Die Zusammenkunft
Angelegenheit es erforderte, aber er verspürte nicht mehr dieselbe innere Befriedigung wie zuvor. Er war ein Krieger, das Töten sein Handwerk. Er hatte nie wieder eine Frau angefasst oder auch nur die geringste sexuelle Begierde verspürt. Er hatte seine Männlichkeit nie mehr als Waffe oder Folterinstrument einsetzen können.
Er hatte angefangen sein Vermögen zu mehren, hatte alle Länder auf diesem Planeten bereist und war nicht selten dabei gewesen, wenn neue Länder und Kontinente entdeckt wurden. Er blieb aber nie lange fort, denn eine unsichtbare Macht hatte ihn immer wieder zurück nach Germanien gezogen, dem Land, das einmal die Heimat der Kelten gewesen war, das Land, aus dem die goldene Amazone stammte.
Seine Gedanken gingen zurück zu dem Augenblick, als er die Frau auf dem Hotelbett abgelegt hatte. Er rief sich ihre nackten Schenkel ins Gedächtnis, die halterlosen, zerrissenen Strümpfe, die am oberen Ende in schwarzer Spitze endeten; das tiefe Dekolleté, den weichen Druck unter sich, als er auf ihr zu liegen kam, den leicht geöffneten, blutroten Mund. Abrupt blieb er stehen. Zum ersten Mal seit mehr als zwei Jahrtausenden verspürte er Lust. Er keuchte, aber nicht, weil der Schmerz seiner gewaltigen Erektion ihm zuckend in die Lenden schoss und das Weitergehen unmöglich machte, sondern weil er von einem brennenden Gefühl der Begierde überrollt wurde, einer Begierde, die nur noch eins wollte – und das war sie. Das längst verloren geglaubte Verlangen nach Macht über eine Frau ließ ihn erschauern. Aber etwas war anders. Etwas fehlte. Der Drang, Schmerz zuzufügen, das Verlangen nach totaler Erniedrigung, die Gier nach Blut. Ihrem Blut. Es dauerte eine Weile, bis er zurück zum Haus gehen konnte.
In seinem Büro ließ er den Rechner hochfahren und zog die Visitenkarten hervor. Die eine Firma schien ihr selbst zu gehören, sie arbeitete also auch als Freelancer. Die zweite Karte gehörte zu einem IT-Unternehmen in Münster. IT-Branche, das traf sich gut, da konnte er durchaus ein Wörtchen mitreden. Die Firma beschäftigte sich mit Hard- und Softwarekomponenten speziell für den Finanzsektor. Auf der Visitenkarte stand Projektmanagement Sirona Kern . IT und Finanzen, da taten sich einige Möglichkeiten auf.
Er griff zum Telefonhörer und wählte die Nummer der Kanzlei van der Bruck in Amsterdam. Er hielt nichts d avon, sich im eigenen Land Vertraute zu schaffen, und die Kanzlei van der Bruck war ihm treu ergeben, seit er vor zwanzig Jahren die Krebstherapie der zwölfjährigen Tochter des Inhabers finanziert hatte. Die Kleine hatte Leukämie und die Ärzte hatten sie aufgegeben. Dank seiner finanziellen Unterstützung konnte sie sich damals in den Staaten einer privaten Blutbehandlung unterziehen, welche von einem seiner Brüder durchgeführt worden war. Soweit er informiert war, lebte sie heute noch und hatte sogar eine Familie gegründet. Als Gegenleistung hatte er von dem Inhaber der Kanzlei lediglich absolute Loyalität eingefordert. Van der Bruck kannte weder sein Gesicht noch seinen richtigen Namen, aber seine Stimme würde er vermutlich nie in seinem Leben vergessen.
Wenn Darken sich unter seinem Decknamen am Tel efon meldete, wurde er sofort zu van der Bruck durchgestellt. Auch dieses Mal dauerte es keine zwei Minuten, bis er ihn am Apparat hatte. Van der Bruck sprach ihn immer diskret mit Sire an, als wenn ihm eine innere Stimme verraten hätte, dass er mit einem König sprach. Van der Bruck war kein Bückling. Er war loyal und ihm stets zu Diensten, und Darken war sich sehr wohl bewusst, dass er ihn nie für kriminelle Belange missbrauchen könnte. Aber das hatte er auch nie vorgehabt. Ihm standen die Mittel zur Verfügung, alle seine Bedürfnisse auf legalem Wege zu beschaffen. Lediglich seine Lebensspanne war nicht ganz legal, aber dafür machte er sich nicht selbst verantwortlich.
»Ich brauche Informationen über eine Frau, ihr Name ist Sirona Kern, sie wohnt in Lippstadt und arbeitet bei der Firma MICROBANK. Schleusen Sie jemanden ein und beschaffen Sie mir alle Informationen, die Sie über diese Frau bekommen können«, sagte er ohne große Ei nleitung.
Am anderen Ende der Leitung holte van der Bruck tief Luft. »Sire, ich werde mich der Sache annehmen und mich schnellstmöglich bei Ihnen melden.«
»Van der Bruck, ich beabsichtige den Laden zu übernehmen, nur damit Sie es wissen.«
»Sire, Sie werden von mir hören.« Darken legte auf, ohne sich zu verabschieden.
Er
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