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Die Zuflucht

Die Zuflucht

Titel: Die Zuflucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Aguirre
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hier.«
    Â» Ich erwarte gar nicht, dass du bist wie ich«, erwiderte ich.
    Tegan lächelte. Sie hatte zugenommen während der letzten Monate und sah nicht mehr so zerbrechlich aus. Ihre Pflegeeltern sorgten gut für sie, und trotzdem hinkte sie stärker, als Fingerhut es je getan hatte. Der Gedanke an meine frühere Freundin machte mich traurig. Ich wusste nicht einmal, ob sie und Stein noch lebten, und wahrscheinlich würde ich es auch nie erfahren. Mit der Zeit würde Tegans Bein bestimmt verheilen. Sie musste nicht auf ewig humpeln. Sie war jetzt schon stärker als damals, als ich ihr das erste Mal begegnete.
    Entschlossen schob ich die Gedanken an die Vergangenheit beiseite. » Arbeitest du immer noch mit Doc zusammen?«
    Tegan nickte. » Ich habe viel gelernt. Er sagt, ich hätte Talent. Eines Tages kann ich vielleicht an seine Stelle treten.«
    Â» Macht es dir nichts aus, ständig mit Kranken und Verletzten zu tun zu haben?« Ich zumindest hätte das nicht ertragen.
    Â» Nein. Es gefällt mir sogar. Ich lerne, wie ich wirklich etwas bewegen kann.«
    Ich erinnerte mich, wie Pirscher in den Ruinen gesagt hatte, Tegan wäre zu nichts zu gebrauchen. Jetzt konnte er das nicht mehr behaupten.
    Â» Und was meint deine Pflegemutter dazu?«
    Sie seufzte leise. » Zuerst war sie nicht begeistert von der Idee. Sie sagte, bestimmte Leute würden etwas dagegen haben, aber Mr. Tuttle meint, sie werden es schon verwinden.«
    Ich fand, Erlösung konnte durchaus ein bisschen Veränderung gebrauchen. » Du wirst bestimmt eine gute Heilerin.«
    Â» Auf jeden Fall wollte ich nicht, dass du glaubst, ich hätte vergessen, worüber wir gesprochen haben«, fuhr sie fort. » Oder die Tatsache, dass ich ohne dich gar nicht hier wäre.«
    Â» Ohne Bleich auch nicht.« Hätte er sie nicht die meiste Zeit getragen, hätte Tegan den Marsch durch die Wildnis nicht überlebt. Pirscher hatte sich ein paar Mal mit Bleich abgewechselt, aber ich glaubte nicht, dass sie gerne daran erinnert werden wollte. Nach allem, was Tegan bei den Wölfen durchgemacht hatte, stand er immer noch tief in ihrer Schuld.
    Ich rutschte unruhig hin und her. An ihrer Stelle hätte ich bis zum Tod gekämpft. Niemand hätte mich auch nur angerührt, solange ich noch lebte. Es hätte erst gar keine ungeborenen Bälger in meinem Bauch gegeben, die sie aus mir hätten herausprügeln können. Gestorben wäre ich trotzdem, und Tegan hatte überlebt. Sie war keine Jägerin und hatte auf ihre Weise Widerstand geleistet. In der Enklave hätten die Ältesten sie wahrscheinlich ebenfalls zur Züchterin gemacht, denn es gab nichts, worin sie besonders gut war, und sie war gesund.
    Aber auch in College durfte man sich seiner Aufgabe nicht widersetzen, und genau das hatte Tegan getan. Wahrscheinlich hatte ihre Mutter ihr gesagt, sie bräuchte keine Jungen auszutragen, nur weil andere es so wollten. Diese Art von Freiheit schien mir fremd, geradezu unverantwortlich. Unten hatte sich niemand darum geschert, was ich wollte. Alles, was zählte, war das Wohl der Gruppe. Was aber nicht bedeutete, dass Tegan unrecht hatte. Soweit ich es beurteilen konnte, hatte noch niemand das ideale Gesellschaftssystem gefunden, und es war ein Verbrechen, Leuten wehzutun, nur weil sie anderer Meinung waren. Aber genau so liefen die Dinge in der Enklave. Die Wölfe hätten Tegan ziehen lassen sollen, als sie sich weigerte, ihnen zu gehorchen.
    Â» Du bist so still«, unterbrach sie meine Gedanken.
    Â» Ich überlege nur.«
    Tegan sah mich erstaunt an. » Du klingst sehr ernst.«
    Â» Ich möchte nicht darüber reden«, erwiderte ich. Und Tegan wahrscheinlich auch nicht, aber das behielt ich für mich.
    Sie schien es in meinem Gesicht gesehen zu haben, denn sie akzeptierte meine Entscheidung ohne Widerspruch. Stattdessen wechselte sie zu einem anderen Thema. » Ich weiß, du hältst die anderen Mädchen für bescheuert, aber du würdest sie sicher mögen, wenn du ihnen nur eine Chance gibst.«
    Ich konnte es mir zwar nicht vorstellen, aber ich nickte, um Tegan einen Gefallen zu tun. » Bestimmt sind sie eigentlich ganz nett.«
    Leider schien sie das als Aufforderung zu verstehen, und ihre Augen begannen zu leuchten. » Justine feiert heute ihren Geburtstag. Ich habe sie gefragt, ob ich dich mitbringen darf.«
    Justine war das Mädchen,

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