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Die Zwei Schwerter, Band 2: Die Rückkehr der Elben (German Edition)

Die Zwei Schwerter, Band 2: Die Rückkehr der Elben (German Edition)

Titel: Die Zwei Schwerter, Band 2: Die Rückkehr der Elben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger de Grandpair
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war, sah er schon von weitem, dass die Elben keineswegs schliefen, sondern aufrecht saßen und sich leise unterhielten und dabei offenkundig ihre schöne Sprache gebrauchten. Obwohl die spaltförmige Mulde, von oben betrachtet, beinahe vollständig von tiefer Dunkelheit erfüllt war, waren die Gestalten der Elben dennoch in deutlichen Umrissen zu erkennen. Ihr Haar nämlich schimmerte, als wäre es von Sternenlicht benetzt, und zwischen ihren Füßen glänzte ein zarter Lichtkegel, der an den Schein eines vollen Mondes erinnerte, wenn er sich gerade über den Kamm eines ihn zuvor verhüllenden Berges erhebt. Ulvens Freude darüber, dass er jenen sagenhaften Geschöpfen nunmehr tatsächlich begegnen durfte, war nach wie vor enorm, und seit ihrem gemeinsamen Aufbruch in Luth Golein hatte er manchmal lange Zeit damit verbracht, ihr Gebaren und ihre Eigenarten zu studieren.
    Im Verlauf seiner Beobachtungen hatte er sich zunächst über den Gleichmut gewundert, mit dem die Elben dem schweren Geschick, das ihr Volk bedrohte, begegneten. Mit der Zeit aber war er zu der Ansicht gekommen, dass jene eigentümliche Mischung aus schwermütiger Nachdenklichkeit einerseits und fröhlicher Unbekümmertheit anderseits tief in ihrem Wesen verankert war. Während andere Völker, wie Menschen, Orks oder Zwerge, ihr Augenmerk allzu oft auf die Zukunft richteten, verhielt es sich bei ihnen offensichtlich dergestalt, dass sie sich mit ganzem Herzen auf das Hier und Jetzt konzentrierten, jedoch auch häufig Gedanken an ihre Vergangenheit nachhingen. Manchmal schien es sogar so zu sein, dass ihre Körper zwar noch anwesend waren, ihr Geist sich hingegen irgendwo weit entfernt befand, in einem Land vielleicht, welches längst nicht mehr bestand oder in welches es keine Rückkehr mehr für sie gab. Mehr als alle anderen Bewohner Arthiliens und Orgards schien bei den Lindar und Nolori die Empfindsamkeit ausgeprägt zu sein, sodass sie unter misslichen Umständen sehr zu leiden wussten. Umso größer waren ihr Mut und ihre Selbstbeherrschung einzuschätzen, denn sie trugen alldies, was Aldu ihnen zumutete, mit großer Würde und widmeten sich mit Hingabe und Selbstaufopferung jedwedem Werk, das sie für gerecht und notwendig hielten.
    Einige Zeit später erhob sich der Saum der Sonne als Feuerbogen über den östlichen Rändern des Kontinents. Uchnoth, der so laut geschnarcht hatte, dass sein kleinerer Stammesbruder mehrfach darüber fluchend wach geworden war, war offensichtlich prächtig ausgeschlafen und bestand darauf, nach einigen hastigen Bissen baldmöglichst aufzubrechen.
    „Es ist nicht gut, wenn man sich in der Einöde, fernab von allen befreundeten Dörfern, zu lange an einem Platz aufhält“, sagte er. „Man weiß nie, wer einen beobachtet, erst recht nicht so kurz vor dem Winter, wenn die Warge und Bären sich gerne noch einmal zünftig vollfressen oder Futtervorräte anlegen.“
    „Ausgerechnet du hast Angst vor ein paar Wölfen und anderen Tierchen?“, spottete Ugluk, der immer noch erbost darüber war, dass er die Nacht so unruhig verbracht hatte, wofür er dem massigen Befehlsgeber fraglos die Schuld gab. „Ich hoffe, du hast noch eine zweite Hose mit!“, fuhr er fort und stapfte davon, um sein Pferd zu satteln.
    „Was ist denn mit dem los?“, fragte Uchnoth verblüfft.
    „Ich glaube, er hat sich die ganze Nacht über gefragt, woher diese merkwürdigen Sägegeräusche kommen, wo doch hier kein einziger Baum wächst“, erklärte Marcius und grinste genüsslich.
    Ulven und die Elben begannen zu lachen, während ihr Führer erst nach einer Weile, als er die Andeutung endlich verstanden hatte, brummend den Kopf schüttelte. Dennoch schien sich seine Laune seit dem letzten Abend gebessert zu haben.
    Am zweiten Tag der Reise wandelte sich das Gelände allmählich, ganz wie Ulven es von seinem nächtlichen Aussichtspunkt aus erkannt hatte. Es wurde nun zusehends zerklüftet und fiel jenseits der Straße hin und wieder zu tiefen Schluchten ab. Gegen Mittag wurden sie hinabgeführt in eine breite, flache Senke, in welcher der erdige Boden verhältnismäßig weich und aufgewühlt wie von einer Herde umherstreifender Tiere war. Über die Hänge, die sich ein gutes Stück rechts von ihnen auftürmten, hatte sich ein winziger Bach einen steinigen Pfad hinunter in das Tal gebahnt und sickerte träge vor sich hin. An den Rändern der Wasserrinne wuchsen ein paar karge Büsche und stellenweise Gras. Auch wenn dies nicht viel war,

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