Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zeugin

Die Zeugin

Titel: Die Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brown Sandra
Vom Netzwerk:
wußte, daß mir nichts passieren würde, solange er
schlief. Aber was war, wenn er aufwachte? Und da hab’ ich beschlossen, ihn umzubringen, bevor er mich erledigen würde.«
    Sie sah Kendall offen ins Gesicht und gestand: »Ich habe die Pistole genommen und ihn dreimal in den Kopf geschossen, genau wie die Beamten gesagt haben. Es tut mir nicht mal leid. Früher oder später hätte er mich umgebracht. Mein Leben ist vielleicht nicht besonders schön, aber ich hänge trotzdem dran.«
    Â 
    Nach der Rückkehr in ihr Büro schaute Kendall den Regentropfen zu, die wie Maschinengewehrkugeln gegen die Fensterscheibe prasselten. »Gespenstisch«, murmelte sie.
    Als sie an jenem Morgen am Gerichtsgebäude angekommen war, hatte Bama Regen prophezeit: »Noch vor heute abend«, dazu nickte der Landstreicher weise.
    Kendall hatte zweifelnd zu dem strahlend blauen Himmel aufgeblickt. »Ich sehe nicht eine Wolke am Himmel, Bama. Bist du sicher?«
    Â»Gewitter vor Sonnenuntergang. Jede Wette.«
    Er hatte recht behalten. Donner rollte von den fernen Bergen heran, die sich rasch in tiefe Wolken und Nebel hüllten. Während Kendall die Anrufe beantwortete und ihre Post durchsah, versuchte sie das unangenehme Vorgefühl abzuschütteln, das sie beschlichen hatte.
    Unter der Tagespost befand sich ein weiterer Brief der Crooks, in dem es von Beleidigungen, verschleierten Drohungen und Rechtschreibfehlern nur so wimmelte. Es war das fünfte derartige Schreiben, das sie seit Billy Joes Unfall erhalten hatte, aber bei weitem nicht das schlimmste. Ein paar Tage nachdem er seinen Arm verloren hatte, traf ein Päckchen mit einer toten Ratte bei ihr ein.
    Die Neuigkeit hatte sich wie ein Lauffeuer im Gerichtsgebäude verbreitet. Sie war schließlich bis in die Redaktion der
Zeitung zwei Straßen weiter gedrungen. Kurz darauf stand Matt in ihrem Büro und wollte wissen, ob wahr sei, was ihm zu Ohren gekommen war.
    Als sie ihm das stinkende Beweisstück zeigte, hatte er sofort eine Bürgerwehr aufstellen wollen, die sich um die Zwillinge und alle anderen aus dem Geschlecht der Crooks kümmern sollte. Gibb hatte die Neuigkeit ebenfalls erfahren und befürwortete seinen Plan.
    Kendall hatte sie beschworen, nichts übers Knie zu brechen. »Sie sind wütend wegen Billy Joe. Bis zu einem gewissen Grad kann ich sie verstehen.«
    Â»Verstehen? Du hast für diesen jungen großmäuligen Dieb getan, was du konntest«, ereiferte sich Matt.
    Â»Sogar für ein Lumpenpack gehen die Crooks mit diesen Drohungen entschieden zu weit«, meinte Gibb. »Sie sind Gauner und sollten ein für allemal auf ihren Platz verwiesen werden.«
    Â»Es sind sehr einfache Menschen«, warf sie beschwichtigend ein.
    Â»Ich habe dieses Gesindel davor gewarnt, dir auch nur ein Haar zu krümmen ...«
    Â»Sie haben mir auch nichts getan. Wenn wir jetzt Vergeltung üben, stellen wir uns auf eine Stufe mit ihnen. Bitte, Matt, Gibb. Überstürzt nichts. Damit könntet ihr mir letzten Endes mehr schaden, als die Crooks es überhaupt vermögen. Ich muß professionell reagieren, und das heißt für mich, diese Briefe zu ignorieren.«
    Es war ihr gelungen, die beiden zu zügeln und ihnen das Versprechen abzuringen, keinen Rachefeldzug zu starten. Angesichts ihrer heftigen Reaktion hatte sie ihnen die übrigen Botschaften der Crooks lieber unterschlagen. So hatte sie Matt erklärt, ihre Windschutzscheibe sei zu Bruch gegangen, als ein
Laster auf dem Highway einen Stein hochgeschleudert habe. In Wahrheit hatte der Wagen eines Tages nach der Arbeit mit zerschmetterter Scheibe auf dem Parkplatz gestanden. An dem Stein, mit dem die Scheibe eingeworfen worden war, hing eine schriftliche, kaum zu entziffernde Drohung.
    Weil sie später vielleicht Beweise brauchen würde, warf sie die Briefe nicht weg, die ihr ins Büro zugestellt wurden, sondern schloß sie in einen Aktenschrank. Sie legte auch den neuesten Brief ab und widmete sich dann wieder Lottie Lynam. Zweifellos würde hauptsächlich dieser Fall sie während der nächsten Monate beanspruchen.
    Wie nicht anders zu erwarten, erschien noch am selben Nachmittag Ankläger Dabney Gorn. Er eröffnete das Gespräch mit einer vagen Prophezeiung: »Tja, sieht so aus, als wäre hier in nächster Zeit ganz schön was los.«
    Â»Meinen Sie wirklich?« fragte Kendall unschuldig.

Weitere Kostenlose Bücher