Die Zuflucht der Drachen - Roman
euch jetzt schon seit einer ganzen Weile. Und ich mag euch. Aber ich weiß nicht so recht. Ich wette, Nero würde euch etwas Gold dafür geben.«
»Sag mal, stehst du auf der Leitung?«, erwiderte Newel zähneknirschend. »Mit Gold können wir uns keine Batterien mehr kaufen.«
»Wir brauchen wirklich Batterien«, flehte Doren. »Wir verpassen so viele Sendungen.«
Seth hatte seine liebe Not, sich ein Lächeln zu verkneifen. Die Satyre waren verzweifelt. Normalerweise verhandelten sie viel geschickter. »Ich werde mal darüber schlafen.«
»Er spielt mit uns«, stellte Doren anklagend fest, die Augen zu grimmigen Schlitzen zusammengekniffen. »Er genießt es. Denn wer wünscht sich schon mehr, ein Ritter zu sein, als Seth Sørensen?«
»Du bist ihm auf die Schliche gekommen«, pflichtete Newel bei und streckte Seth eine Hand hin. »Gib ihn zurück.«
Seth brach in Gelächter aus. »Jetzt macht euch mal locker.«
»Wir haben versucht, ein ernstes Gespräch zu führen«, sagte Newel steif und forderte mit gekrümmten Fingern die Rüstung zurück. »Du hast recht, Seth. Wert ist subjektiv. Da niemand den Panzer haben will, werden wir ihn wieder in die Teergrube werfen.«
Seth räusperte sich und setzte eine ernste Miene auf. »Nach gründlichem Überdenken habe ich beschlossen, euer Angebot anzunehmen.«
»Autsch, Pech gehabt«, bedauerte Doren. »Das Angebot ist gerade abgelaufen.«
Newel entriss Seth den Brustpanzer. »Der Preis ist soeben auf hundertzwanzig Batterien gestiegen. Das ist bestimmt viel mehr als ein uninteressierter Betrachter wie du zu zahlen bereit wäre.«
»Okay, hört zu«, sagte Seth und versuchte, nicht nervös zu klingen. »Der Brustpanzer ist wirklich hübsch. Und er könnte sich als nützlich erweisen. Ich hätte euch nicht foppen sollen. Ich weiß, dass der Mangel an Batterien euch stresst. Mir war nur langweilig, deshalb hab ich mich bemüht, möglichst hart zu verhandeln.«
»Du bist unser einziger Batterienlieferant«, sagte Newel. »Wir haben uns wegen dieser Sache das Gehirn zermartert. Du darfst nicht so mit uns umgehen. Nicht wenn es um Batterien geht.«
»Je mehr wir fernsehen, umso mehr brauchen wir auch«, erklärte Doren.
Seth zog die Augenbrauen hoch. »Vielleicht verbringt ihr zwei zu viel Zeit vor der Glotze. Das macht euch griesgrämig. Opa hat vielleicht doch recht. Vielleicht solltet ihr eine kleine Auszeit nehmen und lernen, die Natur zu schätzen.«
»Wir haben die letzten viertausend Jahre damit verbracht, die Natur zu schätzen«, stöhnte Newel. »Wir kennen sie in- und auswendig. Pflanzen sind hübsch und riechen gut. Aber die viel aufregendere bewusstseinserweiternde Erfahrung ist für uns das spannende Cliffhanger-Finale am Ende einer unserer Lieblingsstaffeln.«
»Na ja, es ist euer Leben«, erwiderte Seth. »Hört mal, natürlich will ich die Rüstung. Aber die Gesellschaft ist hinter uns her wie nie zuvor, also könnte es ein paar Wochen dauern, bevor ich es in einen Laden schaffe. Wenn ihr mir diesen unbezahlbaren Brustpanzer gebt, beschaffe ich euch sobald wie möglich hundertzwanzig Batterien der Größe C.«
»Abgemacht«, sagte Newel und warf Seth den Brustpanzer wieder zu.
»Wir haben ihn mit Riemen versehen, also kannst du ihn auf dem Nachhauseweg tragen«, ergänzte Doren.
»Darf ich jetzt rauskommen?«, fragte jemand hinter Seth.
»Aber klar«, antwortete Newel.
»Verl?«, rief Seth und warf sich in der Hängematte herum.
Der Satyr kam angesprungen, unter dem Arm hatte er einen flachen, rechteckigen Gegenstand. Das geheimnisvolle Stück war in braunes Papier gewickelt. »Ich brauche deine Hilfe.«
»Wo warst du?«, fragte Seth.
»Hinter einer Schneewehe. Newel sagte, ich müsste außer Sicht bleiben, bis sie ein Geschäft mit dir abgeschlossen hätten. Übrigens, was sind eigentlich Batterien?«
»Winzige Zylinder mit großer Kraft«, erläuterte Doren. »Überfordere dein Gehirn nicht.«
»Alles klar«, sagte Verl und schälte das braune Papier von dem Paket in seinen Händen. Es war ein mit Kohle auf Leinwand gezeichnetes Porträt von Kendra und ziemlich groß.
»Wow«, sagte Seth. »Das sieht total realistisch aus. Hast du es selbst gezeichnet?«
»Zusammen mit vielen anderen«, gestand Verl schüchtern. »Zuerst habe ich mich an Bildern von uns beiden zusammen versucht, auf einem Karussell, beim Ruderbootfahren auf einem Kanal, beim Walzertanzen auf einem Ball, aber Doren meinte, ich würde meine Ziele zu hoch stecken.
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