Die Zusammenkunft
sie zu töten!
Sie kochte, merkte, wie sich ihre Hände in ihrer J ackentasche zu Fäusten schlossen und wie sich die Schrammen auf den Händen durch die Spannung wieder öffneten. Scheißwut. Die konnte sie nicht gebrauchen, sie wollte klar denken.
Dann die Erkenntnis, dass er sie auf das Bett gelegt haben musste. Er hätte sie töten , vergewaltigen, foltern, verschleppen oder einfach im Wald liegen lassen können. Aber er hatte sie auf das Bett gelegt, ihre Schuhe ordentlich neben das Fenster gestellt und sie trotz des zerrissenen Kleides, trotz ihrer unbedeckten Schenkel nicht weiter angefasst. Fakt war, etwas war passiert, etwas, was ab sofort ihr Leben beeinflussen würde, auch wenn sie noch nicht wusste wie.
Sie konnte nicht ungeschehen machen, was vorgefallen war, auch wenn sie im Moment noch nicht verstand, was das eigentlich genau gewesen war. Fest stand aber, dass sie lebte. Es machte keinen Sinn zu versuchen, etwas von dem zu begreifen, was ihr mit dem Unbekannten widerfahren war. Egal in welche Richtung sich ihre Gedanken auch drehten, sie endeten in Chaos, nichts machte Sinn. Es hieß also abwarten, was nicht ihre Stärke war. Ha! Jetzt würde ihr endlich das Talent zu verdrängen nützlich sein, damit war sie in ihrem Leben doch schon oft gut gefahren.
Sirona atmete tief ein und aus. Dann schaltete sie alle Gedanken an den Besuch in Dresden wie auf Knopfdruck aus und konzentrierte sich stattdessen darauf, welche Aufgaben zu Hause auf sie warteten.
G enau in dem Moment, als er die Augen geschlossen hatte, um die Musik durch seinen Körper dringen zu lassen, hatte ihn die Energie, die sie ausstrahlte, mit der Wucht einer Druckwelle erfasst. Sie war durch seinen Körper gefahren, hatte alle seine Knochen einmal in Einzelteile zerlegt, augenblicklich wieder zusammengefügt und ihn mit einem Gefühl von vollkommen neuer, frischer Energie erfüllt.
Er hatte die Augen aufgerissen, dann sah er die zweite Energiewelle auf sich zukommen. Sie hatte eine hellblaue Aura, gleichmäßig hell und schön. Er hatte instinktiv g espürt, dass die Energiewelle für ihn bestimmt und dass sie friedlich war. Dann war das Licht verschwunden und er hatte unvermittelt in zwei hellblaue Augen, die ihn fixierten, gestarrt. Ein, zwei Sekunden nur, dann hatte sich der Kopf eines Mannes zwischen sie geschoben.
In der Pause dann dasselbe, als er die Tür der Dame ntoilette angestarrt hatte, durch die sie verschwunden war, nur da hatte die Energiewelle grau gewirkt und nicht konstant in ihrer Farbe, sie hatte von Hellgrau zu Dunkelgrau gewechselt und geflackert. Darken war sich sehr wohl bewusst, dass er der Einzige war, der sie wahrnahm, und als sie ihn traf, erfasste ihn Panik und Schweiß bildete sich auf seiner Stirn. Er konzentrierte sich, kämpfte die Angst nieder. Dann war das Licht verschwunden.
Als sie schließlich die Tür zur Damentoilette geöffnet hatte und langsam herausgetreten war, konnte er sich nicht bewegen. Alles um ihn herum geschah wie in Zeitlupe. Die Gespräche nahm er nur noch gedämpft und verzerrt wahr. Langsam, ganz langsam wandte sie den Kopf und schaute ihn an, als hätte sie ganz genau gewusst, dass er da stand und auf sie wartete. Ihre Wangen waren gerötet. Das helle Blau ihrer Augen war ihm vertraut. Es herrschte für diesen langen Augenblick absolute Stille – dann schwoll der Geräuschpegel wieder an und ließ ihn zusammenfahren. Er schreckte hoch. Darken sah, wie sie ebenfalls zurückzuckte und unsicher zu dem Mann mit der Nickelbrille ging, der ihr ein Glas Weißwein reichte.
Darken hatte nicht mehr denken können . Erst, als er in seinem schwarzen Mercedes hinter den getönten Scheiben saß, beruhigte sich sein Atem und sein Verstand begann wieder glasklar zu arbeiten.
Er folgte ihrem Taxi, stieg rasch aus, um vor ihnen in der Hotelhalle zu sein, und konnte so ganz in Ruhe b eobachten, wie man ihnen zwei Schlüssel über den Tresen schob: Nr. 16 und 17. Als sie die ersten Treppenstufen hinaufstiegen, verließ er bereits die Halle. Er war schon öfter hier Gast gewesen und wusste daher, dass die Zimmer 16 und 17 auf der Rückseite des Gebäudes im Hochparterre lagen. Warum er um das Gebäude herumlief, in den öffentlich zugänglichen Park, wusste er nicht, aber es erregte ihn, so wie früher, wenn er auf der Jagd war. Sein längst verkümmerter Jagdinstinkt brach aus, mit dem Unterschied, dass er diese Frau nicht erlegen, sondern bezwingen wollte.
Als sie ihr Fenster öffnete,
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