Die Zuflucht der Drachen - Roman
Erste, der redet, verliert. Ich muss mal einen Moment nachdenken.«
Seth knipste die Taschenlampe wieder an und leuchtete auf die rostige Kette. Voll ausgerollt würde sie tief in das Loch hinunterreichen. Er würde sie hinablassen können, aber sie war viel zu schwer, als dass er sie allein wieder herausziehen konnte. Er ging um das Loch herum. Keines der unsichtbaren Wesen sprach. Seths Eltern spielten manchmal das Schweigespiel mit ihm, wenn sie zusammen im Auto unterwegs waren. Hier hatte er dem Gewinner nicht einmal eine Belohnung versprechen müssen!
»Gut, ich habe einige Fragen«, ergriff Seth wieder das Wort. »Ich brauche einen einzigen Sprecher, der antwortet.«
»Nimm mich«, bot sich eine eifrige Stimme an.
»In Ordnung. Wir sind hier in einem Drachensanktuarium. Was wisst ihr über Wyrmroost?«
Einen Moment lang kam keine Antwort. »Wir wissen wenig über Sanktuarien. Aber wir können Drachen töten. Wir werden für dich hunderte von Drachen erschlagen. Ihre Schätze werden deine Wohnstatt schmücken. Kein Feind soll dir Widerstand leisten können. Gib uns die Kette.«
»Ich habe das Gefühl, wenn ich die Kette hinunterlasse, werdet ihr heraufkommen und mich auffressen.«
»Damit liegst du ziemlich nahe an der Wahrheit«, ertönte eine Stimme hinter Seth.
Die Bemerkung erschreckte ihn so sehr, dass er beinah in das Loch gesprungen wäre. Die Taschenlampe entglitt seinem Griff und fiel kreiselnd in die Finsternis hinab. Zweimal prallte sie im Fallen gegen die Schachtwände. Das Licht verschwand schließlich, ohne dass Seth auf den Grund hätte blicken können und ohne jedes Aufschlaggeräusch.
Eine Fackel flammte auf und vertrieb die kurzzeitige Dunkelheit im Raum. Ein alter Mann mit einem langen Bart und einem schweren Umhang hielt die Flamme hoch erhoben.
Seth wich von dem gähnenden Loch zurück. »Sie müssen Agad sein«, sagte er. »Ich hätte fast einen Herzinfarkt bekommen.«
»Und du musst der Eindringling aus dem Rucksack sein«, erwiderte Agad. »Camarat konnte dich wahrnehmen, zusammen mit einem Einsiedlertroll und einem seltsamen Automatenwesen. Der Drache hatte recht. Du bist jung, und du bist ein Schattenschmeichler.«
»Ich führe nichts Böses im Schilde.«
Eines von Agads Augen zuckte. »Interessant, dass der erste Ort, den du aufgesucht hast, der Schwarzbrunnen war.«
»Ich bin dem Flüstern gefolgt. Ich bin noch nicht lange ein Schattenschmeichler.«
»Nun ja, dies ist bei weitem der gefährlichste Raum in der Feste und wahrscheinlich einer der gefährlichsten im ganzen Sanktuarium. Ich habe mir schon gedacht, dass es dich vielleicht hierherziehen würde. Patton hat mir erzählt, dass du zu Dummheiten neigst, obwohl er versäumte zu erwähnen, dass du ein Schattenschmeichler im Vollbesitz seiner Fähigkeiten bist!«
»Patton hat von mir gesprochen?«, fragte Seth.
»Er hat gemeint, ich solle damit rechnen, dass ihr hier auftauchen würdet – sowohl du als auch das Mädchen. Ich würde ja gern davon ausgehen, dass du die Kette nicht hinabgelassen hättest.«
»Die Kette? Auf keinen Fall! Machen Sie Witze? Ich habe nur gehofft, von denen da unten Informationen oder so zu bekommen.«
Agad ging zu einem der aufgerollten Kettenhaufen und setzte sich darauf. Er machte ein Zeichen mit der Fackel, und Seth setzte sich ebenfalls. »Die Wesen im Schwarzbrunnen würden alles sagen, um ihre Freiheit zu erlangen, aber dann würden sich ihre Versprechen sofort in Luft auflösen. Lass dich nicht auf Verhandlungen mit derartigen Wesen ein, Seth. Sie geben nicht. Sie wissen nur, wie man nimmt.«
»Warum gibt es hier überhaupt eine Kette?«
Die Frage trug Seth ein widerstrebendes Lächeln ein. »Wenn man weiß, wie man mit ihnen umgehen, sie leiten und sie vorübergehend und unter strengen Auflagen freilassen kann, haben die Bewohner des Schwarzbrunnens ihren Nutzen. Aber selbst ich würde nur als absolut letztes Mittel auf sie zurückgreifen.«
»In Zukunft sollten Sie die Tür vielleicht abschließen.«
Agads Lächeln wurde breiter. »Ich habe den Raum in Erwartung deines Besuchs offen gelassen. Und um die Wahrheit zu sagen, sind wir beide die einzigen Wesen in der Feste Schwarzbrunnen, die den Raum betreten können, verschlossen oder nicht. Eine durchdringende Angst, die mächtiger ist als die Furcht vor Drachen, schützt den Schwarzbrunnen vor Unwürdigen.«
»Könnte ich lernen, diese Wesen zu kontrollieren?«
Der Zauberer musterte ihn. »Vielleicht. Aber solltest du
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