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Die Zuflucht der Drachen - Roman

Die Zuflucht der Drachen - Roman

Titel: Die Zuflucht der Drachen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Penhaligon Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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machte.
    »Kommen«, sagte Hugo und streckte einen steinigen Arm aus.
    Seth ergriff den Arm, und Hugo hob ihn auf seine Schulter. Seth mochte die Satyre, aber er war erleichtert, ihrer Gesellschaft entronnen zu sein. Das Gespräch war zu ernst geworden, sobald das Thema auf Kendra gekommen war. Er wünschte, er könnte allen, die er je kennengelernt hatte, in einer allgemeinen Bekanntmachung verkünden, dass seine Schwester tot war und er einige Zeit brauchen würde, um damit fertigzuwerden. Jedem, dem er begegnete, einzeln von der Tragödie berichten zu müssen, verstärkte den Schmerz nur. Vielleicht konnte er, während er mit Hugo spielte, den Verlust endlich für eine Weile vergessen.
    Der Golem stapfte über die für die Jahreszeit so gänzlich untypisch grüne Gartenwiese und näherte sich einem großen Baum in der gegenüberliegenden Ecke. Seth erkannte ihn als die Stelle, wo früher das Baumhaus gewesen war, bevor er die Feen gegen sich aufgebracht hatte und sie das Baumhaus mitsamt ihm darin heruntergerissen hatten. Die Trümmer waren vor langer Zeit weggeräumt worden, aber jetzt sah Seth, dass jemand ein neues Baumhaus gebaut hatte, größer und stabiler als das vorige und mit zwei dicken Stützpfeilern verstärkt.
    »Bauen«, sagte Hugo und zeigte auf das Baumhaus.
    »Du hast es wieder aufgebaut?«, fragte Seth. Wie konnte er mit seinen riesigen Pranken nur die Werkzeuge handhaben, die nötig waren, um so etwas wie ein Baumhaus zu bauen?
    »Seth … schauen«, erklärte Hugo, hob Seth hoch und setzte ihn auf das schmale Holzsims vor einer Tür an der Seite des Baumhauses.
    Seth ging hinein. Es gab nur wenige Möbelstücke, aber der Innenraum war geräumig. Der Boden schien stabil, und die Wände waren dick. In der Mitte stand ein alter Eisenofen mit einem Abzugsrohr, das durch das Dach ragte. Da der Golem viel zu groß war, um hereinzukommen, blieb Seth nicht lange im Inneren des Baumhauses. Er rollte die Strickleiter an der Tür aus und kletterte nach unten.
    »Hugo, das ist das tollste Versteck aller Zeiten!«
    »Glücklich«, meinte Hugo, und Seth umarmte ihn, wobei er seine Taille kaum halb umfangen konnte. Der Golem tätschelte ihm die Schulter.
    Seth trat einen Schritt zurück. »Hast du es allein gebaut?«
    »Hugo … Idee. Stan … helfen.«
    »Lass uns zum Haus rübergehen. Ich will mich auch bei Opa bedanken.«
    Hugo nahm Seth und lief mit ihm zum Haus hinüber, wo er ihn vor der Veranda absetzte.
    Seth stürmte hinein. »Hugo kann so gut sprechen!«, rief er von der Hintertür aus, obwohl er noch niemanden sehen konnte. »Er hat mir das Baumhaus gezeigt! Hallo?«
    Er hörte ein schwaches Hämmern. Das Geräusch schien aus dem Keller zu kommen. Waren alle unten im Kerker?
    Als Seth die Tür zum Keller öffnete, wurde das Hämmern lauter. Jemand schlug von innen gegen die Tür am Fuß der Treppe. Gedämpft durch die schwere Tür, die in den Kerker führte, hörte er eine Frauenstimme rufen. »Dale! Stan! Hallo! Ruth! Tanu! Hilfe! Hört mich irgendjemand? Hallo!«
    Seth rannte die Treppe hinunter. »Vanessa?«
    »Seth? Hol deine Großeltern. Beeil dich!«
    »Wieso sind Sie nicht in der Stillen Kiste?«
    »Keine Zeit für Erklärungen. Ihr habt einen Spion unter euch. Beeil dich, bring sie schnell her!«
    Seth drehte sich um und lief die Treppe hinauf. In seinem Kopf überschlugen sich die Gedanken. Wie konnte es sein, dass Vanessa nicht mehr in der Stillen Kiste war? Wurde sie nicht mehr dort gefangen gehalten? Hatten seine Großeltern gelogen? Konnte sie es gewesen sein, die Kendra kontrolliert hatte? Der Gedanke war doch lächerlich, oder?
    Er flitzte durch die Küche, erreichte die Eingangshalle und rannte ins erste Stockwerk hinauf. »Opa! Oma! Hallo?«
    Immer noch keine Antwort.
    Er lief durch das Zimmer seiner Großeltern ins Badezimmer und öffnete dort eine Tür. Statt eines Badezimmerschranks befand sich dahinter eine Stahltür mit einem großen Kombinationsschloss mit Drehscheibe. Seth stellte die Zahlen ein, die er sich vergangenen Sommer eingeprägt hatte, riss an einem Hebel, und die schwere Tür schwang auf.
    »Hallo?«, rief Seth die Treppe zu der geheimen Seite des Dachbodens hinauf.
    »Seth?«, erklang Opas Stimme.
    »Vanessa hat die Stille Kiste verlassen«, erklärte Seth. »Sie will mit euch reden.«
    Er hörte Schritte. Opa, Oma und Tanu kamen die Treppe heruntergeeilt.
    »Was habt ihr gerade gemacht?«, fragte Seth.
    »Wir hatten eine Versammlung«, antwortete Oma. »Wo ist

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