Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zitadelle des Autarchen

Die Zitadelle des Autarchen

Titel: Die Zitadelle des Autarchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gene Wolfe
Vom Netzwerk:
so recht froh, ’s wär das Ende vom Achtzehnten gewesen, binnen einer Wache hätten wir uns wegen des Geldes gegenseitig umgebracht.«
     

 
Aufmarsch
     
    Vor der Schlacht hatten wir andere Patrouillen oder Tage der Muße. Recht oft bekamen wir gar keine Ascier zu Gesicht oder sahen nur ihre Toten. Wir sollten Deserteure ergreifen und aus unserm Gebiet solche fliegenden Händler und Vagabunden verjagen, die sich am Heer bereicherten; hielten wir sie allerdings für solche Leute, welche die stählerne Kutsche angegriffen hatten, brachten wir sie um, wobei wir sie nicht formell hinrichteten, sondern schlicht vom Sattel aus niederstachen.
    Der Mond nahm zu und hing schon fast wieder wie ein grüner Apfel am Himmel. Erfahrene Kavalleristen erklärten mir, die schlimmsten Schlachten tobten stets bei Vollmond, der angeblich Tollheit auslöst. Ich vermute, der eigentliche Grund liegt darin, daß sein Schein einem General erlaubt, bei Nacht Verstärkung anrücken zu lassen.
    Am Tage der Schlacht rief uns das Horn bei Morgengrauen von unseren Decken. Wir stellten uns im Nebel zu einer krummen Doppelreihe auf, angeführt von Guasacht und dahinter Erblon, der unsere Fahne trug. Ich hatte vermutet, die Frauen würden zurückbleiben – wie sie’s größtenteils getan hatten, als wir auf Patrouille gingen –, aber mehr als die Hälfte zogen den Contus und kamen mit uns. Diejenigen, die Helme besaßen, verstauten darunter ihr Haar, und viele trugen ein Korselett, das ihnen den Busen zusammenschnürte und eine flache Brust verlieh. Dies bemerkte ich zu Mesrop, der mir gegenüber ritt.
    »Könnte Schwierigkeiten mit dem Sold geben«, sagte er.
    »Jemand mit scharfen Augen wird uns zählen, und die Bestimmungen lassen eigentlich nur Männer zu.«
    »Guasacht sagte, heut’ würd’s mehr Geld geben«, erinnerte ich ihn.
    Er räusperte sich und spie, wobei der weiße Speichel in der Morgenluft verschwand, als hätte die Urth selbst ihn verschluckt. »Sie zahlen erst, wenn’s vorbei ist. Ist immer so.«
    Guasacht rief und winkte; Erblon schwenkte die Fahne und los ging’s, daß die Hufe dröhnten wie hundertfacher Trommelwirbel. Ich sagte: »So sparen sie sich den Sold bei denjenigen, die auf dem Feld fallen.«
    »Sie zahlen dreifach – zum ersten, weil er gekämpft hat, zum zweiten Blutgeld und zum dritten Entlassungsgeld.«
    »Oder auch, weil sie gekämpft hat.«
    Mesrop spuckte noch einmal.
     
    Wir ritten ein Stück und hielten dann an einer Stelle an, die sich offenbar nicht von der Umgebung unterschied. Als die Kolonne verstummte, vernahm ich aus den Bergen um uns herum ein Rauschen oder Brummen. Eine versprengte Truppe, sicherlich zu sanitären Zwecken aufgelöst oder um dem ascischen Feind kein dichtes Ziel zu bieten, sammelte sich nun wieder, gleichsam wie sich in der steinernen Stadt die Teilchen zu den Leibern der wiedererweckten Tänzer zusammengefügt hatten.
    Nicht unbemerkt. Gleichsam wie uns damals vor der Ankunft in jener Stadt die Raubvögel gefolgt waren, so zogen nun fünfarmige Gebilde hinter uns her, die sich wie Räder drehten und über den verstreuten Wolken schwebten, welche sich im flachen Stein des Morgenrots auflösten und verblaßten. Als sie am höchsten flogen, wirkten sie noch grau; aber als sie sich auf uns niedersenkten, sah ich, daß sie von einer Farbe waren, die ich nicht anders beschreiben könnte, als daß sie sich zu Achromatin genauso verhielte wie Gold zu Gelb oder Silber zu Weiß. Ihr Kreiselflug ließ die Luft erbeben.
    Ein anderes, das wir noch nicht bemerkt hatten, näherte sich uns, kaum höher als die Baumwipfel, von vorn. Jede Speiche war von der Länge eines Turms, von Pforten und Luken durchbrochen. Obgleich es flach in der Luft lag, schien es zu schreiten. Der Luftzug, den es verursachte, schlug uns entgegen, als wollte er die Bäume wegblasen. Mein Schecke wieherte und scheute, wie auch viele andere Renner, wovon viele stürzten in diesem seltsamen Wind.
    Binnen eines Herzschlags war es vorüber. Die Blätter, die wie Schneeflocken durch die Luft gewirbelt waren, fielen auf den Boden. Guasacht rief, und Erblon stieß ins Horn und schwenkte die Fahne. Ich bekam den Schecken in meine Gewalt und galoppierte von Streitroß zu Streitroß, um sie bei den Nüstern zu packen, bis ihre Reiter sie wieder im Griff hatten.
    Ich rettete auf diese Weise Daria, die – ich hatte es gar nicht gewußt – auch in der Kolonne war. Sie wirkte sehr hübsch und jungenhaft in ihrer Verkleidung

Weitere Kostenlose Bücher