Die Zwei Schwerter, Band 2: Die Rückkehr der Elben (German Edition)
ein Feigling die Flucht zu ergreifen. Immerhin war er, auch wenn er sich weitaus mehr zu den musischen Künsten als politischen Pflichten hingezogen fühlte, neben seinem Bruder und seiner Schwester einer der höchsten Repräsentanten der Lindar und stellte entsprechend mit allen seinen Taten ein Zeugnis für seinen Stamm aus. Zudem war seine Wut über das ungebührliche Erscheinen des einstigen Stammesbruders, der sich selbst zum schlimmsten Feind seines Volkes gemacht hatte, gewaltig und lag geradezu greifbar über ihm in der Luft. „Es wundert mich indes nicht, dass du nach der langen Zeit, die nach dem Unglück, das du verschuldet hast, vergangen ist, noch unter den Leben weilst! Und ich wundere mich nicht über deine Unverfrorenheit und Feigheit, statt dein Volk offen um ein gerechtes Urteil über dich zu ersuchen, auf leisen Sohlen wie ein Dieb in der Nacht zu erscheinen! Wären mein Bruder und andere hier, gäbe es kein Entkommen für dich, und eine Strafe, die deinen ruchlosen Taten in ihrer Strenge niemals angemessen sein kann, wäre dir immerhin gewiss! So aber gebe ich dir die Gelegenheit, dich zu entfernen unddavonzulaufen so schnell dich deine Füße oder die Hufe deines dienstbaren Tieres tragen und niemals wieder die Grenzen Aím Tinnods zu überschreiten!“
„Zu zwei Jahrtausenden Gefangenschaft in der Dunkelheit eines feurigen Berges habt Ihr meinen Bruder verurteilt, wie sähe wohl erst das Urteil aus, das Ihr über mich in Eurem Großmut fälltet?“, erwiderte Furior höhnisch. „Deine Mutter und ihresgleichen haben mich einst geknechtet mit Euren gestrengen Regeln und Gesetzen, die mir, der ich der weitaus größte und gerühmteste unter allen Elben war, nach und nach Freude und Lebenssinn raubten! Ihr seid es, die sich schuldig gemacht haben, schuldig der Intoleranz und der Ignoranz, schuldig daran, dass Ihr Aldu allzu blind gehorchtet und Euch auf diese Weise an den lebenden Wesen versündigt habt! Und ganz besonders du, Turgin, der du nicht mehr als ein nutzloser Träumer und Barde, ein Hohn für deine Mutter und deinen Bruder bist, hast gegen die Gebote von Anstand und Respekt verstoßen, als du mit deiner verhexten Musik meine geliebte Partnerin gegen mich aufbrachtest! Dafür sollst du bezahlen, es sei denn du bittest mich zu meinen Füßen um Verzeihung und versprichst, Nuwena zu entsagen für alle Zeit!“
„Wahnsinniger! Der Verrat hat dir den Verstand geraubt!“, sagte Turgin. Anstelle seiner Flöte, die er längst in eine Tasche gesteckt hatte, zog er nun aus einer Scheide, die an seine linke Körperseite gegürtet war, ein schlankes Elbenschwert hervor. Die Klinge glänzte in der Sonne wie ein grelles, weißliches Licht und war nach alter Weise mit vielen elbischen Runen verziert.
Nuwena, deren zitternden, eiskalt gewordenen Hände sich gegenseitig umklammerten, wich vor Schreck in Richtung des Sees zurück. Die Eichhörnchen und die anderen Tiere, welche die ganze Zeit ihre Nähe gesucht hatten, flohen ebenfalls in alle Richtungen davon. Furior hingegen quittierte die Erkenntnis, dass seine Provokation gefruchtet hatte, mit einem verächtlichen Lächeln und einem Griff hinter seinen Rücken. Die gemächliche Bewegung, mit welcher er seine Waffe hervornahm, erweckte den Eindruck überheblicher Arroganz. Das graue Heft, das auf diese Weise zum Vorschein kam, ging in eine silberne Parierstange über, aus der ein pechschwarzes, Kälte verströmendes Blatt ragte. Am unteren Ende des Knaufs saß eine Perle, die ein mattes, rötliches Licht verströmte und wirkte, als beheimate sie eine fremde, bösartige Intelligenz.
Turgin zuckte kurz zusammen beim Anblick des Schwertes, dessen Geschichte er sehr wohl kannte. Die Gerüchte, die von außerhalb des Ered Fuíls zu den Lindar und Nolori gedrungen waren, hatten davon gesprochen, dass ein Mensch Hologar, den Träger des Schwarzen Schwertes, erschlagen hatte und mit Hilfe jener Waffe anschließend auch den Drachen Moron, dessen Feuer vielen Elben den Tod gebracht hatte, überwandt. Anschließend sei Furiors verheerendes Werk auf dem Tôl Danur verschollen und wahrscheinlich für immer unschädlich gemacht worden. Doch allzu selten entsprachen Berichte, die von weither kamen und über mehrere Ohren und Münder gingen, der Wahrheit, wie Turgin nun erkannte.
Trotzig kam der Sohn Ganúviels mit einigen raschen Schritten nach vorne und hielt dabei die Spitze seines Schwertes zum Gesicht seines Gegners hin gerichtet. Kaum drei Schritt vor
Weitere Kostenlose Bücher