Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zusammenkunft

Die Zusammenkunft

Titel: Die Zusammenkunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
Vom Netzwerk:
er es nicht tun dürfen, nicht tun können - er hatte sogar Abscheu vor seinem einstigen Tun empfunden! Weil die »Ärzte« auf Highgate Hall etwas wie eine Mauer zwischen jenem Bazon Thorne, der er einmal gewesen war, und dem Bazon Thorne, der in Highgate Hall einsaß, gezogen hatten.
    Wie gefangen in fremdem Geist und Körper hatte er sich gefühlt. Bis dieser junge Bursche in der gestrigen Nacht aufgetaucht war -und ein Wunder vollbracht hatte! Dieser Jüngling hatte es geschafft, jene Mauer zwischen damals und heute niederzureißen - und dafür hatte er einen vergleichsweise lächerlich geringen Gefallen verlangt, den Bazon Thorne im gerne erweisen würde ...
    ... wenn es an der Zeit dafür war.
    Diese Zeit aber konnte jederzeit gekommen sein.
    Bazon Thorne ließ das Kohlestück schneller über das Papier kratzen und streifen -- und schrak abermals auf! So heftig diesmal, daß Papier und Kohle seinen Händen entglitten.
    Das Kerzenlicht tanzte im Luftzug, der durch die offene Tür hereinfuhr. Schattengestalten schienen über die Wände aus rohem Stein zu rasen.
    Und zu rasen schien auch Carl Palmoy - vor Zorn!
    »Bist du irre?« keifte er. Speichel sprühte ihm von den wulstigen Lippen. Sein Gesicht wirkte nicht allein des Kerzenscheins wegen rot.
    »W-was hast d-du d-denn?« stammelte Bazon Thorne, auf dem Boden umherkriechend und blind nach seinen Utensilien tastend, weil er Carl Palmoy, dessen bullige Gestalt zu hochgeschossen war für den niederen Raum, nicht aus den Augen ließ.
    Palmoys fleischiger Zeigefinger stieß vor, als wolle er die Tote aufspießen.
    »Du hast sie umgebracht, verdammt!« grollte er.
    »Ja, gut, ich habe sie umgebracht«, gestand Thorne, merklich ruhiger als eben noch. »Und? Was macht's? Ich mußte es tun, versteh doch -«
    »Fragt sich, ob Milton das verstehen wird«, gab Palmoy lauernd zurück. »Du weißt, was er gesagt hat.« Es war keine Frage, sondern eine Feststellung.
    »Er muß es ja nicht erfahren«, meinte Bazon Thorne. »Er wird kaum nachzählen, ob noch alle da sind, oder?«
    »Er wird es erfahren«, erklärte Carl Palmoy. »Weil du es ihm erzählen wirst!«
    »Den Teufel werde ich -!«
    Ein verschlagenes Funkeln lag mit einem Mal in Palmoys kleinen Augen. »Du sollst den Namen deines Herrn nicht unnütz führen!« warnte er.
    »Was redest du da?«
    »Du glaubst es noch immer nicht, wie?« »Was?«
    »Daß nur der Teufel uns aus dieser Scheißhölle namens Highgate Hall herausgeholt haben kann!«
    »Du bist ja völlig verrückt!«
    »Sind wir das nicht alle ... wieder?« Carl Palmoy grinste breit.
    Dann wandte er sich ruckartig um und verließ den engen Verschlag.
    »Komm mit«, raunzte er. »Wir müssen mit Milton reden.«
    »Aber ... warum, in drei Teu-?« Bazon Thorne unterbrach sich selbst. Aus irgendeinem Grund wollte ihm der Fluch plötzlich nicht mehr über die Lippen. Palmoys Warnung mußte etwas in ihm angerührt haben, das er vor sich selbst noch leugnete.
    »Weil ich überzeugt bin, daß die Zahl aus einem ganz bestimmten Grund nicht verändert werden darf!« erwiderte Palmoy. »Und Mil-ton soll entscheiden, wie wir geradebiegen können, was du verbockt hast!«
    Während er Palmoy nachtrottete, ging es Bazon Thorne durch den Kopf, daß der andere nicht das geringste Recht hatte, ihm seine Lust zu töten vorzuwerfen - immerhin verfolgte er damit ein höheres Ziel! Während Carl Palmoy in seiner Zeit vor Highgate Hall aus ganz anderem Grund zum mehrfachen Mörder geworden war - seiner kranken Libido wegen und seiner perversen Art, seine Triebe zu befriedigen. Wahrscheinlich hatte Palmoy die vergangenen Stunden droben in den Viehställen zugebracht.
    Über eine schmale Treppe, deren Stufen ins Erdreich geschlagen und nur notdürftig mit Steinen befestigt waren, gelangten sie nach oben ins schwindende Licht des Tages.
    Die Kellerluke lag im Schatten der Scheunenwand. Hinter dem Holz rumorte es.
    Die Meute wurde unruhig. Hunger und Durst mußten sie quälen, ebenso wie die dämmernde Erkenntnis, daß sie mit dem Entkommen aus Highgate Hall nur vom Regen in die Traufe geraten waren.
    Was immer es gewesen war, das den Geist dieser Leute während der Flucht gelähmt hatte, es schien an Wirkung zu verlieren.
    Sie benahmen sich wie Lämmer, die instinktiv spürten, daß sie zur Schlachtbank geführt werden sollten .
    Carl Palmoy drosch mit seiner gewaltigen Faust gegen das Holz.
    »Ruhe da drinnen!« brüllte er.
    Doch er erreichte nur, daß die Unruhe jenseits der Wand

Weitere Kostenlose Bücher