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Die Zwanziger Jahre (German Edition)

Die Zwanziger Jahre (German Edition)

Titel: Die Zwanziger Jahre (German Edition)
Autoren: Theo Zwanziger
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meinem Gehalt nach B7 noch eine Pauschale bekommen würde, wenn mein Vorgänger den Platz im Beirat des Energieunternehmens RWE frei machte. So hätte ich, fuhr er fort, nicht weniger im Portemonnaie als ein Landtagsabgeordneter mit seiner recht üppigen Grundpauschale und den steuerfreien Aufwandsentschädigungen.
    Mich beschlich ein ungutes Gefühl: Warum hatte Vogel die finanzielle Seite so sehr in den Vordergrund gerückt? Wie kam er nur darauf, dass mich das Geld mehr reizen würde als die neue berufliche Herausforderung? Ich musste an dieses Gespräch in der Folgezeit sehr oft denken.
    Die Achtzigerjahre, als Helmut Kohl und die CDU durch ein konstruktives Misstrauensvotum gegen die sozialliberale Regierung an die Macht kamen, waren für mich als Kreisvorsitzender geprägt durch die bundes- und landespolitische Verantwortung, die der CDU zufiel. In Rheinland-Pfalz, wo Bernhard Vogel als Ministerpräsident regierte, führte diese Konstellation zur Krönung meiner politischen Laufbahn als Regierungspräsident in Koblenz – in der Folge aber auch zum jähen Ende dieser Karriere.
    Denn 1988 kam es zum großen Umbruch in der rheinland-pfälzischen CDU , zum sogenannten Vogel-Sturz, an dessen Zustandekommen ich selbst nicht unbeteiligt war. Für mich war es in vieler Hinsicht ein politisches Schlüsselerlebnis, das auch mein weiteres berufliches Leben prägen sollte.
    Seit der Schlappe von1987 , als die CDU bei der Landtagswahl fast sieben Prozent und damit die absolute Mehrheit verloren hatte, grummelte es in der Partei. Die Alleinregierung der CDU war beendet, erste bundespolitische Abnutzungserscheinungen führten dazu, dass auch ein erfolgreicher und populärer Ministerpräsident wie Bernhard Vogel Stimmen verlieren konnte. In der Koalition mit der FDP und deren gewieftem Landeschef Rainer Brüderle verlor die CDU einen beträchtlichen Teil ihrer politischen Gestaltungsfreiheit. Es rumorte ganz besonders im Norden des Landes.
    Das Bundesland Rheinland-Pfalz ist eigentlich ein Kuriosum. Es wurde nach dem Krieg von der französischen Besatzungsmacht regelrecht zusammengeschustert aus der Pfalz im Süden, die einst bayerisch war, dem linksrheinischen Rheinhessen rund um Mainz, Worms und Bingen, dem preußisch geprägten Rheinland mit den Regierungsbezirken Koblenz und Trier sowie Teilen der preußischen Provinz Hessen-Nassau rund um Montabaur. Die verschiedenen Landesteile hatten zum Teil überhaupt keine historische Verbindung, und noch heute schwelt in der Politik und auch im Sportwesen ein Nord-Süd-Konflikt, der, so kommt es mir vor, geprägt ist von landsmannschaftlichen Vorurteilen, von gegenseitigem Misstrauen und der ständigen Angst, zu kurz zu kommen gegenüber den »anderen«. Deshalb spielt in der rheinland-pfälzischen Politik der regionale Proporz immer eine große Rolle.
    Schon seit den Zeiten des pfälzischen Ministerpräsidenten Kohl fühlte sich der Norden des Landes benachteiligt; noch sein Vorgänger Peter Altmeier aus Koblenz war ein großer Repräsentant des Nordens gewesen, aus dem bis heute viele Wählerstimmen für die CDU kommen. Doch nun, nach dem Wahldebakel1987 , erhielt Bernhard Vogel, der gleichzeitig auch Landesvorsitzender der CDU war, aus allen Richtungen Vorschläge, wie er den Bezirken des Südens, also der Pfalz, und des Rheinlands im Norden gleiche Rechte und gleiche Einflussmöglichkeiten zugestehen könne.
    Die Junge Union und andere forderten, Vogel solle sich auf sein Ministerpräsidentenamt konzentrieren und sich durch die Ernennung eines Generalsekretärs in der Parteiarbeit entlasten. Denn die Partei, so argumentierten die Kritiker, brauche einen eigenen Repräsentanten, der die Parteipolitik sichtbar machen könne, derweil die Staatspolitik allzu sehr durch die koalitionären Kompromisse geprägt war.
    Bernhard Vogel konnten diese Diskussionen nicht kaltlassen. Er wollte seine eigene Macht sichern, aber auch den CDU -Verbänden im Norden ein Zugeständnis machen. Zum einen schlug er als Generalsekretär den damaligen Kultusminister Georg Gölter vor, einen Pfälzer aus Dudenhofen, einen alten Weggenossen – so wollte Vogel seinen Einfluss auf die Partei sichern und gleichzeitig wohl auch die Nachfolgefrage in seinem Sinne regeln.
    Natürlich musste der Norden diese Personalie als erneute Provokation verstehen. In einem zweiten Schritt wollte Vogel den Norden dadurch besänftigen, dass er mir anbot, Nachfolger von Gölter als Kultusminister zu werden. Ich habe diesen
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