Die Zwanziger Jahre (German Edition)
aus Kaiserslautern, unter Egidius Braun neuer Schatzmeister. Ich rückte für ihn in den DFB -Vorstand nach und ein Stück näher an die Schaltzentrale der Macht. So wurde 1992 für mich zu einem ganz besonderen Jahr. Ich hatte die Anwaltskanzlei in Stadtroda und Hermsdorf zu führen, war Bezirksvorsitzender der CDU , und am 27. Juni 1992 wurde ich als Nachfolger von Toni Kahl zum Vorsitzenden des Fußballverbandes Rheinland gewählt – es war die Erfüllung eines Traums.
Der neue Ministerpräsident Rudolf Scharping erwies der Versammlung der Fußballer seinen Respekt und hat mich, wenn man so will, in das neue Amt eingeführt. Zu Scharping habe ich bis heute ein gutes, wenn auch nicht immer konfliktfreies Verhältnis. Aber menschlich haben wir uns immer geschätzt, in der Politik und auch später, als er Präsident des Bundes Deutscher Radfahrer wurde.
Im Rückblick muss ich sagen, dass die Tätigkeit im Vorstand des Fußballverbandes die erfüllendste Zeit meines Lebens war. Wir konnten unsere Arbeit machen ohne diese extreme Medienbegleitung. Die Mitglieder des Vorstands hatten untereinander ein enges, freundschaftliches und vertrauensvolles Verhältnis. Wir waren eine verschworene Gemeinschaft. Ich habe dieses Klima nie vergessen und wir alle sind uns heute nach wie vor eng verbunden, weil Ehrlichkeit, Respekt und Pflichterfüllung unsere Arbeit prägten.
Der Fußballverband Rheinland hat nur wenige große sportliche Leistungen zu vermelden, umso wichtiger sind seine Menschen, die ihn geprägt haben und noch immer prägen: vom Ehrenvorsitzenden Toni Kahl bis zum Geschäftsführer Werner Lunnebach. Es hätte für mich keinen würdigeren Nachfolger als Walter Desch geben können, er prägt diesen Verband nach innen und nach außen. Einer, der mir immer besonders wichtig war, ist Matthias Weber, mein langjähriger Stellvertreter. Freund und Ratgeber war mir Eduard Schneider, ein uneitler Funktionär und exquisiter Menschenkenner, der leider im Februar 2009 verstarb.
Die Fußballvereine aus dem Rheinland, von denen TuS Koblenz und Eintracht Trier die bekanntesten und erfolgreichsten sind, haben sich in jenen Jahren nicht eben mit Ruhm bekleckert. Eintracht Trier war einmal deutscher Amateurmeister geworden und später auch ein richtiger Pokalschreck. Es reichte bin in das Halbfinale des DFB -Pokals, wo man 1998 im ausverkauften Mosel-Stadion gegen den MSV Duisburg verlor. Und TuS Koblenz schaffte es mit Trainer Milan Š a š i ć und Manager Stefan Kuntz bis in die 2. Bundesliga, aber dann folgte der Abstieg bis in die Regionalliga.
Dafür spielte der Frauenfußball in unserem Raum eine große Rolle. Den SC 07 Bad Neuenahr, Deutscher Meister von 1978 und seit der Gründung 1997 ununterbrochen Mitglied der eingleisigen Bundesliga, und den TuS Ahrbach aus dem Westerwald, der 1989 deutscher Vizemeister wurde, kann man als Pioniere dieser jungen Sportart bezeichnen. Wir hatten immer große Sympathien für die kickenden Frauen. Der frühere Oberstaatsanwalt Heinz Fink war ständiger Delegationsleiter der Rheinlandauswahl, und er hat uns bei jeder Gelegenheit seine Leidenschaft für den Frauenfußball gezeigt. Manche haben geschmunzelt, aber immer mehr haben verstanden, wie wichtig die Entwicklung des Frauen- und Mädchenfußballs war.
Die Solidarität der Mitglieder im Vorstand wurde hin und wieder auf den Prüfstand gestellt, weil wir alle ja auch verschiedenen Vereinen angehörten. In einem Fall, der über die Verbandsgrenzen hinaus Aufsehen erregte, musste sie sich besonders bewähren.
Es ging um zwei Vereine aus der Rheinlandliga, der höchsten Spielklasse des Verbands. Weil der VfL Freiendiez, ein Klub aus meiner Nachbarschaft, und der SV Leiwen aus dem Gebiet meines Vorstandskollegen Matthias Weber von der Mosel nicht genügend Schiedsrichter stellten, wurden sie gemäß unserer Satzung zum Zwangsabstieg verurteilt. Die Vereine riefen das unabhängige Schiedsgericht des Verbands an, dessen Vorsitz damals wie heute Joachim Vonnahme, ein renommierter Jurist und ehemaliger Richter am Oberlandesgericht, innehat. Ein Funktionär des VfL Freiendiez berief sich auf eine angebliche mündliche Absprache mit einem Verbandsfunktionär, wonach dieser Verein nichts zu befürchten habe, obwohl er das Schiedsrichtersoll nicht erfüllte, und das Schiedsgericht folgte seiner Argumentation.
Der Verlauf dieses Verfahrens zeigte uns deutlich, dass die Schiedsgerichtsbarkeit nicht die Verbandsautonomie ersetzen darf. Sie sollte
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