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Die Zusammenkunft

Die Zusammenkunft

Titel: Die Zusammenkunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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die ihm zu eng geworden war. Seine Manifestation war restlos getilgt worden - mit unabsehbaren Folgen für die Zukunft. Eine solch umfassende Niederlage hatte er nie zuvor erlitten, ob -schon er seit ewiger Zeit in unterschiedlichster Gestalt auf Erden wandelte. Wenn er kam, säte er Zwietracht und Chaos - und kehrte wieder heim in die Gefilde des Wahnsinns, die nicht umsonst Hölle heißen.
    Eine Aussaat wie die seine reift erst in vielen Menschengeschlech-tern. Es braucht Generationen, bis der Tag naht, an dem das Dunkel angemessen Früchte trägt. Oft nur einmal in einem Jahrtausend ist die Konstellation ideal, sind die Bedingungen perfekt, um einen großen Schritt auf das Endziel zuzutun.
    Was ich darüber weiß und sagen kann, weiß ich von meinem Vater, den ich so nenne, weil er sich weit mehr um mich kümmerte, als es mein leiblicher Erzeuger, der auch lange schon tot und verfault in der Erde liegen mag, je tat. Auch nicht die Frau, deren Schoß mir einst, solange ich ungeboren war, Wärme und Geborgenheit schenkte.
    Auch daran geistern noch verschwommene Erinnerungen durch mein Hirn. Ich weiß nicht, wie ich sie verbannen könnte.
    »Dort«, höre ich Natan rufen, »dort ist es! Seht ihr das vom Wind gebeutelte Zelt?«
    Es ist nicht zu übersehen. Dort vorn hat jene Elisabeth mit den Männern aus Mos Iranshars Karawanserei campiert. Und mit dem Quajaren Karim Joran, der versucht hat, ihr ein treuer Freund und Ratgeber zu sein. Bis der Durst eines blutsüchtigen Untoten ihm zum Verhängnis wurde. Einer Kreatur, die wir auf ihn hetzten. Und die uns gemeinsam mit anderen Kreaturen half, Elisabeth in unsere Gewalt zu bringen.
    Vorübergehend. Zu kurz, um Nutzen daraus zu schlagen.
    Wir erreichen die Grabungsstätte.
    Unweit der Stelle liegt das, was von Uruk übrig blieb - was die Jahrtausende von der Metropole eines gewaltigen Reiches übrig ließen.
    Sumer.
    Vater war schon dort zu Hause ...
    Vor uns liegt eine zweiundzwanzigstufige Treppe. Sie führt zu einem steinernen Tor, das in den Boden geglitten ist und den Zugang zu etwas freigegeben hat, das Elisabeth Stifter den »Korridor der Zeit« nannte.
    Wir steigen aus den Sätteln unserer Kamele. Die Brüder und Schwestern, die nach uns kamen, brachten Ersatz für die Tiere mit, die Natan und Loth zu Tode geschunden haben.
    Immer zwei von uns steigen nebeneinander die Stufen hinab.
    Das Tor ist offen, wie erwartet. Niemand schloß es in den Wochen, die vergangen sind, seit Elisabeth es öffnete.
    Ich gehe neben Loth, wir führen die anderen an, und so sehen wir als erste den Wächter, der unermüdlich auf seiner Seite ausharrt und uns nahen sieht.
    »Willkommen«, schallt es uns entgegen.
    Wir halten nicht inne. Wir haben uns vorher entschieden.
    Neben mir übertritt Loth die Schwelle. Hinter uns folgen Zoe und Natan, Maryam und Hesek, Gideon und - Mir wird ganz eigentümlich zumute. Der Einfluß des Mediums, in das wir eingetaucht sind, wird spürbar. Einen Moment, dessen wahre Dauer ich nicht einmal ahne, habe ich das Gefühl, von Wasser umschlossen zu sein und auf den tiefen Grund eines Meeres hinab -zusinken. Etwas zerrt an meinem Innersten, nicht an meinem Körper, sondern an dem, was ihn bewohnt .
    »Spürt ihr das auch?« fragt Gideon. Seine Stimme scheint von weither zu kommen.
    Ich will antworten, doch in diesem Moment gleitet der Schemen auf mich zu, der schon Natan und Loth überreden wollte, den Korridor zu betreten. Nun sind mehr gekommen, als er erwarten durfte.
    Ich bleibe stehen, mache keinen Versuch, dem Wächter auszuweichen oder zu entkommen. Die anderen rücken näher auf mich zu, um Beistand zu leisten. Wir wissen nicht, was uns erwartet. Der Wächter ist stark, vielleicht stärker als wir alle zusammen. Wir wissen nichts über ihn - und er nicht über uns, aber vielleicht .
    Da! Was ist das?
    Ich spüre eine Berührung am Bauch. Sie durchdringt meine Kleidung, als wäre sie nicht vorhanden, und dann streicht sie über mei-ne Haut, die mehr Widerstand leistet.
    Etwas vergessen Geglaubtes überfällt mich. Diese zarte Berührung ist - ich suche nach dem passenden Wort - so erotisierend, daß mich schaudert.
    Erotisierend.
    Die Fähigkeit, Lust zu empfinden, ist mir im Grab abhanden gekommen.
    Verliere ich jetzt den Verstand?
    Jetzt - was ist das? Wohin treibe ich, während ich das denke? Wie viele Jahre sind ein Schritt? Ein einziger Schritt?
    Der Schemen löst sich von mir und wendet sich Natan zu. Ich höre, wie er zu ihm spricht. Sehe,

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