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Die Zeugin

Die Zeugin

Titel: Die Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brown Sandra
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Stimme klang ruhig, der Blick war konzentriert, unter den gegebenen Umständen eine fast unbegreifliche Haltung.
    Für eine Frau, die ihren Mann ermordet hatte, wirkte sie erstaunlich gefaßt.
    Â»Kann ich Ihnen irgendwas bringen, Mrs. Lynam?«
    Â»Ich möchte, daß Sie mich hier rausholen.«
    Â»Damit werde ich mich augenblicklich befassen. Was haben Sie den Polizeibeamten erzählt, von denen Sie verhaftet wurden?«
    Â»Nichts.«
    Â»Ich muß unbedingt alles erfahren, was Sie gesagt haben, seit sie in Polizeigewahrsam sind, selbst wenn Sie es für nebensächlich halten.«
    Â»Ich habe kein Wort gesagt, außer daß Charlie mich verprügelt und vergewaltigt hat und daß ich einen Anwalt will, bevor ich verhört werde.«

    Â»Das ist gut. Sehr gut.«
    Â»Ich schaue ziemlich viel fern«, kommentierte sie trocken.
    Â»Wann wurden Sie verhaftet?«
    Â»Um vier Uhr morgens.«
    Â»Wann hat der Arzt Sie untersucht?«
    Â»Ich wurde gleich hierhergebracht.«
    Kendall sah auf ihre Uhr. Es war kurz vor sieben. »Sie sitzen seit drei Stunden hier, in so einer Verfassung? Haben Sie Schmerzen?«
    Â»Es tut ein bißchen weh. Ich kann’s aushalten.«
    Â»Ich nicht.« Kendall schob ihren Stuhl geräuschvoll zurück, marschierte durch den Raum, riß zornig die Tür auf und rief in die Wachstation. »Meine Mandantin braucht einen Arzt. Wer fährt uns zum Krankenhaus?«
    Auf der kurzen Fahrt, während der Mrs. Lynam kein Wort sprach, saß Kendall neben ihr auf dem Rücksitz des Streifenwagens. Im Krankenhaus wurde eine Untersuchung des Unterleibs vorgenommen. Die Spuren der Vergewaltigung wurden gesichert, was Fotografien von Mrs. Lynams Körper einschloß. Man versprach Kendall, daß sie gleichzeitig mit der Polizei eine Kopie des Berichts erhalten würde.
    Die Verletzungen in Mrs. Lynams Gesicht waren zwar unansehnlich, aber, wie der Arzt versicherte, »oberflächlich« und würden bald verheilen. Die Kratzer auf Schultern, Brüsten und Schenkeln wurden mit Desinfektionsmittel behandelt. Nach ihrer Rückkehr ins Gerichtsgebäude setzte Kendall durch, daß ihre Mandantin duschen und frühstücken durfte, bevor sie offiziell verhört wurde.
    Â»Rufen Sie mich an, wenn Sie beginnen«, erklärte sie dem ermittelnden Beamten. Bevor sie ging, drückte sie aufmunternd Mrs. Lynams Hand.

    Â 
    Zwei Stunden später saßen sie wieder im Verhörraum. Lottie Lynams Haar war immer noch feucht. Ihr Gesicht wirkte sauber – und unschuldig, wie Kendall feststellte. Ohne Make-up sah sie viel jünger und verletzlicher aus. Sie trug einen formlosen grauen Gefängnisoverall und billige Kunstlederslipper.
    Â»Char – äh, das Opfer wies drei Einschüsse auf«, sagte der Detective zu Kendall. »Wir haben schon Bilder vom Tatort. Kein schöner Anblick.«
    Â»Kann ich sie bitte sehen?«
    Er reichte ihr einen braunen Umschlag. Genau wie er gesagt hatte, waren die Farbbilder schaurig.
    Â»Eine Kugel trat durch den Hals ein. Eine wurde in seine Stirn gefeuert, ungefähr hier.« Er zeigte die Stelle an seinem eigenen Kopf an. »Die andere durchschlug seine Wange und trat an der gegenüberliegenden Schläfe wieder aus. Die Waffe wurde aus nächster Nähe abgefeuert. Etwa um drei Uhr dreißig heute morgen. Er starb sofort in seinem eigenen Bett.«
    Sein Blick glitt zu Lottie hinüber, die schweigend und mit fest im Schoß gefalteten Händen dabeisaß. Ihre Miene war undurchdringlich. Kendall schoß der Gedanke durch den Kopf, daß diese Ruhe ihnen vor Gericht helfen würde.
    Sie dankte dem Polizisten für die Informationen. »Hat der Leichenbeschauer schon den Autopsiebericht fertig?«
    Â»Er wird ihn noch heute vormittag abfassen. Seiner Meinung nach haben wir ihn bis zum Abend.«
    Â»Ich möchte baldmöglichst eine Kopie davon, bitte.«
    Â»Natürlich. Aber er wird nur bestätigen, was ich Ihnen mitgeteit habe.«
    Kendall ging nicht darauf ein. Statt dessen stellte sie eine schlichte Frage: »Warum wird meine Mandantin wegen Mordverdachts festgehalten?«
    Der Assistent, der bis dahin mit gekreuzten Beinen an der
Wand gelehnt und mit einem hölzernen Zahnstocher in den Zähnen gebohrt hatte, hustete los. Er zeigte auf die Pistole, die, in einer Tüte und mit einem Anhänger versehen, auf dem Tisch lag. »Das da ist die

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