Die Zuflucht der Drachen - Roman
Horn in der Innentasche ihres Mantels.
Nachdem ihre Habe verstaut war, folgten Kendra und die anderen Simrin durch eine höhlenartige Halle, in deren Dachsparren Krähen nisteten. Die Schlangenfrau war kleiner als Kendra und bewegte sich mit fließend gleitenden Schritten. Sie führte sie durch eine Tür am Ende der Halle, zwei Treppen hinauf und durch einen überdachten Durchgang zu einem angrenzenden Gebäude. Kendra spähte durch ein Fenster in einen von Farnen, Büschen und knorrigen Bäumen überwucherten Innenhof. Mit Flechten bewachsene, beschädigte Statuen, deren marmorne Gesichter fast völlig verwittert waren, wachten über die Vegetation.
Simrin führte sie einige weitere Stufen hinauf und durch eine große Doppeltür in einen schmalen Raum mit einem Tonnengewölbe als Decke. Das Tageslicht fiel durch spitzbogige Bleiglasfenster auf einen langen Steintisch mit je zwölf Stühlen an jeder Seite. Am Kopfende, in dem größten, am kunstvollsten gearbeiteten Stuhl, saß ein rundlicher, älterer Mann, dessen grauer Bart ihm bis auf den Schoß wallte. Ein schwarzer, mit Zobel besetzter Umhang hing von seinen vornübergebeugten Schultern und bedeckte den größten Teil der seidigen roten Gewänder darunter. Juwelenbesetzte Ringe schmückten jeden seiner Finger. Er aß rohe Fleischbrocken aus einem ausgehöhlten Kanten zähen, dunklen Brotes.
Der alte Mann deutete auf die Stühle, die ihm am nächsten standen. »Bitte leistet mir Gesellschaft«, lud er sie ein und leckte sich die Daumen ab.
Trask und Dougan wählten die Stühle, die am nächsten bei dem alten Mann standen, und alle nahmen Platz. »Sind Sie Agad?«, fragte Trask.
»Ich bin Agad, der Hüter von Wyrmroost.« Der alte Mann tauchte die Finger in eine Holzschale mit Wasser und wischte sie an einer Serviette ab. »Ihr sucht den Schlüssel, den Patton Burgess hier hinterlegt hat.«
Dougan und Trask schwiegen, und der bärtige Mann musterte sie kühl. »Richtig«, sagte Dougan endlich.
Agad nahm einen Schluck aus einem schweren Kelch. »Patton war ein Freund dieses Sanktuariums, bis er und ein Helfer ein Drachenei herausgeschmuggelt haben. Die Tat erwies sich als fatal.«
»Ich habe gehört, dass er hier begraben liegt«, platzte Kendra heraus.
Agad warf ihr einen langen Blick zu. »Was nicht allgemein bekannt ist. Aber, ja, seine Knochen ruhen hier in Schwarzbrunnen. Nur Knochen sind von ihm geblieben.« Der alte Mann wandte sich an Trask. »Dies hier ist keine Umgebung für junge Mädchen. Ihr werdet den Schlüssel nicht finden. Mein Rat an euch lautet, sofort wieder zu gehen.«
»Das können wir nicht«, erwiderte Trask. »Wir haben gehofft, das Mädchen und seinen Beschützer hier zurücklassen zu können, während wir Übrigen nach dem Schlüssel suchen.«
»Leider ist das unmöglich«, sagte Agad bedauernd und faltete die Hände. »Um den Frieden mit den Drachen zu wahren, dürfen Besucher nur in der ersten und der letzten Nacht ihres Aufenthalts hier innerhalb der Mauern der Feste Schwarzbrunnen Zuflucht suchen.«
Kendra und Warren wechselten besorgte Blicke.
»Bestimmt können wir für das Kind eine Ausnahme machen«, meinte Dougan.
»Ich fürchte, die Bedingungen unserer Waffenruhe lassen keine Ausnahmen zu«, seufzte Agad. »Wenn ihr jedoch so freundlich sein wollt, würde ich gerne ein wenig mit dem Mädchen allein sprechen.«
»Wir wollten um ein wenig Hilfe bitten, um …«, begann Trask, doch Agad hob abwehrend die Hand.
»Ich beaufsichtige die Feste und bewache das Tor. Ich habe nur wenig mit den Bewohnern dieses Sanktuariums zu tun und so gut wie gar kein Interesse an den Plänen von Besuchern. Die Feen haben sich offensichtlich dieses Kindes angenommen, und ich habe seit langem ein fachliches Interesse an solchen seltenen Vorkommnissen. Eure beste Aussicht darauf, meinen Ratschlag zu erhalten, bestünde darin, uns beide einige Worte unter vier Augen wechseln zu lassen.«
Warren legte Kendra beruhigend eine Hand auf die Schulter und stand auf. »Wie können wir sicher sein, dass …«
»Ich bin der Herr dieser Feste und Hüter dieses Refugiums. Als Besucher ruht euer Leben in meiner Hand. Sie wird bei mir sicherer sein als in eurer Gesellschaft. Ich gelobe, dass ich der jungen Frau nichts Böses will.«
Agad sprach, ohne die Stimme zu heben, aber sein Auftreten duldete keinen Widerspruch.
»Ich werde mit ihm reden«, sagte Kendra. »Geht nur, ich fürchte mich nicht.«
Agad lächelte, als hätten ihre Worte die
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