Die Zwanziger Jahre (German Edition)
seine Arbeit reich geworden. Als großer Fußballfan versucht er, mit seinen wirtschaftlichen Möglichkeiten in seiner Heimatregion Gutes zu tun. Viele sportliche und soziale Einrichtungen im Rhein-Neckar-Raum sind seinem Engagement zu verdanken. Da es aber keinen Breitensport ohne eine Elite gibt, war es ihm ein Herzensanliegen, auch einen starken Bundesligaklub in seiner Heimat zu etablieren. Er hat mitgeholfen, seinen eigenen Klub TSG Hoffenheim von ganz unten bis in die Bundesliga zu hieven, hat aber gleichzeitig immer deutlich gemacht, dass der Verein eines Tages auf eigenen Füßen stehen muss.
Dass Hopps Engagement in vielen Bundesligastadien nicht auf Begeisterung trifft, kann ich noch verstehen. Immerhin entsteht da eine begüterte Konkurrenz zu vielen Klubs, die wirtschaftlich nicht auf Rosen gebettet sind und um den Verbleib in den Topligen hart kämpfen müssen. Ich kann auch nachvollziehen, wenn manche Fans ihr Missfallen zum Ausdruck bringen, denn Beifall und Pfiffe gehören im Sport dazu. Ich kann aber nicht begreifen, dass es Menschen gibt, die diese Persönlichkeit in einer Weise niedermachen, die schon kriminelle Züge trägt. Ich denke vor allem an das Plakat mit der Zielscheibe, das im Dortmunder Stadion zu sehen war und das man durchaus als Morddrohung interpretieren kann – aber auch an diffamierende Sprechchöre und Schmährufe gegen Hopp. Wer im Fußballstadion verbale Gewalt toleriert, macht sich mitschuldig, wenn der nächste Schritt, die körperliche Auseinandersetzung, folgt.
Ich habe diese Bedenken häufig im Gespräch mit den Ligavertretern thematisiert und stets zur Antwort bekommen: »Das muss er aushalten.« Was aber muss ein Mensch aushalten, nur weil durch sein Engagement ein Klub in einer sportlichen Konkurrenz zu anderen Vereinen steht? Mit beschwichtigenden Erklärungen wird man hier auf Dauer nicht weiterkommen. Die Liga wird zu entscheiden haben, in welche Richtung sie sich mit ihrem vielen Fernseh- und Sponsorengeld auf Dauer entwickeln will, ob auch auf der Zuschauerebene Fair Play und Respekt selbstverständlich sind, oder ob sie in eine Klamauk- und Krawall-Liga abdriftet. Hier ist der Selbstreinigungsprozess der Vereine gefragt, damit solche geschmacklosen Entgleisungen und kriminellen Handlungen wie gegen Dietmar Hopp aufhören.
Der Schriftsteller Albert Ostermaier, leidenschaftlicher Fußballer in der deutschen Autoren-Nationalmannschaft, hat sich in einem Interview mit der Münchner »Abendzeitung« über den Zusammenhang zwischen sprachlicher und handfester Gewaltanwendung geäußert: »Sprache schafft ein Klima, kann gefährliche Räume öffnen. Wenn Räume sprachlich geöffnet werden, kommen oft die Extreme hinterher und füllen diese Räume aus. Wir sehen Geschichte oft von der Endkatastrophe aus, von der letzten Potenzierung der Gewalt. Aber all das fängt im Kleinen an, dort, wo wir alle es sehen können und auch was tun können. Auch im Nationalsozialismus war es ein weiter Weg von den ersten Diskriminierungen zu den Gräueltaten.«
Trotz aller Gespräche und Projekte wird es in unseren Stadien immer wieder zu Entgleisungen und Explosionen kommen. Dafür ist einfach zu viel Hass im Spiel, wie die Verfolgungsjagden zwischen verfeindeten Fangruppen gezeigt haben. Oder zu viele Emotionen, wie bei den Relegationsspielen in Karlsruhe und Düsseldorf zu beobachten war. Wenn es um so viel geht, geraten die Fans leicht außer Kontrolle. Die Relegationsspiele abzuschaffen, wie verschiedentlich gefordert wurde, löst das Problem allerdings nicht. Im Fußball geht es immer um etwas, und irgendwann sind nun mal die entscheidenden Spiele, in denen eine ganze Saison kulminiert. Bisweilen werden die Rivalitäten und Feindschaften auch von den Klubverantwortlichen angefeuert, die den Respekt vor dem Gegner vermissen lassen. Dann darf man sich nicht wundern, wenn manche Fans sich ermutigt fühlen, ihrerseits über die Stränge zu schlagen.
Es gibt einen harten Kern von gewaltbereiten Fans, die über eine kriminelle Energie verfügen und die wir von den anständigen Fan isolieren und mit harten Sanktionen des Staates belegen müssen. Aber auch hier müssen die Regeln des Rechtsstaates gelten. Unter den Fußballanhängern gibt es viel Solidarität, und Polizei und Ordnungsdienste verhalten sich da nicht immer sehr geschickt, wenn sie schon bei Kleinigkeiten mit aller Härte durchgreifen und dabei zwangsläufig auch Unschuldige treffen.
Auch die Praxis der Stadionverbote, die
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