Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Zwanziger Jahre (German Edition)

Die Zwanziger Jahre (German Edition)

Titel: Die Zwanziger Jahre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theo Zwanziger
Vom Netzwerk:
beieinander, um zum Beispiel die zunehmenden Irritationen, die um die Rolle von Michael Ballack im Nationalteam entstanden, behutsam zu lösen. Der DFB hatte großes Interesse daran, Löws Vertrag über die WM 2010 hinaus zu verlängern.
    Wolfgang Niersbach leistete die Vorarbeit auf administrativer Ebene, und Joachim Löw und ich wurden uns bei einem Vieraugengespräch Ende 2009 schnell einig: Auch er wollte weitermachen, diese junge Mannschaft entwickeln und das Optimum aus ihr herausholen. Wir haben damals nicht detailliert über Geld gesprochen, aber wir waren uns einig, dass es keine neuen Quantensprünge geben würde, was das Bundestrainergehalt anging. Die sportliche Leitung der Nationalmannschaft wurde und wird sehr anständig bezahlt. Natürlich kann ein Trainer in einem Spitzenklub der Bundesliga noch deutlich mehr verdienen. Aber auch wenn es hier um Profis geht – es ist Profifußball im Verband. Neben dem Gehalt kann das Trainerteam auch mit beträchtlichen Werbeeinnahmen rechnen, die Popularität der Nationalmannschaft verschafft ihnen die entsprechende Ausstrahlung.
    Joachim Löw und ich vereinbarten, dass der neue Vertrag ausgearbeitet und dann die Einigung verkündet werden sollte – und wir verabschiedeten uns, wie unter Männern üblich, per Handschlag.
    Wenige Tage nach diesem Gespräch kurz vor Weihnachten 2009 reiste ich mit unserer U18-Junioren-Nationalmannschaft zu einem Vierländerturnier nach Israel. Dort rief mich Walter Straten von der »Bild«-Zeitung an und informierte mich, dass erneut ein Schiedsrichter ein Spiel manipuliert habe. Ich bat ihn, die Veröffentlichung um einen Tag zu verschieben. So konnte ich zunächst nach meiner Rückkehr die Dinge abklären und dann eine qualifizierte Stellungnahme abgeben. Straten ließ sich darauf ein. Aber Pressearbeit ist immer ein Geben und Nehmen. Um dem Journalisten für seine Kooperation auch etwas anzubieten, habe ich mich zu einer Andeutung verleiten lassen, wir seien uns mit Joachim Löw einig, seinen Vertrag zu verlängern.
    Eine Indiskretion zum falschen Zeitpunkt, die ich mir nicht hätte leisten dürfen. Ich habe Joachim Löw sofort über meinen Fauxpas und die bevorstehende Veröffentlichung informieren lassen, und er sagte am 21. Dezember im »Kicker«: »Es gibt keine Zweifel, sondern von beiden Seiten die ganz klare Bereitschaft, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen.« Ob Joachim Löw und ich uns wirklich per Handschlag über die Fortsetzung der Zusammenarbeit geeinigt hatten oder nicht, diese Frage beschäftigte die Öffentlichkeit monatelang im Vorfeld der Weltmeisterschaft.
    Die eigentlichen Missverständnisse begannen allerdings erst danach, als es darum ging, einen neuen Vertrag vorzubereiten. Oliver Bierhoff hatte den Auftrag übernommen, seine strukturellen Vorstellungen zu formulieren, und er legte mir Mitte Januar 2010 gleich einen ausformulierten Vertragsentwurf auf den Tisch. Die Papiere habe ich sofort an unsere Rechtsabteilung weitergeleitet, ohne sie mir selbst durchzulesen. Erst wenige Tage vor der Präsidiumssitzung am 3. Februar, in der wir über die Vertragsverlängerung mit Joachim Löw und seinem Team entscheiden wollten, bekam ich den Vermerk unserer Rechtsabteilung auf den Tisch, und ich stellte mit Schrecken fest: Da läuft einiges aus dem Ruder.
    Der Vertrag sah Gehaltssteigerungen vor, die für den gemeinnützigen DFB nicht vertretbar waren, dazu einen sogenannten »Signing Fee«, einen zusätzlichen Bonus für die Unterschrift. Außerdem schrieb sich Teammanager Oliver Bierhoff Kompetenzen zu, die zum Teil gar nicht mit unserer Satzung zu vereinbaren waren. Unter anderem wollte er ein Vetorecht, wenn ein Nachfolger für Joachim Löw berufen werden müsse. Im Klartext: Ohne die Zustimmung des Teammanagers hätte der DFB keinen Bundestrainer verpflichten können. Was Bierhoff sich vorstellte, war quasi eine Nationalmannschafts-GmbH mit dem DFB als Aufsichtsrat.
    Aber ein gemeinnütziger Verband kann seine Nationalmannschaft nun mal nicht so organisieren wie ein Bundesligaklub. Wir räumten unserem Bundestrainer und seinem Stab schon in den bestehenden Verträgen viele Freiräume ein. Die Vertreter der Liga waren bei solchen Tendenzen, die in Richtung Verselbstständigung der Nationalmannschaft zielten, meist noch kritischer als ich, aber mit diesem Entwurf waren auch die Grenzen meiner Großzügigkeit überschritten.
    Ich bat darum, dass wir uns noch vor der Präsidiumssitzung im kleinen Kreis

Weitere Kostenlose Bücher