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Die Zwanziger Jahre (German Edition)

Die Zwanziger Jahre (German Edition)

Titel: Die Zwanziger Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theo Zwanziger
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besten, wenn man die Regeln klar formuliert.
    Wetten im Spielbetrieb sollten verboten sein, das ist zu gefährlich, wenn nach dem Anpfiff quasi in das Spiel hineingewettet werden kann. Problematisch ist es auch, über das Endergebnis und vielleicht noch das Halbzeitresultat hinaus weitere Wetten anzubieten auf Spielaktionen, die leicht manipulierbar sind. Zum Beispiel die Frage, wie viele Elfmeter gibt es in einem Spiel. Unproblematisch wäre es hingegen, auf die Gesamtzahl der Tore an einem Spieltag zu wetten.
    Man kann die Wetterei also durchaus kreativ gestalten, ohne es den Wettbetrügern allzu einfach zu machen. Vor allem auf dem asiatischen Markt, der nicht zu kontrollieren ist, werden die Spiele unserer Ligen missbraucht, und dort werden auch rabiate Methoden angewandt. Die jüngsten Fälle, die in Bochum verhandelt werden, haben gezeigt, dass kriminelle Banden und Organisationen mit groß angelegten Betrügereien viel Geld verdienen wollen. Sie scheuen auch nicht davor zurück, Druck auf Spieler oder Schiedsrichter auszuüben und gar deren Familien zu bedrohen.
    Für die Betroffenen ist es schwer, sich dem zu entziehen. Aber wenn die körperliche Unversehrtheit bedroht wird, ist es Sache des Staates, einzugreifen und die Hintermänner dingfest zu machen. Manchmal verpufft die kriminelle Energie auch einfach so, wie in dem Fall des Drittliga-Torwarts, den die Mafia für Manipulationen angeworben hatte. Es nützte ihnen nichts, denn der Mann kam nie zum Einsatz.
    Nicht auszuschließen also, dass die Idee von der DFB -eigenen Sportwette eines Tages wieder auf den Tisch kommt. Denn Sportwetten sind ein Produkt des Sports, deshalb muss der Sport an ihnen teilhaben.

14.
    »So stellt sich der liebe Gott die Welt vor«:
    Die WM 2006 ↵
    Die WM -Vorbereitung war eine spannende, aber auch schwierige Zeit. Morgens wussten wir oft nicht, welche Überraschungen uns der Tag bringen würde. Daneben forderten mich auch meine Aufgaben als geschäftsführender DFB -Präsident. Aber schließlich rückte der Tag X immer näher, die Anspannung nahm zu, und zugleich auch die Vorfreude. Unsere Arbeit war auf den Erfolg ausgerichtet. Vom Volunteer bis zum OK -Präsidenten wurde jeder gebraucht.
    Die Vorfreude wurde überschattet durch den Wettskandal, durch die schlechten sportlichen Ergebnisse und die Diskussionen über Jürgen Klinsmann. Dann traf mich kurz vor der WM der Tod eines sehr engen Freundes. Franz-Josef Clesienne, Amtsrichter in Diez, den ich im Studium kennen- und schätzen gelernt hatte, starb völlig überraschend infolge einer Operation. Ich musste versuchen, mich von meiner Trauer nicht allzu sehr bedrücken zu lassen.
    Der Juni 2006 begann mit Regen. Sollten unsere Bemühungen, eine unvergessliche WM zu veranstalten, letztlich am Wetter scheitern? Doch Franz Beckenbauer, der in den vergangenen sechs Jahren so vieles gemeistert hatte, verfügte offenbar auch über einen guten Draht zu unserem Herrgott. Als wir in München ankamen, war es immer noch regnerisch und kalt – beim Eröffnungskonzert der WM saßen wir in dicke Decken eingehüllt im alten Olympiastadion. Am Tag des Eröffnungsspiels besuchten wir den Ökumenischen Gottesdienst, in dem Bischof Wolfgang Huber, der damalige Ratspräsident der evangelischen Kirche, eine großartige Predigt hielt. Sein Thema war eine Passage aus dem Philipperbrief von Paulus, und das Motto war ein für mich unvergesslicher Satz: »Fußball ist ein starkes Stück Leben.«
    Die Predigt war eine Liebeserklärung an den Fußball, dessen Wert nicht nur am Ergebnis zu messen ist. Der Fußball ist ein wichtiger Bestandteil unseres Lebens, er zeigt uns Höhen und Tiefen, und er gibt uns Mut, nicht zu verzagen, auch wenn der Erfolg ausbleibt. »Man kann den Sieg nicht herbeizwingen; aber es geht darum, sich des Preises als würdig zu erweisen«, sagte Bischof Huber. Diese Worte haben mir und vielen anderen Mut gemacht, und als wir aus der Marienkirche traten, schien die Sonne.
    »So stellt sich der liebe Gott die Welt vor«, das waren Beckenbauers Worte am Ende des Turniers. Fans aus dem In- und Ausland haben diese Weltmeisterschaft zu einem Ereignis gemacht, das niemand für möglich gehalten hätte. Die WM 2006 hat unsere Gesellschaft weitergebracht – auf ähnliche Weise wie die WM 1954. Damals hatte der Glaube an die eigene Leistung triumphiert, unser Land ließ die schrecklichen Geschehnisse der Kriegszeit hinter sich und brach auf in eine demokratische Zukunft.
    Fünf

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