht dir ähnlich.«
    Â»Wirklich?«
    Â»Wirklich. Und du bist schön.«
    Ihre Blicke trafen sich. »Findest du?«
    Â»Ja.«
    Â»Vor allem mein Haar, wie?«
    Er warf einen Blick auf die brutal gelichtete Pracht. »Vielleicht begründest du eine neue Mode.«
    Â»Coiffure von John Deere.«
    Â»Wer ist das?«
    Â»Spielt keine Rolle.« Sie lachte leise.

    Â»Genau, völlig egal. Trotzdem bist du schön.«
    Sie wußte, daß er es ehrlich meinte. In ihren Augen war er ebenfalls schön. Nicht im klassischen Sinne. Doch sein Gesicht wirkte, von den ausdrucksvollen Brauen bis zu dem markanten Kinn, einnehmend und ausgesprochen männlich.
    Eigentlich war es merkwürdig, daß sie ihn so anziehend fand, denn körperlich war er exakt das Gegenteil von Matt, den sie für den bestaussehenden Mann ihres Lebens gehalten hatte.
    Matt war groß und schlank gebaut. John war genauso groß, aber sein Körper wirkte massig. Matts Haare waren blond, die von John dunkel und schon grau gesprenkelt. Matt hatte edle, vornehme, aber beinahe zu regelmäßige Züge. In Johns Gesicht fanden sich allerlei Furchen, und es strahlte Charakter aus.
    Außerdem liebte sie seine Augen, diese atemberaubende Mischung von Grün und Braun. Sie veränderten sich je nach Stimmungslage, fast wie die Kristalle in einem Kaleidoskop.
    Er konnte ausgesprochen mürrisch sein, aber dadurch wirkten sein seltenes Lächeln und sein trockener Humor nur noch bestechender. Verletzend war er auch manchmal, was sie auf eine unglückliche Kindheit zurückführte, vermutlich hatte er als Junge wenig Zärtlichkeiten erfahren. Er hatte nicht gelernt, seine Gefühle und Zuneigung auszudrücken, war deshalb etwas

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