Die Zeugin
Blutdruck steigt.«
Kendall spürte, wie sich ihr Magen leicht wie ein Luftballon hob und wieder absackte. Sie wollte schlucken, aber ihr Mund war ausgetrocknet. Ihr Herzschlag dröhnte bis in die Ohren. »Du hast dich jedenfalls nie beklagt«, flüsterte sie.
»Dann sollte die Frage nicht so schwer zu beantworten sein.«
»Das ist sie auch nicht.«
»Also ...«
»Ich finde es albern.«
»Tuâs mir zuliebe.«
Sie wuÃte, daà ihre Stimme dürr und leer wie Spreu klingen würde, aber er wartete immer noch auf ihre Antwort. Es würde die richtige sein müssen.
Sie räusperte sich und schickte ein StoÃgebet gen Himmel.
»Du bist beschnitten.«
Er sah sie lange und eindringlich an, ehe er ihr Handgelenk freigab. Am liebsten wäre sie vor Erleichterung zu Boden gesunken. Ihr war schwindlig vor Freude; sie hätte jauchzen mögen, so euphorisch war sie über die gewährte Gnadenfrist.
Sie nahm Kevin auf, gab ihm einen Gutenachtkuà und legte ihn wieder in sein Ställchen. Da sie ihn vor ihrem Bad gestillt hatte, würde er wohl bald einschlafen. Sie deckte ihn mit einem Baumwolltuch zu.
Als sie sich wieder aufrichtete und umdrehte, stand er beunruhigend dicht hinter ihr. Er faÃte sie an den Schultern. Seine Augen wanderten über ihr Gesicht, dann über ihr Haar.
»Warum hast du es abgeschnitten?«
»Sieht es so schrecklich aus?« fragte sie betroffen.
»Verglichen mit vorher sieht es ziemlich schlimm aus, ja. Warum hast du dir das antun müssen?«
»Ich habe dir doch gesagt, daà...«
»Du hast mir nicht die Wahrheit gesagt, Kendall. Wenn dich die Haare im Nacken gestört hätten, hättest du sie hochbinden können. Statt dessen hast du dich verstümmelt. Warum?« Er sah sie streng und skeptisch an. »Du wolltest dich heute absetzen, stimmtâs?«
»Nein!«
»Hör auf, mich anzulügen. Wenn du nur Lügen erzählen kannst, dann sag lieber gar nichts.« Er zog sie heftig an sich. »Denn allmählich wünsche ich mir, deine Lügen wären wahr. Ich begehre dich so sehr, daà ich wünschte, wir wären verheiratet. Ich wünschte ... ach, Mist.« Er küÃte sie leidenschaftlich und gierig.
Kendall lieà sich küssen, lieà es sogar geschehen, daà sie seinen Kuà erwiderte. Plötzlich gestand sie sich ein, was ihr Gewissen schon seit Tagen zu leugnen versuchte â daà sie ihn ebenso begehrte, wie er offenbar sie. Ursprünglich hatte sie ihn für all das gefürchtet und gehaÃt, wofür er stand. Sie war so geblendet von ihrer Abneigung, daà sie ihn als Menschen gar nicht mehr wahrgenommen hatte. Aber seit sie mit ihm in einem Haus lebte und an seiner Seite schlief, konnte sie sich seiner Anziehungskraft nicht länger entziehen. Sie hatte geglaubt, sie sei immun gegen seine â und ihre â Sinnlichkeit, aber im Gegenteil ...
Und sie begehrte ihn nicht nur mit ihrem Körper. Seine Verletzungen mochten bald heilen, doch in seiner Psyche hatte sie tiefe Wunden entdeckt, die immer noch der Pflege bedurften. Auch wenn er davon wahrscheinlich nichts wuÃte und sich bestimmt nie darüber auslassen würde, sprach er dadurch ihren Fürsorgeinstinkt an. Sie wollte, daà dieser gehetzte Ausdruck aus seinen Augen verschwand.
Mit jedem Tag, jeder Stunde hatten sie sich auf diesen Augenblick zubewegt. Von Anfang an war kein Entkommen möglich gewesen. Jetzt gab sie es auf, dagegen anzukämpfen, und lieà sich einfach fallen.
Da seine Bewegungsfreiheit eingeschränkt war, schloà sie ihn in die Arme und schmiegte sich an ihn. Er stöhnte leise und legte seine Hände auf ihre Brüste.
»Ich möchte dich berühren«, flüsterte er heiser.
Er streichelte ihre Brustwarzen, die sofort fest wurden. Seine Liebkosungen lieÃen Feuchtigkeit durch ihr Nachthemd treten. Er warf einen Blick auf die Milchflecken, dann auf seine nassen Fingerspitzen, und seine Miene verhärtete sich vor Begierde.
Er nahm ihren Kopf in seine groÃen Hände. Seine Daumen strichen über ihre Wangen, über die weichen Lippen. Er senkte seinen Kopf und küÃte sie, diesmal überraschend zärtlich. Sein Mund berührte ihren kaum. Er überschüttete sie mit winzigen Küssen. Jedesmal, wenn sich ihre Lippen trafen, lösten sie sich sofort wieder voneinander, doch allein
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