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Die Zuflucht

Die Zuflucht

Titel: Die Zuflucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Aguirre
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erwidern konnte, trieb der Vorarbeiter uns an, und wir machten uns wieder an die Arbeit. Zwei Tage vergingen so, erfüllt von geisttötender Schufterei und bangen Gedanken an die Zukunft. Dann waren wir endlich bereit, nach Erlösung zurückzukehren. Die Wagen waren voll beladen, und die Maultiere bockten unter der schweren Last. Ich würde diese Karawane mit meinem Leben verteidigen, und das nicht nur, weil Tegan dabei war.
    Als die Wagen sich schließlich in Bewegung setzten und ich den Schrei des Wachpostens hörte, wusste ich es. Es war, als wäre in diesem Moment ein Teil von mir gestorben.
    Darauf hatten sie also die ganze Zeit über gewartet. Sie hatten unsere Felder verwüstet, und wir hatten diesen Vorposten errichtet. Von da an waren sie wegen unserer Gewehre nicht mehr nahe genug herangekommen. Also hatten sie den Sommer über abgewartet, hatten von nah und fern Verstärkung geholt und sich zu einer gigantischen Horde zusammengerottet. Mit einem einzigen tödlichen Schlag würden sie unsere gesamte Ernte vernichten und uns aushungern, wenn sie nicht gleich die ganze Stadt überrannten. Was ihnen bei dieser Anzahl allerdings gelingen dürfte, auch wenn sie noch nicht genau wussten, wie sie es anstellen sollten.
    » Sie greifen an!«, brüllte der Wachposten. » Erbarmen, der Himmel steh uns bei! Erbarmen!« Ich glaubte nicht, dass er überhaupt mitbekam, was er da rief und wie sehr er die anderen damit in Panik versetzte, die nicht sehen konnten, was er von seinem Turm aus sah. » Der ganze Horizont ist schwarz von ihnen!«
    » Halt die Klappe!«, bellte Draufgänger, und er gehorchte.
    Weitere Befehle folgten. » Wir haben nicht genug Leute, wir sind zu wenige Bewacher für zu viele Wagen, aber ich will, dass ihr alle kämpft wie noch nie zuvor in eurem Leben. Jagt sie zum Teufel. Schützt die Wagen um jeden Preis. Habt ihr mich verstanden? «
    » Ja, Sir«, kam die zögerliche Antwort.
    Ich zog meine Messer und ging auf die mir zugewiesene Position. Die besten Schützen übernahmen die Nachhut, um so viele Angreifer wie möglich zu erledigen, bevor uns die erste Welle erreichte.
    Die Pflanzer, die das Pech gehabt hatten, heute noch einmal rausgeschickt zu werden, rannten um ihr Leben. Das Herz schlug mir bis zum Hals, als ich Tegan hinterherschaute. Sie konnte nicht schnell laufen wegen ihres Beins, aber ich sah erleichtert, dass der Vorarbeiter ihr half. Wenn sie es schafften, musste ich mir wenigstens um Tegan keine Sorgen mehr machen. Es war ein ganzes Stück, aber falls die Freaks keine Trupps vorausgeschickt hatten, um uns in die Flanke zu fallen, standen ihre Chancen gut.
    Schüsse knallten, und ich wirbelte herum, folgte im Rückwärtsgehen dem Wagentross. Da sah ich die erste Welle. Es waren so viele, so entsetzlich viele. Ein kalter Schauder erschütterte mich bis ins Mark.
    Diesmal können wir nicht gewinnen, diesmal nicht …
    Nicht mit dieser Einstellung . Um ein Haar hätte ich mich nach Seide umgesehen, aber ich wusste, sie war nicht hier. Sie war die Stimme meines Jägerinnen-Ichs, das mich anspornte, wenn ich allen Mut verlor.
    Die Kutscher zerrten wie wild an den Geschirren der Maultiere, um sie anzutreiben. Blut spritzte aus den Brustkörben der Freaks, als sie zu Boden fielen– Draufgänger hatte die Schützen angewiesen, auf die Mitte des Körpers zu zielen. » Keine Kunstschüsse«, hatte er ihnen eingeschärft. » Knallt sie einfach ab.« Manchmal erinnerte er mich an Seide, nur dass er unendlich viel gütiger war.
    Ich nahm Miles’ Gewehr von der Schulter. Es würde nie meine Lieblingswaffe werden, aber ich leistete meinen Beitrag, feuerte wieder und wieder und lud mit zitternden Händen nach. Meine Schulter schmerzte vom Rückstoß, aber ich kämpfte weiter. Fünf, sechs, sieben hatte ich erledigt, und die anderen Wachen auch, aber es schienen unendlich viele zu sein. Wie ein einziger riesiger Schlund jagten sie auf uns zu, während die Wagen holpernd Richtung Erlösung rollten. Wenn wir die Monster lange genug in Schach halten konnten und es ihnen nicht gelang, die Pflanzer in die Zange zu nehmen, könnten die Wagen es schaffen.
    Selbst wenn es uns das Leben kostet .
    Ich war froh, dass Draufgänger Bleich und Pirscher vorausgeschickt hatte. Mittlerweile musste auch Tegan das Tor erreicht haben. Es gab niemanden mehr, um den ich mich sorgen musste, und alle Angst fiel von mir ab. Vollkommen ruhig konzentrierte ich mich, blendete jeden Schmerz und jede Ablenkung aus.
    Du musst

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