Die Zwei Schwerter, Band 2: Die Rückkehr der Elben (German Edition)

vorübergehend wieder zum Liegen kam, so wie Brecher auf einem wildbewegten Ozean, die schließlich gegen eine Felsenküste branden und sich als weitgestreute Gischt irgendwann in den Klippen verlieren.
    Ulven hatte nur noch undeutlich gesehen, dass sich seine Begleiter auf den Boden warfen, dabei ihre Pferde mit sich zogen und gleichzeitig versuchten, sich unter ihren Decken zu verbergen. Er hatte noch wahrgenommen, dass Marcius, der dicht an seiner Seite gewesen war, ihm anscheinend etwas hatte zurufen wollen, doch waren dessen Worte vom Tönen des Sandsturmes verschluckt worden.
    Dann hatte er plötzlich gefühlt, wie er von den Beinen gerissen und von den Armen des Windes ergriffen wurde. Der Sog nahm ihn mit sich so leicht, als wäre er eine aus dem Boden entwurzelte Steppenhexe ohne nennenswertes Gewicht. Verzweifelt versuchte er, sich zu drehenund zu winden und sein Gesicht vor den Sandkörnern, die ihn zu ersticken drohten, zu schützen. Doch längst spürte er, dass seine Füße den Kontakt zum Boden verloren hatten und er nicht mehr Herr darüber war, auf welche Art er sich bewegte und wohin ihn sein Schicksal befördern würde.
    Der Aufprall war hart und trieb ihm die staubversuchte Luft aus den Lungen. Zu seinem Glück war der Sturz allerdings nicht aus großer Höhe erfolgt, denn bis auf einige stechende Schmerzen in seiner Brust und viele kleinere Schürfwunden und Quetschungen fühlte er sich weitgehend unverletzt.
    Er rappelte sich auf, kämpfte gegen den Wind an, der ihm nach wie vor die Sicht nahm, und kam neuerlich in einer Kaskade aus Sand zum Liegen, als dieser ihn mit unbarmherziger Kraft nach hinten riss und er den Halt verlor. Sein Gesichtstuch hatte er längst eingebüßt, sodass er sich nun den dickeren Stoff seiner Weste vor Mund und Nase hielt und durch jenen behelfsmäßigen Filter in seltenen, flachen Stößen Luft zu erlangen versuchte. Erst als er den Eindruck hatte, dass der Sturm über ihm schwächer geworden war und allmählich weiterzog, wagte er einen weiteren Versuch, auf die Beine zu kommen. Zwar hatte er Recht damit, dass das schlimmste Wüten des Föhnes sich an andere Stellen verlagert hatte, doch musste er immer noch mit Seiten- und Gegenströmen kämpfen, während er sich in diejenige Richtung voranarbeitete, in welcher es vor Sonnenlicht hell schimmerte.
    Schließlich lichtete sich der sandige Dunst, der ihn die ganze Zeit eingehüllt hatte, und gewährte ihm wieder eine freie Sicht. Ulven konnte es selbst kaum glauben, dass er jenes schreckliche Naturereignis überlebt hatte.
    So groß seine innere Freude darüber war, seine Haut gerettet zu haben, so schnell wich jene Empfindung der Besorgnis über das Verbleiben seiner Freunde. Hatten sie es ihm Gegensatz zu ihm geschafft, an dem Ort, an welchem sie zuletzt beisammen gewesen waren, zu verharren und den Sturm schadlos zu überstehen, oder aber hatte es sie ebenfalls in alle Winde verstreut?
    Nachdem es ihm gelang, jene trübseligen Gedanken für eine Weile abzuschütteln, versuchte er, mehr über seinen Standpunkt in Erfahrung zu bringen. Das schwärzliche Antlitz des Andoluín war jetzt viel näher gekommen und zeigte ihm, wo sich der Süden befand. Das Felsengebilde erinnerte an ein Schlachtschiff, das im Sternenlicht auf Grund gelaufen war, denn orangenes Sonnenlicht brach sich auf seinen Kämmen und wurde zu purpurnem Feuer. Darüber hinaus vermochte er auch den niedrigeren welligen Gebirgskamm, der die Wüste im Westen begrenzte, zu erkennen. Wenn man jene Angaben miteinander in Einklang brachte, konnte man ahnen, dass es ihn deutlich nach Südwesten verschlagen hatte.
    Der junge Rhodrim war noch nicht weit in südliche Richtung gegangen, als sich ihm etwas Neues offenbarte. Vor ihm lag nun ein Gefälle, von dessen Fuß aus sich ein weites Becken ausbreitete. Der Sand darin glänzte im Schein der späten Sonne wie gemahlenes Gold. Weitaus auffälliger war jedoch das, was sich über der dortigen Erdoberfläche erhob.
    Zum einen waren mehrere Felsen zu erschauen, deren Seiten glatt waren und die zerbrochen wirkten, sodass ihre ursprüngliche Gestalt und Funktion nicht mehr zu erkennen waren. Dazwischen erstreckte sich eine quadratische Lichtung, deren Durchmesser eine Strecke von wenigstens einhundertzwanzig Schritten maß, wie Ulven schätzte. Exakt in der Mitte des freien Platzes befand sich ein umfangreicher Felsdorn, hoch aufragend wie ein gen Himmel zeigender Finger. Das Objekt schien aus hartem, dunkelgrauem