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Die Zwanziger Jahre (German Edition)

Die Zwanziger Jahre (German Edition)

Titel: Die Zwanziger Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theo Zwanziger
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Draxler anschließend als fairer Journalist und bot mir an, die Sache in einem Interview richtigzustellen.
    In jenen Tagen dachte ich zum ersten Mal ernsthaft darüber nach, die Doppelspitze aufzulösen. MV s Alleingänge ärgerten mich maßlos, und ich bestand darauf, dass wir zeitnah die Zuständigkeiten regelten. Wir schufen eine Geschäftsordnung, in der klar geregelt war, dass in unserer Doppelspitze derjenige, der für die Inhalte verantwortlich war, auch die Kommunikation zu führen hatte. Das fiel MV nicht leicht. Aber damit war diese Schwachstelle ausgemerzt und sollte bis zum Ende der Doppelspitze im September 2006 auch keine große Rolle mehr spielen.
    Nun mussten wir die Frage klären: War Robert Hoyzer ein Einzelfall oder gab es weitere Täter? Hoyzer selbst beschuldigte einige Kollegen, doch letztlich erhärtete sich der Tatverdacht nur in einem Fall, bei Dominik Marks, der das Regionalligaspiel der Hertha-Amateure gegen Bielefeld verschoben hatte. Torsten Koop wurde vorübergehend suspendiert, weil er einen Anwerbeversuch Hoyzers, dem er zwar widerstand, nicht gemeldet hatte.
    Schwierig war der Fall von Günther Jansen, dem vorgeworfen wurde, er habe das Bundesligaspiel des 1. FC Kaiserslautern gegen den SC Freiburg manipuliert. Da die Sache so schnell nicht zu klären war, blieb uns nichts anderes übrig, als ihn wenige Stunden vor dem Spiel Bremen gegen Rostock, für das er angesetzt war, nach Absprache mit den beteiligten Vereinen zurückzuziehen und durch einen anderen Unparteiischen zu ersetzen. Ich war mir mit Volker Roth einig, dass wir in diesem Fall eine Art Schutzsperre verhängen mussten.
    Pressekonferenz zum Schiedsrichterskandal am 27. Januar 2005: DFB-Chefjustiziar Goetz Eilers, Harald Stenger, Theo Zwanziger, Horst Hilpert und Gerhard Mayer-Vorfelder (von links) (©IMAGO).
    Geärgert hat mich, dass an diesem Abend Reinhold Beckmann in der ARD -Sportschau vom Leder zog und behauptete, der DFB habe mit der Sperre für Jansen überreagiert. Was wäre passiert, wenn Jansen in diesem Spiel ein grober Fehler unterlaufen wäre? Oder wenn er gar tatsächlich ein Täter gewesen wäre? Dann wäre die gesamte Medienwelt – inklusive des schlauen Herrn Beckmann – über den DFB hergefallen und hätte uns vorgehalten, dass wir das doch hätten wissen müssen.
    Es hat sich schnell herausgestellt, dass Jansen unschuldig war. Er wusste nicht einmal, dass ein Schiedsrichterbetreuer die 25 000 Euro in Empfang genommen hatte, mit denen Jansen hätte bestochen werden sollen. Nur hat der Mann das Geld einfach für sich behalten. Jansen wurde vom DFB in vollem Umfang rehabilitiert und erhielt eine Entschädigung. Dennoch ging seine Schiedsrichterkarriere zu Ende, weil er bei den Leistungsprüfungen nicht mehr mithalten konnte. Mit dem ungerechtfertigten Verdacht gegen ihn hatte das nichts zu tun.
    Die nächste Frage nach dem Hoyzer-Skandal war: Wie geht es mit dem Pokal weiter? Die nächste Runde war bereits gespielt, HSV -Bezwinger Paderborn ebenfalls ausgeschieden, aber die Hamburger fühlten sich zu Recht benachteiligt. Wir konnten ja schlecht zwei komplette Pokalrunden wiederholen, so blieb nur der Ausweg eines Vergleichs, in dem wir dem HSV eine großzügige finanzielle Entschädigung zusprachen: 500 000 Euro plus ein Länderspiel im Oktober gegen China in Hamburg, dessen Einnahmen in Höhe von 1,5 Millionen Euro ebenfalls an den Verein gingen. Die Hamburger hätten durch den Gang vor ein ordentliches Gericht den gesamten DFB -Pokalwettbewerb durcheinanderbringen können, doch die Vereinschefs zeigten sich erfreulich verantwortungsbewusst. Dass wir uns den Vergleich einen Batzen Geld kosten ließen, war das kleinere Übel. Zwei Drittligaspiele, Aalen gegen Burghausen und Hertha BSC Amateure gegen Bielefeld, wurden wegen erwiesener Manipulationen neu angesetzt und wiederholt.
    Damit war der Skandal im Kern abgeschlossen. Sportminister Otto Schily als Vorsitzender des WM -Aufsichtsrats hatte stets gefordert, die Angelegenheit müsse bis zum Confederations Cup, der WM -Generalprobe im Juni2005 , vom Tisch sein. Das ist uns auch gelungen. Unsere Sportgerichte haben die Verfahren schnell abgewickelt, und wir konnten nach bestem Wissen und Gewissen davon ausgehen, dass keine weiteren Schiedsrichter schuldig geworden waren.
    Doch dieser ungeheuerliche Vorgang schrie nach Konsequenzen. Die systematische Manipulation des Spielbetriebs lag bis dahin gänzlich außerhalb unserer Vorstellungswelt, sodass wir mehr

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