Die Zwei Schwerter, Band 1: Der Ansturm der Orks (German Edition)
wir uns!“, warf der kleinere, stämmige Kerl, der vor Arnhelm saß, ein. „Ich halte das Sitzen auf diesen Langnasen nicht mehr lange aus! Und vergiss nicht anzuhalten und mich runterzulassen, sobald wir in Sichtweite der Torwachen kommen!“
Der Fürstensohn lachte herzlich und hielt sein Pferd dazu an, sich zum letzten Teil des Ritts hin zum größten der menschlichen Reiche aufzumachen. Es dauerte anschließend nur einige Minuten, ehe die acht eine breitschultrige Kuppe überquerten und sich mit einem Male der imposante Anblick der turmhohen Mauern unmittelbar vor ihnen darbot.
Vor ihren Füßen lag nun das größte Bauwerk, das jemals in Arthilien oder Orgard errichtet wurde. Es war ein Wall aus weißem Granitstein, hoch wie die Wipfel stattlicher Bäume und weitaus länger in seiner Ausdehnung als das Augenlicht selbst eines Adlers oder Falken reichte. Die Tôl Womin – so der elbische Name für die Große Mauer – erstreckte sich vom südwestlichsten Punkt Lemurias aus auf ungefähr gerader Linie nach Osten und machte kurz vor Beginn der dort beginnenden Einöde eine Kehre nach Norden. Danach führte sie fast bis auf Höhe der nördlichsten Ausläufer des weiter östlich liegenden Milmondo Mirnors, des riesenhaften, oval geformten Gebirges, welches vom Herzen des Kontinents aus alle umliegenden Lande beherrschte. Schließlich wandte sie sich wieder nach Westen und mündete in das Onda Marën, wo sie viele Meilen weiter südlich zuvor entsprungen war. Auf diese Weise umschloss der gewaltige Bau das ganze Königreich, wie eine Mutter, die ihr Kind mit ihren sorgenden Arme schützend und wärmend umschlingt. Ungeschützt blieb somit allein der Seeweg, doch nahmen die Lemurier dies gerne in Kauf, da sie den sandigen Strand und den Blick nach Westen, wo die Sonne bei ihrem täglichen Niedersinken den mit einem roten Gluthauch übertünchten Ozean sanft zu küssen schien, über alles liebten.
Die Große Mauer hatte zwei Tore. Das kleinere der beiden befand sich im nördlichen Teil der Ostseite und diente insbesondere dem Verkehr mit Engat Lum. In die Südseite war hingegendas gewaltige Haupttor eingelassen, welches für die Besucher aus Rhodrim und die Bewohner der Gehöfte und Siedlungen des unabhängigen Südwestens gut erreichbar war. An der Rückseite des Walls erstreckte sich ein einzelner, durchgängiger Wehrgang dicht unterhalb der Zinnen. Unterbrochen wurde der Laufsteg einzig durch einzelne Türme, die über die gesamte Verlaufsstrecke der Mauer hinweg in regelmäßigen Abständen zu erschauen waren. In ihrem Innern führten enge Wendeltreppen auf von Balustraden geschützte Aussichtsformen, die zugleich ihre Krone bildeten. Dort befand sich in der Regel jeweils eine Ansammlung von Holzscheiten, die bei Gefahr entzündet werden konnten und damit als warnendes Leuchtfeuer dienten.
Das Südtor, vor dem die berittene Schar aus Rhodrim nunmehr angelangt war, bestand aus zwei riesigen Flügeln, die an ihren oberen Enden leicht gewunden waren und kunstvoll anzuschauende Verzierungen in Form von Blattwerk, Krone und Schwertern aufwiesen. Das Konstrukt, welches aus weiß lackiertem Stahl bestand, war auf seiner hinteren Seite mit drei weit überdimensionalen, eisernen Riegeln gesichert und wurde von zwei Türmen, die größer und breiter als alle übrigen waren, bewehrt.
Wahrhaftig war die Tôl Womin ein unvergleichliches Werk, welches auf beeindruckende Weise Wucht und Eleganz zu einer ästhetischen Einheit verband. Vom Standpunkt eines Militärstrategen aus betrachtet, musste man allerdings einräumen, dass sie aufgrund ihrer Länge unmöglich in der Ganzheit ihrer Ausdehnung stetig zu überwachen war. Des Weiteren waren die Mauern zwar stattlich in ihrer Höhe und fraglos schön in ihrer Gestaltung, doch hatte man sie – abgesehen von den höchst soliden Toren – keineswegs mit äußerster Stabilität und Dicke errichtet.
Hinter der Brüstung der beiden, das südliche Tor der Großen Mauer rahmenden Wachtürme entstand Bewegung. Endlich hatten die dortigen Wachposten die herannahende Gruppe erspäht, woraufhin sie sichtlich in eine nervöse Unruhe verfielen.
Die Männer auf den Pferden, welche das Königreich bei früheren Gelegenheiten bereits besucht hatten, erinnerten sich, dass sich die lemurischen Soldaten beim Anblick von Fremden damals wesentlich besonnener verhalten hatten. Doch angesichts der die gesamte Welt der Menschen erschreckenden Nachrichten aus dem Süden war ein erhöhtes Maß an
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