Die Zusammenkunft
Die beiden jungen Männer trugen helle Baumwollhosen, die locker darüber hängenden Hemden endeten kurz über den Knien.
Sirona verließ die Männer und ging zurück zu ihrer Feier. Sie wollte wiederkommen, aber als sie später zu der Wohnung zurückkehrte, in der sie sich von ihnen verabschiedet hatte, waren auch sie fort. Sie wusste sofort, dass sie sie nie wiedersehen würde, und blanke Verzweiflung überkam sie.
Sie lief zurück – aber plötzlich befand sie sich weit in der Vergangenheit: Der junge, hübsche, warmherzige Mann lief über die Straße. Es war dieselbe Straße, über die sie zuvor gelaufen war, er sah sie und wollte ihr folgen, aber dann stürzte er plötzlich. Vor ihm verlief eine Prozession und er blieb auf dem Rücken liegen, und wandte sich mit ungläubig geweiteten Augen langsam nach links: Die Marienstatue, die durch die Straßen getragen wurde, kippte und fiel auf ihn hinab, direkt auf seinen Kopf. Die Heilige Mutter erschlug ihren eigenen Engel.
Das letzte, was sie sah, waren seine Augen; sie sah kein Blut, keinen aufplatzenden Schädel, sie hörte keinen Schrei, aber als sein Blick verschwand, wusste sie, dass er tot war, sie ihn nie wiedersehen würde. Sie war so traurig über diese Erkenntnis, so erschüttert, dass sie das Gefühl hatte, nicht mehr atmen zu können.
Plötzlich begann der Boden unter ihr zu wackeln. Sie verlor das Gleichgewicht, kippte in schneidende Kälte, geriet unter Wasser. Sie bäumte sich auf, ihr Körper schnellte durch die Wasseroberfläche, sie riss Mund und Augen auf – und schaute direkt in die von Paul Bennet.
Im nächsten Augenblick erblickte sie Kim, die neben ihr im Wasser stand und das Schlauchboot umgekippt hatte, um sie zu necken. Nur die Tatsache, dass Lora sich vor Lachen krümmte und Paul Bennet zusah, bewahrte Kim davor, dass Sirona sich auf sie stürzte. Der Blick, den sie ihrer Tochter zuwarf, ließ jedoch keinen Zweifel daran, dass es für Kim heute Abend besser wäre, sich nicht zu sehr in den Vordergrund zu drängen.
Paul Bennet schien die Spannung blitzschnell zu erfa ssen und wandte sich ab. Sirona stieg aus dem Pool und wickelte sich in ihr Handtuch, Kim zog sich sofort leise ins Haus zurück, nur Lora freute sich, dass ihre Chefin und Mentorin endlich mal vor ihren Augen baden gegangen war. Es dauerte keine Minute, da hatte Sirona sich wieder gefangen.
»O.K. ! Der ging jetzt auf meine Kappe, kommt, ich zeige euch, wo ihr eure Taschen abstellen und euch umziehen könnt. Ihr wollt doch bei dem Wetter keine langen Hosen anbehalten, oder?«
Sie ging tropfend voran ins Haus. »Paul, hier ist das Gästezimmer, gleich daneben das Bad. Ich gebe Ihnen Badehandtücher für den Pool. Ich hoffe, Sie haben eine Badehose mit gebracht, denn um das Wasser werden Sie heute nicht herumkommen.« Jetzt grinste auch er, offensichtlich erleichtert, dass sich die Lage entspannt hatte.
Als Sirona das Wohnzimmer ihrer Mutter betrat, sprang Kim vom Sofa auf. »Mama, tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken!« Sie war nur noch ein Häufchen Elend und sah aus, als könnte sie jeden Moment in Tränen ausbrechen.
»Ach, wolltest du nicht? Warum schmeißt man denn sonst ein Schlauchboot um, auf dem eine schlafende Mu tter liegt?« Sirona hatte die Augen zusammengekniffen, um möglichst grimmig auszusehen, grinste aber bereits, wie immer, wenn sie ihrer Tochter längst verziehen hatte, aber der Meinung war, noch ein wenig Zorn zur Schau zu tragen, könne nicht schaden.
Kim grinste zurück.
»Warte ab, das zahl ich dir heim!«, damit drehte sich Sirona um und verließ die Wohnung ihrer Mutter. Im Rücken hörte sie Omma sagen »Na, da hast du ja wieder einmal Glück gehabt! So was tut man aber auch nicht.«
Lora und Paul kamen gerade wieder die Treppe herunter, als Rufe aus dem Garten erschallten: »Hallo Sirona! Hallo Omma! Hallo, wo seid ihr denn?« Stella und ihre Tochter Vic waren also auch schon da. Keine zehn Minuten später hielt jeder ein Kaltgetränk in der Hand und sie saßen verteilt auf Decken, Stühlen und Liegen. Stella benötigte keine drei Minuten, da hatte sie Paul schon in ein Gespräch über Indianer verwickelt. Kim überredete Lora, mit ihr Federball zu spielen. Dann gesellte sich Omma noch zu ihnen und machte schließlich den Anfang, indem sie in den Pool stieg. Mit einer Flasche Landbier ließ es sich im Wasser einfach am besten aushalten. Schnell saßen Stella, Vic, Kim und Lora im Kreis am Beckenrand, während Sirona zum
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