Die Zuflucht der Drachen - Roman
wir das Artefakt in unseren Besitz bringen, wie sollten wir je ein besseres Versteck finden?«
»Überhaupt nicht«, erwiderte Opa. »Wir haben jetzt die Informationen, die wir gesucht haben. Lasst uns zurückgehen und nach deinem Bruder sehen.«
KAPITEL 10
Das Hotel
S chneeflocken, von böigen Winden gepeitscht, schlugen stumm gegen das Dachbodenfenster. Pulvrige Verwehungen bedeckten die unteren Scheiben. Seth ging auf und ab, spielte mit einem Gummiball und konnte einfach nicht aufhören, über die geisterhaften Stimmen nachzudenken, die zu ihm gesprochen hatten. Es war schwer für ihn zu entscheiden, ob er Angst haben oder fasziniert sein sollte.
Seth hörte Schritte die Treppe heraufkommen. Die Tür wurde geöffnet, und Opa trat ein.
»Habt ihr etwas über die Artefakte herausbekommen?«, fragte Seth.
»Ja. Eine Botschaft betraf den Okulus. Die andere drehte sich um ein Artefakt, das noch unentdeckt geblieben ist. Wie fühlst du dich?«
Seth ließ den Ball hüpfen. »Gut. Irgendwie komisch. Keine Ahnung.«
»Komm, setzen wir uns.« Opa nahm auf einem der zwei Betten Platz, und Seth ließ sich auf das andere fallen. »Was im Kerker passiert ist, hat dich offensichtlich durcheinandergebracht.«
Seth ließ den Ball aufspringen und gab ihm einen speziellen Effet, damit er zu ihm zurückhüpfte. »Das kannst du laut sagen.«
»Ich würde meinen, geisterhafte Stimmen zu hören, wäre für dich ein aufregendes Erlebnis.« Opa sah ihn forschend an.
»Ist es ja auch. Ich meine, es ist wirklich cool, dass ich sie hören konnte. Sie haben mir angeboten, mir zu dienen, und ein Teil von mir hätte schrecklich gern so einen Zombiediener. Wer hätte das nicht? Aber es schien mir einfach falsch. Zu unheimlich. Opa, was ist, wenn die Vernichtung des Wiedergängers mich böse gemacht hat? Ich habe keine Angst vor tödlichen Kreaturen. Ich kann unsichtbare Schattenleute sehen. Ich höre das Getuschel deiner unheimlichsten Gefangenen.«
»Dunkle Elemente wahrnehmen zu können, die anderen verborgen bleiben, macht dich nicht böse«, erklärte Opa entschieden. »Noch macht es dich böse, dass du Mut hast. Wir alle besitzen verschiedene Gaben und Fähigkeiten. Erst wie wir diese Gaben nutzen, bestimmt, wer wir sind.«
»Ich habe keine Furcht empfunden«, erzählte Seth weiter. »Jedenfalls keine, die mich gelähmt hätte. Die Stimmen waren unheimlich, aber ich könnte mich dran gewöhnen. Das ist es, was mir Angst macht. Die Stimmen haben mir die ganze Zeit über geschmeichelt, haben mich weise und mächtig genannt. Ich will keine Phantome, die mich bewundern! Ich bin mir sicher, das Phantom hatte irgendeinen fiesen Trick mit mir vor. Ich weiß nicht, ob ich mir selbst trauen kann, Opa. Ich wollte in die Zelle spähen. Wenn ihr nicht da gewesen wärt, hätte ich es wahrscheinlich getan!«
»Du warst schon immer ein wenig neugierig«, erwiderte Opa. »Neugierde macht dich nicht böse. Noch machen dich schmeichelnde Worte von finsteren Wesen böse. Das Gespenst hat gehofft, sich deiner bedienen zu können, um freizukommen. Mehr nicht. Dieser Dämon hätte alles gesagt, um dich zu überreden.«
»Das Schlimmste ist, dass ich wirklich neugierig bin. So krank es klingt, ich würde liebend gern hingehen und mehr von dem hören, was das Gespenst zu sagen hat. Nicht weil ich die Absicht habe, es freizulassen. Es ist einfach interessant. Verstehst du, warum ich mir selbst nicht trauen kann? Ich würde einfach aus Interesse dort runtergehen, und dann würde das Ding wahrscheinlich eine Möglichkeit finden, mich zu überlisten oder zu hypnotisieren, und schon bald würde Fabelheim nur so überschwemmt von bösen Gespenstern.«
»Aber du bist stattdessen hier und denkst über die möglichen Gefahren nach«, sagte Opa. »Du tust, was jeder vernünftige und verantwortungsbewusste Mensch tun sollte. Du darfst nur deiner Neugier nicht erliegen.«
»Warum kann ich sie überhaupt hören?«
»Ganz ehrlich, ich weiß es nicht. Aber ich weiß sehr gut, dass es einen Unterschied zwischen hören und zuhören gibt. Du kannst nicht unbedingt etwas dafür, was du hörst. Aber du kannst kontrollieren, was dein Interesse fesselt, womit du dich näher beschäftigen willst.«
Seth warf den Ball in die Luft und fing ihn wieder auf. »Ich schätze, da ist was Wahres dran. Aber die ganze Sache ist mir immer noch unheimlich.«
»Jetzt, wo wir von dieser Fähigkeit wissen, werden wir dich in Zukunft von ähnlichen Situationen fernhalten. Das ist
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