Die Zwei Schwerter, Band 2: Die Rückkehr der Elben (German Edition)
ebensowenig Mitleid oder Bedauern.
Plötzlich war ein Laut zu vernehmen, welcher gedämpft wirkte und sich anhörte, als fiele nicht mehr als eine kleine Baumfrucht in ein stilles Gewässer. Irgendetwas ließ dennoch eine beunruhigende Warnglocke im Kopf des Elben erschallen und ihn hastig herumfahren.
Nuwena war verschwunden. Dort, wo sie zuvor gestanden hatte, bestand einzig noch ein freier Blick auf den See hinaus. Auf der klaren Oberfläche des Gewässers hingegen hatten sich einige Schritt vom Ufer entfernt mehrere gleichmäßige Ringe gebildet, zwischen denen kleine Luftbläschen auftauchten und hin und her schwammen. Ansonsten war nichts inmitten des Tales, weder Geräusch noch Erscheinung, was den Frieden störte.
Furior ließ das Schwarze Schwert achtlos zu Boden sinken und sprang plötzlich wie ein Besessener zum Rand des Tanim Anglóras hin. Sein Herzschlag pochte so rasend und laut, dass er das Gefühl hatte, man könne diesen über die ganze Lichtung und noch darüber hinaus vernehmen. Als er endlich das Stück Land erreichte, von welchem die wasserumspülte, sanfte Böschung in den See hinabstieg, stieß er sich ohne zu zögern zu einem beherzten Sprung ab, der ihn weit vom Ufer hinweg trug. Elben waren dank ihrer Geschicklichkeit und ihres leichten, geschmeidigen Körperbaus ausgezeichnete Schwimmer, sodass drei kräftige Züge genügten, um Furior zu der Stelle zu verbringen, an welcher er die auffälligen Merkmale gesichtet hatte.
Das Spiegelbild, welches die kristallene Wasserfläche dank des hellen Lichtes der Sonne von ihrer Umgebung zeichnete und vor allem ein Stück des Himmels widergab, trübte ein wenig die Wahrnehmung, doch war das stille Nass durchsichtig genug, um dennoch einen Blick in Richtung des nicht sehr tiefen Bodens werfen zu können. Der Elb, dessen blaues Gewand sich mit der Flüssigkeit vollgesogen hatte und ihn nach unten zog, erblickte mit seinen scharfen Sinnen deshalb sofortig das Objekt, welches unter ihm dahintrieb und das zu finden er befürchtet hatte.
Furior nahm Luft und tauchte unter. Es dauerte einige Sekunden, bis er an das Tageslicht zurückkehrte. Mit seinen Händen umklammerte er nunmehr einen Körper, an dem ein weißes Kleid haftete. Sein von Entsetzen gezeichnetes Gesicht zeigte die Anstrengung, mit welcher er sich und seine Last auf das grasbestandene Ufer zubewegte. Seine langen, braunen Haare wallten wie eine dunkle Wolke, die in seinem Kielwasser trieb, hinter ihm her. Schließlich strandete er an der vom Wasser glattgeschliffenen sandigen Schräge, die an dieser Stelle nach etwas mehr nur als zwei Fuß in die ebene Rasenfläche mündete. Mit einem Ruck zog er den zierlichen Leib, den er vom Grund des Sees gehoben und die ganze Zeit über mit sich geschleppt hatte, an den Uferhang.
Nuwenas ebenmäßig geformter Kopf, aus dessen schwarzem Haar viele Wassertropfen hinab regneten, lag auf das weiche Gras gebettet, während der untere Teil ihres Körpers im Wasser verblieb. Der Elb beugte sich über sie und sah sie mit seinen angstvoll geweiteten Augen für einen Moment atemlos an. Dann begann er wimmernd zu ihr zu sprechen und sie sanft im Gesicht zu berühren. Ihre Augen blieben jedoch verschlossen, und kein Atemzug entfuhr ihr mehr.
Furior Feuerzorn zog seine zitternden Hände zurück und wankte nach hinten. Er konnte seine Augen nicht von dem leblosen Geschöpf, dessen Antlitz selbst im Tod noch unvergleichlich anmutig war, abwenden, doch konnte er gleichermaßen nicht mehr ertragen, der Toten nahe zu sein. Zu groß und erbarmungslos war die Schuld, die wie eine lauthals verkündete Anklage in ihm aufwallte und sich alleinig gegen ihn richtete.
Plötzlich kam Bewegung in die ansonsten so stillen Wasser des Tanim Anglóras. Der See schlug klatschende Wellen, so als ob eine verborgene Kraft unter seiner Oberfläche wühlte. Zielstrebig rollten die Wogen auf die Stelle zu, an welcher der Leichnam der Elbin am Ufer ruhte. Furior, der sich zuvor im seichten Wasser einige Schritt zur Seite hin bewegt hatte, erkannte, wie die wundersam erweckten Fluten an ihm vorüber glitten und fühlte ein kaltes Grauen. Instinktiv versuchte er, wieder nach vorne zu waten und seine Geliebte vor den Wellen zu bewahren, doch in diesem Augenblick erhob sich ein dröhnendes Gemurmel, das ihn zu bedrohen schien und ihn vor Schreck innehalten ließ. Auch spürte er, dass seine Beine aus irgendeinem Grund schwer wie Senkblei wurden und er sie nicht mehr von der Stelle bewegen
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