Die Zuflucht
lassen, und ein Kitzeln jagte meine Unterarme hinauf.
» Gefällt es dir hier?«, fragte er.
» In Erlösung oder bei den Oaks?«
» Beides.«
» Es ist alles ganz anders hier, und manche ihrer Regeln ergeben keinen Sinn, aber insgesamtâ¦Â«
» Dann vermisst du also nichts?«
In seinen dunklen Augen stand noch eine andere Frage, und ich schüttelte den Kopf. » Nicht mehr. Ich will nicht mehr zurück, selbst wenn ich könnte. Hier bin ich freier.«
Bleich seufzte erleichtert, als hätte er befürchtet, ich könnte mir wünschen, ich hätte die Enklave nie verlassen. Ich war nicht wegen ihm weggegangen. Ich hatte das Opfer auf mich genommen, um meinen Freund Stein vor der Verbannung zu retten. Es gab nur eins, was ich bereute: Ich hatte Stein nicht erklären können, dass ich um seinetwillen ein falsches Geständnis abgelegt hatte.
Bleich fasste mich an den Wangen und neigte den Kopf. Unter seinen schwarzen Locken hervor blickte er mich an. » Kannst du mir erklären, warum du so viel Zeit mit Pirscher verbracht hast, wenn er nicht derjenige war, derâ¦Â«
» Mich als Einziger küssen durfte?«, beendete ich seinen Satz, obwohl ich nicht sicher war, was er wirklich meinte.
Er nickte. » Ja. Kannst du es mir erklären?«
» Es war das Einfachste«, sagte ich und fragte mich, ob das als Antwort genügte. » Er war immer da, und ich hatte keine Lust, ständig allein zu sein.«
Bleich zog die Augenbrauen nach oben. » Das reicht schon? Wenn ich einfach nur da bin?«
» Es wäre ein Anfang«, murmelte ich.
Einen Moment lang fürchtete ich, er könnte wütend werden, aber Bleich lachte nur. » Du hast recht. Ich habe wohl zu schnell aufgegeben.«
» Ich habe ja nicht einmal gewusstâ¦Â«, begann ich und verstummte wieder. Es war schwierig, die richtigen Worte zu finden. » Ich hatte keine Ahnung, dass du etwas glaubst, was gar nicht stimmt.«
In Bleichs Gesicht standen immer noch Zweifel, als hätte er ein Bild im Kopf, das er nicht loswurde. Dann hellte sich seine Miene auf, als hätte er einen Entschluss gefasst.
» Es war mein Fehler«, flüsterte er und hauchte mir einen Kuss auf die Stirn. » Ich habe vergessen, dass du es mir gesagt hättest, wenn etwas nicht stimmt.«
» Das hätte ich.«
Er hob meine Hand an seine Lippen. » Du erinnerst dich zwar nicht mehr daran, aber als wir hier ankamen, habe ich dir gesagt, was ich für dich fühle. Als du nichts erwidert hast, dachte ich⦠Vergiss es.«
» Was? Was hast du gesagt?«, bohrte ich nach.
Bleich lachte erneut und schüttelte den Kopf. » Vergiss es. Du wirst dich anstrengen müssen, wenn du es noch einmal hören willst.«
Was immer er gesagt hatte, bestimmt war es die Mühe wert. Mir fiel auf, dass Bleich auf der Kante des Sofas saÃ, wie er es auch getan hatte, als Edmund seine Geschichte erzählte. Es war exakt die gleiche Haltung gewesen. Ich überlegte, ob er vielleicht nervös war, aber noch bevor ich nachfragen konnte, wechselte er das Thema. » Bist du froh, dass wir zur Patrouille gehören?«
» Natürlich bin ich froh. Ich brauche einen Zweck im Leben.«
» Ich glaube, das geht jedem so.« Bleich zog mich an sich, und ich legte den Kopf auf seine Schulter.
» Es fühlte sich gut an, wieder an deiner Seite zu kämpfen«, flüsterte ich.
Sein Lächeln durchfuhr mich wie warme Sonnenstrahlen. » Und wie. Jetzt dürfte keiner mehr Zweifel an deinen Fähigkeiten haben.«
Er hatte recht. Ich hatte meinen Platz in Erlösung verdient. Zumindest darüber war ich glücklichâ trotz der Toten und meiner unausgesprochenen Sorge um die Zukunft. » WeiÃt du, wann wir das nächste Mal rausgehen?«
» In zwei Wochen, hat Draufgänger gesagt. Es dauert eine Weile, bis die Samen auskeimen. Aber sobald das passiert ist, müssen die Pflanzer sich um sie kümmern.«
» Andere Pflanzen herausreiÃen, die nicht auf die Felder gehören«, vermutete ich. » Und dafür sorgen, dass die Vögel die Sprösslinge nicht fressen.«
» Genau das hat er gesagt.«
Wenn auch die anderen Patrouillen so verliefen wie die heutige, hatten wir für den Rest des Frühlings genug zu tun. Mit weiteren Angriffen war zu rechnen, und wer wusste schon, was sich die Freaks noch alles einfallen lieÃen. Ich
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