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Die Zuflucht der Drachen - Roman

Die Zuflucht der Drachen - Roman

Titel: Die Zuflucht der Drachen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Penhaligon Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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zugänglich zu machen, auf jeden Fall erreicht hatte.
    Seth versuchte zu widerstehen, aber die Stimmen waren einfach zu hartnäckig. In einem vergeblichen Versuch, seine Neugier zu unterdrücken, lungerte er mehrere Minuten in der Nähe der Leiter herum und lauschte dem gewisperten Flehen. Der plappernde Chor erinnerte ihn an die Halle des Grauens. Die undeutlichen Stimmen überlagerten einander so sehr, dass die meisten Wörter nur sehr schwer aufzufangen waren. Am häufigsten hörte er »Hunger«, »Durst« und »Erbarmen«.
    Warren hatte darauf vertraut, dass er bleiben würde, wo er war. Seth wollte keinen dummen Fehler machen, nicht hier in Wyrmroost, wo so viel auf dem Spiel stand. Aber seit das Wispern begonnen hatte, war es ihm unmöglich gewesen, es zu ignorieren. Was, wenn die gedämpften Stimmen zu wichtigen Geheimnissen führten, die nur er offenlegen konnte? Dies konnte die Chance sein zu beweisen, dass er seinen Platz im Team verdient hatte.
    Nachdem er die Lederklappe des Rucksacks hochgedrückt hatte, kletterte Seth in das Wachhaus hinaus und versteckte sich leise. Jenseits der Tür lag der dunkle, stille Innenhof. Jetzt, da er sich außerhalb des Rucksacks befand, merkte Seth, dass das leise Stimmengewirr aus einer einzigen Richtung kam, von einem Ort tief in der Feste.
    Dicht an der Mauer entlang schlich Seth in den düsteren Innenhof, und sein Blick wanderte zum sternenbesetzten Firmament hinauf. Angesichts der Dunkelheit sollte er als Schattenwandler nahezu unsichtbar sein. Den Rucksack zu verlassen, war ein Risiko, aber die Aussicht, nützliche Informationen über das Sanktuarium zu bekommen, war einfach zu verlockend. Vielleicht konnte er sogar ein Bündnis mit einem mächtigen Wesen schließen. Verzweifelte Situationen verlangten bisweilen gewagte Schritte.
    Und wenn Seth ganz ehrlich zu sich war, so bot das Ganze zumindest einen einigermaßen guten Vorwand, um aus dem stickigen Abstellraum herauszukommen. Er merkte bereits, wie die frische Bergluft seine Lebensgeister weckte.
    Geschlossene Fallgitter und eine hochgezogene Zugbrücke versperrten jeden Weg aus den Burgmauern. Gegenüber dem Eingangstor ragte, im Sternenlicht nur schwach sichtbar, das Hauptgebäude auf, das nur durch eine einzige, massive Tür zugänglich war. Immer in der Nähe der Mauern und stets angespannt und wachsam, nahm Seth den langen Weg um den Innenhof herum, bis er die eisenbeschlagene Tür erreichte. Zu seiner großen Freude fand er sie unverschlossen.
    In dem höhlenartigen Raum dahinter überlegte Seth, ob er seine Taschenlampe herausnehmen sollte. Es war zu dunkel, um etwas sehen zu können, aber er kam zu dem Schluss, dass selbst gedämpftes Licht zu riskant war. Statt sich mit Hilfe der Augen zu orientieren, folgte er dem wirren Geplapper. Während er langsam durch den Raum schlich, wurden die Stimmen immer lauter. Gelegentlich stieß er mit den Schienbeinen, den Zehen oder seinen ausgestreckten Händen gegen unsichtbare Hindernisse.
    Schließlich erreichte Seth eine Wand und dann eine Tür. Er riskierte es, kurz die Taschenlampe anzuknipsen, wobei er die Leuchtfläche mit der Hand abdeckte, und fand eine Treppe, die nach oben ging. Eine weitere führte nach unten. Das Flüstern kam definitiv aus einem der unteren Teile des Gebäudes. Vielleicht hatte die Festung einen Kerker, so wie in Fabelheim.
    Als er ein beunruhigendes Scharren von oben hörte, schaltete Seth seine Taschenlampe aus und drückte sich mit dem Rücken gegen die Wand. Das schlurfende Geräusch hatte gespenstisch geklungen. Einen Moment später hörte er leise Schritte, die vorsichtig die Treppe herunterkamen. Die unsichtbare Person erreichte die unterste Stufe und blieb dann stehen. Seth konnte gleichmäßiges Atmen hören.
    »Sie waren auf dem Friedhof«, flüsterte eine Stimme, »und haben Pattons Grab aufgegraben.«
    »Haben sie irgendetwas herausgenommen?«, erwiderte eine gedämpfte Frauenstimme.
    »Nein. Sie schienen nach Markierungen auf dem Grabstein zu suchen.«
    »Sind sie auf ihre Zimmer zurückgekehrt?«
    »Soweit ich das erkennen konnte, ja.«
    »Halte die Augen offen. Ich werde ihren Flügel überprüfen.«
    Seth hielt nervös die Taschenlampe umklammert und blieb regungslos in der Dunkelheit stehen. Dem Klang der Stimmen nach konnten das die Schlangendame und der Minotaurus gewesen sein, die Warren ihm beschrieben hatte. Aber sicher war er nicht. Er hörte, wie sich die Schritte wieder entfernten.
    Sobald er davon ausgehen

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