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Die zwei Monde: Roman (German Edition)

Die zwei Monde: Roman (German Edition)

Titel: Die zwei Monde: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Tarenzi
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unerträglich, und er mischte sich mit hundert anderen Gerüchen, die die menschlichen Sinne niemals erreicht hätten. Auf einen Schlag wurde mein Körper schwerelos, lodernd, reine Energie.
    An das, was danach geschah, kann ich mich nur noch unscharf erinnern. Ich wurde mir erst bewusst, dass ich Elena überholt hatte, als ich den Rand berührte, wieder umkehrte und sie auf mich zu schwimmen sah, in einen orangefarbenen Lichtschein gehüllt, eine Momentaufnahme aus gestreckten Armen und vor Überraschung geweiteten Augen.
    Einige Sekunden später kam mir vage zu Bewusstsein, dass ich besser verlangsamen sollte, dass meine Bewegungen vielleicht nicht mehr wie die eines normalen menschlichen Wesens erschienen. Also zwang ich mich mit aller Kraft, meine Energie zu drosseln und meine Armstöße zu verlangsamen, jedenfalls so lange, bis meine Rivalin wieder in Sichtweite war und mich fast eingeholt hatte. Aber das würde ich ihr nicht erlauben.
    Nachdem ich wieder vorn lag, ließ ich sie von Neuem aufholen, einen Meter um den anderen, bis sie fast bei mir war, um dann noch einmal nach davonzuschießen. Jetzt war ich die Spielführerin.
    Ich berührte den Beckenrand nach der letzten Bahn fast drei Sekunden vor ihr, klammerte mich fest und zog mich in ein und derselben Bewegung hinaus. Auch Elena war inzwischen angekommen und kletterte mit wesentlich weniger Schwung aus dem Wasser. Sie ließ sich auf dem Beckenrand nieder und keuchte schwer.
    Während ich Elena musterte, überrollte mich eine Woge von Eindrücken: heiße Haut, die vom Wasser glitzerte; Atem, der nach Adrenalin schmeckte; Schultern, die unter der Anspannung der Muskeln bebten; und der wilde Schlag ihres Herzen, der an den Halsvenen sichtbar wurde. Ich sah diese Adern pulsieren, nahm den Widerhall auf meinen Trommelfellen wahr, ihren Geruch, meine eigene Haut – und alles drängte mich zu einem Satz nach vorn. An ihre Kehle.
    Ich kauerte mich auf den Boden und presste die Fäuste gegen die Schläfen.
    Es reicht jetzt! Basta! Basta! Geh weg! Weg!!
    Ich registrierte eine Hand an meiner Schulter und eine vertraute Stimme, die meinen Namen rief. Als ich die Augen öffnete, stand Ivan vor mir. Er hielt mich an den Armen fest und war besorgter denn je.
    »Was hast du, Veronica? Geht’s dir nicht gut?«
    Ich zitterte.
    »Ja, ja …« Als ich auf die Beine kommen wollte, taumelte ich, sodass er mich stützen musste. »Es ist nur ein Schwindelanfall. Mir geht’s gut. Es ist schon vorbei.«
    Ivan sah mich immer noch besorgt an, aber er nickte und ließ mich los. Ich blickte mich um: Alles war wieder normal, ich war wieder zurück in mir selbst.
    Elena war inzwischen aufgestanden und beobachtete mich mit einem seltsamen Gesichtsausdruck. Ihr Atem ging immer noch ein wenig schwer.
    Ich nickte ihr zu. »Schöner Wettkampf. Danke.«
    Ihr Gesicht erstarrte zu einer Maske. »Ja. Stimmt. Ich muss jetzt gehen, es ist spät.«
    »Ciao.«
    »Ciao.«
    Ivan und ich sahen ihr noch eine Weile nach, bis sie hinter der Tür zu den Umkleiden verschwunden war.
    »Sie ist nicht wirklich eine Freundin von dir, oder?«, fragte er.
    »Nein.«
    »Und ich glaube auch nicht, dass das heute der Beginn einer Freundschaft war.«
    »Ich würde sagen Nein.«
    »Du hast es ihr ganz schön gezeigt, im Wasser.« Ich wandte mich ihm zu und sah, dass er lächelte. »Aber sie hat es auch nicht anders gewollt.«
    Ich entspannte mich und lächelte meinerseits.
    »Komm«, sagte er, »gehen wir uns umziehen und etwas Heißes trinken.«
    Zwanzig Minuten später, als wir in der Bar in der Eingangshalle vor unserem Tee saßen, sah Ivan mir direkt in die Augen und fragte mich unvermittelt: »Was machst du am Samstagabend?«
    Ich fühlte, wie mir eine Hitzewelle ins Gesicht stieg.
    »Wie …?«
    »Ich habe dich gefragt, ob du am Samstagabend schon was vorhast.«
    O Gott, er hatte es wirklich gesagt, ich hatte es mir nicht eingebildet!
    »… nein.«
    »Würdest du mit mir ausgehen?«
    Ich holte tief die Luft, um meine Stimme unter Kontrolle zu bringen, merkte aber, dass meine Antwort zu lange brauchte, und bekam nur ein unverständliches Murmeln heraus.
    »Wie bitte?«
    Ich schluckte. »Ja.«
    »›Ja‹, im Sinne von ›Ja, wir gehen zusammen aus‹?«
    »Ja.«
    Er strahlte übers ganze Gesicht. »Fantastisch!«
    Ich nickte, eine wirklich dämliche Geste in diesem Moment, aber ich wusste wirklich nicht mehr, was ich tat. Ogottogottogott … Ich brauche ein anständiges Sweatshirt und meine eng anliegenden

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