Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zusammenkunft

Die Zusammenkunft

Titel: Die Zusammenkunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
Vom Netzwerk:
McDermott sich nie hätte ausmalen mögen oder können. Nun hatte er sie mit eigenen Augen ansehen müssen. Und jetzt, nur wenig später, konnte er sich ihrer erinnern, ganz nüchtern, weil das Entsetzen, das ihnen anhing, ihn nicht mehr zu berühren vermochte. Es war, als sei er resistent geworden gegen solches Empfinden, als liege ein Panzer aus Eis um sein Denken, den die ebenso kalten Finger des Grauens nicht durchdringen konnten.
    Selma, seine Frau, besaß diesen Schutz ganz offensichtlich nicht. An ihrem Geist zerrte das Entsetzen noch immer mit unverminderter Kraft, obwohl es ihn doch längst schon in Stücke gerissen haben mußte.
    Morgan McDermott erkannte in ihr kaum mehr die Frau, die seit so vielen Jahren an seiner Seite ein zwar schlichtes, aber gutes Leben geführt hatte. Ein wimmerndes Bündel Mensch war sie nur mehr, geifernd und greinend kauerte sie in einer Ecke ihres Schlafzimmers, in das sie sich zurückgezogen hatten.
    McDermott betrachtete Selma so emotionslos, als sei sie eine völlig Fremde - weniger noch, nicht einmal mehr ein menschliches Wesen, dessen erbärmlicher Anblick kein Mitleid in ihm zu wecken verstand.
    Sie hatte den Tod ihrer beiden Kinder nicht verwunden, war im buchstäblichen Sinne an Leib und Seele daran zerbrochen, deren Sterben und weiteres Schicksal mitansehen zu müssen.
    Morgan McDermott dachte an Sohn und Tochter wie an zwei namenlose Unbekannte, von deren Ableben er lediglich gehört und das sich weit entfernt zugetragen hatte. Daß auch er von ihrem Mörder gezwungen worden war, es zu bezeugen - diese Erinnerung war von barmherziger Hand aus seinem Kopf gelöscht worden.
    Daß die Tür geöffnet wurde, merkte McDermott erst, als ein Windzug sein Gesicht fächelte. Dennoch blickte er nicht gleich auf. Erst als Schritte sich dem Stuhl näherten, auf dem er seit Stunden reglos saß, hob er den Kopf - und sah ein Lächeln, das ihm zu jeder anderen Zeit freundlich erschienen wäre. Nicht aber jetzt, und nicht im Gesicht dieses Mannes!
    Das Grauen wollte sich endlich doch Bahn brechen, um Morgan McDermotts Denken zu fluten und alle restliche Besinnung zu ertränken. Aber irgend etwas verhinderte es im allerletzten Moment. Der keimende Sturm in McDermotts Innerstem legte sich, noch ehe er wirklich begonnen hatte. Lethargie überkam ihn, und mit ihr eine dumpfe Nüchternheit, wie tiefe Erschöpfung sie bescherte.
    Seine Züge erschlafften, und müde sah er in das Gesicht des anderen. Es wirkte wie das eines jener Gentlemen, die McDermott stets in den alten Clubs Londons vermutet hatte: aristokratisch, distinguiert Daß sich hinter dieser Maske ein wahrer Teufel verbarg, hatte Morgan McDermott schon wieder vergessen dürfen.
    Dieser Mann war es gewesen, der jene Heerschar weißgekleideter Menschen zu seinem Hof geführt hatte, wie ein General seine Truppen. Vier weitere Männer in ganz alltäglicher Kleidung hatten ihn begleitet. 4 Die Masse war von den fünfen in Scheune und Stallungen getrieben und wie folgsames Vieh darin eingeschlossen worden. Türen und Tore hatten die fünf Männer verriegelt.
    Seine vier Getreuen hatte dieser Mann dann zum Wachdienst abkommandiert, den sie draußen versahen, indem sie über den Hof und um die Gebäude patrouillierten, während er selbst sich am Herd der McDermotts ein absonderliches Frühstück zubereitet hatte - aus zwei Herzen, die er mitgebracht hatte und die der Größe nach von Schweinen hätten stammen können.
    »Ihre Frau scheint mir recht mitgenommen, Mr. McDermott«, unterbrach Milton Banks' Stimme seine Gedanken. Er beugte sich zu Selma hinab. Seine schmalen Finger mit den langen dunklen Nägeln malten unsichtbare Linien auf ihren Leib, wie ein Chirurg, der Vorbereitungen für eine plastische Operation traf, indem er die Schnittstellen für das Skalpell auf der Haut markierte.
    »Sie ist nur müde«, sagte McDermott lahm und ohne darüber nachzudenken.
    »Des Lebens müde scheint sie mir, mein Bester«, erwidert Milton Banks. »Ich könnte ihr helfen -«
    Daß Morgan McDermott aufgestanden war, kam ihm selbst erst zu Bewußtsein, als er schon hinter Milton Banks stand.
    Und noch eine halbe Sekunde brauchte er, bis er bemerkte, daß er den Stuhl, auf dem er gesessen hatte, hoch über den Kopf schwang - - und auf Milton Banks herabsausen ließ!
    Und das wiederum begriff McDermott erst, als Banks schon aufstöhnend zur Seite kippte und still liegenblieb. Blut lief ihm über das Gesicht, füllte träge das Muster der Falten

Weitere Kostenlose Bücher