Die Zuflucht der Drachen - Roman
zwei Köpfen getötet habe.«
Mara trat vor, richtete sich zu voller Größe auf und hielt den Kopf hoch erhoben. Ihre Körpersprache war trotzig, wie zum Kampf bereit, und sie sprach mit ernster, volltönender Altstimme. »Ich bin Mara Tabares. Ich sollte gerade von meiner Mutter das Verwalteramt der Verlorenen Mesa übernehmen, als das Reservat fiel und meine Mutter getötet wurde. Bei dieser Tragödie spielte ein Drache eine Schlüsselrolle, ebenso wie ein Spion der Gesellschaft. Ich hatte immer eine ungewöhnlich enge Beziehung zu wilden Tieren. Ich bin eine geschickte Fährtensucherin und Beobachterin der Winde. Manche sagen, ich hätte das Zeug zu einer Drachenzähmerin.« Sie verstummte.
»Du hast mehr als nur das Zeug dazu«, ergänzte Trask. »Ich habe im Oktober mit Mara in Steilklipp gearbeitet, und sie ist während eines langen Gesprächs mit zwei heranwachsenden Drachen vollkommen ruhig geblieben. Keine geringe Leistung. Aber ich will die Runde nicht unterbrechen. Gavin?«
Gavin rieb sich den Nacken, richtete den Blick auf den Boden und hob ihn nur ein-, zweimal. »Ihr wisst wohl alle, dass mein Dad Charlie Rose war. Ich b-b-bin hauptsächlich im Drachensanktuarium Frosthöhe im Himalaja aufgewachsen. Mein Dad hatte eine enge Beziehung zu den Drachen dort. Nachdem meine Mom bei meiner Geburt gestorben war, hat er dafür gesorgt, dass ich als Drachenbruder akzeptiert wurde. Es ist etwas Ähnliches wie bei Kendra, die von Feenart ist – die Drachen haben mich als einen der ihren angenommen und einen Teil ihrer Macht mit mir geteilt. Ich kann i-i-i-ihre Sprache sprechen. Würde ein Drache mich töten, würde er genauso zur Verantwortung gezogen, als hätte er einen anderen Drachen erschlagen. Mein Status als Drachenbruder wirkt sich sogar körperlich aus – ich bin ein wenig stärker und sch-schneller, als ich aussehe.« Er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. »Seit s-sehr langer Zeit hat es keinen Drachenbruder mehr gegeben. Mein Dad hat sich Sorgen gemacht, dass meine Fähigkeiten mich zu einer Zielscheibe machen würden, also hat er mich vor aller Welt geheim gehalten. Nachdem er getötet worden war, hat mich Arlin, der beste Freund meines Dads, zu den Rittern gebracht. Da der Sphinx die Ritter anführte, als ich ihnen beitrat, w-wusste er im Wesentlichen darüber Bescheid, wozu ich imstande bin, und wir sind uns z-z-ziemlich sicher, dass die Gesellschaft erraten hat, was ich bin. Aber für den Fall, dass sie nicht alles wissen, versuchen wir immer noch, die Tatsache möglichst u-unter Verschluss zu halten.«
Trask erhob sich. »Danke für die freimütigen Worte. Wie ihr seht, haben wir eine beeindruckende Truppe versammelt. Ihr seid alle zumindest einmal einem Drachen begegnet, obwohl ein paar von euch noch nie in einem Drachensanktuarium waren. Nun lasst mich noch einige Gedanken zum Thema Drachen ausführen, und dann werden wir zu Bett gehen. Gavin, tu dir keinen Zwang an, wenn du etwas hinzuzufügen hast. Drachen sind magisch von den Spitzen ihrer Reißzähne bis zu ihrem Schwanzende. Die alten Exemplare gehören zu den ältesten Geschöpfen auf diesem Planeten. Hochintelligent, haben sie ihre eigenen einzigartigen Sprachen, sprechen aber häufig hunderte weitere. Keine zwei Drachen sind gleich. Sie haben unterschiedliche Erscheinungsbilder, können ihren Atem auf verschiedene Weise als Waffe einsetzen und haben charakteristische Fähigkeiten im Wirken von Zaubern. Ganz so wie bei den Menschen gibt es bei Drachen eine breite Palette von Persönlichkeiten. Einige sind gerecht. Andere sind böse. Die Verständigung mit Drachen ist schwierig. Sie verströmen lähmende Angst. In Gegenwart eines Drachen können die meisten Menschen keinen einzigen Muskel mehr bewegen, nicht einmal ihre Zunge. Mit der Ausnahme von Gavin solltet ihr niemals versuchen, einem Drachen in die Augen zu sehen. Wenn ihr das tut, werdet ihr in Trance fallen und euch nicht mehr wehren können. Da Drachen es nicht gewohnt sind, mit anderen Geschöpfen zu kommunizieren, überlebt man eine Begegnung mit einem Drachen am besten, indem man sie in ein intelligentes Gespräch verwickelt. Das finden sie amüsant und verschonen dann oft das Leben ihres Gegenübers. Drachensanktuarien sind anders als andere Reservate, die ihr vielleicht besucht habt. Dem Verwalter, der zugleich Torhüter ist, wird im Allgemeinen ein gewisser Schutz gewährt. Darüber hinaus gibt es keinen besonderen Schutz für Besucher. Für jene von uns, die sich
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